Kleine Anfrage 17/226

der Abgeordneten Jutta Blatzheim-Roegler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) - Drucksache 17/485 -

Kommunaler Widerstand gegen belgische Atomkraftwerke


Die Kleine Anfrage - Drucksache 17/226 - vom 23. Juni 2016 hat folgenden Wortlaut:
Am 14. Juni 2016 haben mehr als 80 Landräte, Oberbürgermeister und Bürgermeister unter anderem aus Rheinland-Pfalz in Brüssel gegenüber EU-Parlamentspräsident Martin Schulz ihrer Forderung Nachdruck verliehen, das belgische Kernkraftwerk Tihange abzuschalten. Auch gegen das AKW Cattenom formiert sich weiter starker Widerstand, vor allem aus Rheinland-Pfalz.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Wie bewertet die Landesregierung die gemeinsame Aktion von über 80 kommunalen Spitzenvertreterinnen und -vertretern, um in Brüssel gegen das AKW Tihange zu protestieren im Hinblick auf die Sicherheit des Landes?
  2. Welche Erkenntnisse gibt es über aktuelle Störfälle an grenznahen belgischen Kraftwerken?
  3. Welche Notfallpläne bestehen für die betroffenen Kommunen in Rheinland-Pfalz für den Fall von Störungen in den grenznahen AKWs?
  4. Unterstützt die Landesregierung Rheinland-Pfalz eine Bundesratsinitiative für die Umsetzung einer europaweit verbindlichen Laufzeitenbegrenzung für AKWs?

Das Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 14. Juli 2016 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1:
Die rheinland-pfälzische Landesregierung begrüßt die Aktion der kommunalen Aktionsgemeinschaft „DreiländerRegion gegen Tihange“ ausdrücklich und sieht sich durch diese Aktion in ihren bisherigen Aktivitäten zur Abschaltung des AKW Tihange bestätigt. So hatte die damalige Wirtschaftsministerin Lemke in der gleichen Angelegenheit wiederholt die belgische Innenministerin Joel Milquet sowie die deutsche Bundesumweltministerin Barbara Hendricks angeschrieben und die dauerhafte Abschaltung von Tihange gefordert.

Zudem hatte die Landesregierung am 9. März 2016 gemeinsam mit Nordrhein-Westfalen Beschwerde wegen der Unterlassung der Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Laufzeitverlängerung für die AKWs Thiange 1 sowie Doel 1 und Doel 2 bei der Europäischen Kommission in Brüssel und bei dem ESPOO-Implementation-Committee in Genf eingelegt Die Risiken der Atomenergie machen vor Landesgrenzen keinen Halt. Die kommunale Aktionsgemeinschaft mit Mitgliedern aus Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz sowie den Niederlanden und Luxemburg zeigt eindrucksvoll, wie sehr die ganze Region betroffen ist.

Umso bedauerlicher ist es, dass aus Belgien offensichtlich keine Kommune daran beteiligt war. Die Landesregierung hat in ihrer Sitzung vom 12. Juli 2016 den Beitritt zur Klage der StädteRegion Aachen gegen das AKW Tihange 2 beschlossen.

Zu Frage 2:
Alleine für das AKW Tihange wurden von der belgischen Atomaufsichtsbehörde für dieses Jahr schon drei Störungen der INES-Stufe 1 gemeldet:

  • Am 15. März wurden durch eine Verwechslung bei Wartungsarbeiten beide Notstromaggregate des Blocks Nr. 1 gleichzeitig außer Betrieb gesetzt. Dabei hätte stets eine der beiden Redundanzen einsatzbereit bleiben müssen.
  • Am 26. Mai wurde bei einer Prüfung im Block Nr. 3 festgestellt, dass eine der Druckmesseinrichtungen des Primärkühlkreislaufs ausgefallen war.
  • Am 30. Mai wurde bei einer Prüfung im Block Nr. 3 bei einer Prüfung festgestellt, dass eines der beiden Radioaktivitätsmessgeräte auf der Warte versehentlich ausgeschaltet worden war. Darüber hinaus wurde der Block Nr. 2 am 10. Juni durch das Sicherheitssystem automatisch abgeschaltet. Ursache waren nach Angaben des Betreibers technische Probleme mit einem Elektromotor im nicht-nuklearen Teil des Reaktors.

Zu Frage 3:
Die Katastrophenschutzplanung für die Umgebung kerntechnischer Anlagen der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) bildet die Grundlage für Maßnahmen zum Bevölkerungsschutz in Rheinland-Pfalz. Hierzu gehören auch die verschiedenen Planungszonen um die AKWs Cattenom und Tihange. Dieser Plan der ADD wird ergänzt durch die Katastrophenschutzplanung der Landkreise und kreisfreien Städte. Im Rahmen dieser Katastrophenschutzplanungen wurden in Abhängigkeit von der Entfernung zu den AKWs abgestufte Schutzmaßnahmen wie Evakuierungen, das Verbleiben im Haus oder die Ausgabe von Jodtabletten organisiert. Im Ereignisfall werden die Entscheidungen zu Katastrophenschutzmaßnahmen von der ADD getroffen und von den betroffenen Kreisen und kreisfreien Städten umgesetzt.

Zu Frage 4:
Die rheinland-pfälzische Landesregierung wird auch weiterhin jede Gelegenheit nutzen, um sich für die schnellstmögliche und endgültige Abschaltung des AKW Tihange einzusetzen. Eine europaweit verbindliche Laufzeitbegrenzung für Atomkraftwerke wäre ein wichtiger Schritt für die Verbesserung der Sicherheitslage für das Land. Aus diesem Grund hat die rheinland-pfälzische Landesregierung bei der Umweltministerkonferenz am 17. Juni 2016 einen Antrag mitinitiiert, der die Bundesregierung auffordert, sich dafür einzusetzen, dass andere europäische Staaten die Laufzeit ihrer bestehenden Reaktoren nicht verlängern. Dieser Antrag wurde von den Ländern angenommen.


Ulrike Höfken
Staatsministerin

 

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Jutta unterstützt die Aktion als Patin an der IGS Morbach und am Gymnasium Traben-Trarbach. Infos hier>>

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