Kleine Anfrage 17/1263

der Abgeordneten Jutta Blatzheim-Roegler und Andreas Hartenfels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) - Drucksache 17/1479 -

Tierwohl in der Schweinehaltung in Rheinland-Pfalz, Teil 1


Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/1263 – vom 11. Oktober 2016 hat folgenden Wortlaut:


Verschiedene deutsche Medien berichteten in der vergangenen Woche über Filmaufnahmen in Betrieben deutscher Agrarfunktionäre, in denen augenscheinlich diverse Verstöße gegen das Tierschutzgesetz zu sehen sind. Davon betroffen sind auch Schweinemastbetriebe. Gleichzeitig ist Tierschutz jedoch als Staatsziel fest im Grundgesetz verankert. Auch eine wachsende Zahl an Verbraucherinnen und Verbrauchern fordert mehr artgerechte Tierhaltung.

Umfragen – wie z. B. der Ernährungsreport der Bundesregierung – zeigen, dass mehr als 80 Prozent der Bevölkerung bereit sind, für Fleisch, Wurst und Milch höhere Preise zu zahlen, wenn dem gegenüber bessere Haltungsbedingungen zum Wohl der Tiere stehen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Wie viele Schweine werden in Rheinland-Pfalz heute, vor fünf Jahren, und vor zehn Jahren gehalten und wie stellt sich die Bestandsgröße in den einzelnen Betrieben dar (wir bitten um die Auflistung der Zahl der Betriebe nach Zahl der Schweine in Kate -gorien bis 50, bis 100, bis 400, bis 1 000 und darüber hinaus)?
  2. In welchem Umfang handelt es sich bei den rheinland-pfälzischen Schweine haltenden Betrieben (unter Berücksichtigung der Nutzungsrichtung) um konventionelle und in welchem Umfang um biologische Betriebe?
  3. Wie fördert die Landesregierung Betriebe bei der Umstellung von konventioneller auf biologische Schweinehaltung und welche tierschutzrechtlichen Konsequenzen führt diese Umstellung mit sich?
  4. In welchem Umfang werden die rheinland-pfälzischen Schweine haltenden Betriebe durch das Land gefördert und in welchem Umfang dienten diese Mittel explizit zur Verbesserung der Haltungsbedingungen?
  5. Welche Auflagen (bau-, emissions-, genehmigungsrechtlich etc.) sind mit der Schweinehaltung in Rheinland-Pfalz verbunden und inwiefern variieren diese Auflagen je nach Größe des Betriebes und der Bewirtschaftungsform (konventionell/biologisch)?

 

Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 31. Oktober 2016 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1:
Die in nachfolgender Tabelle aufgeführte Anzahl der Schweine haltenden Betriebe in Rheinland-Pfalz wurde auf Grundlage der Antragsteller der Agrarzahlungen-Verpflichtungsverordnung (Quelle: Statistisches Landesamt) ermittelt.

 

Anzahl der Schweine haltenden Betriebe Datengrundlage sind die Antragstellerdaten der jeweiligen Jahre
200620112016
Schweinehalter gesamt 1 859 1077802
Größenklasse
bis 50 Tiere1 183646530
bis 100 Tiere1427346
bis 400 Tiere27415483
bis 1000 Tiere19313688
1000 Tiere und mehr656653

 

Zu Frage 2:
In Rheinland-Pfalz halten 38 Betriebe (4,7 Prozent der Schweinehalter in Rheinland-Pfalz), die nach Kriterien des ökologischen Landbaus wirtschaften, Schweine. Es werden überwiegend Mastschweine in Kleinstbeständen gehalten. In sechs Betrieben wird die Tierzahl von 50 Tieren (inklusiveFerkel) überschritten. 764 Betriebe mit Schweinen betreiben konventionelle Landwirtschaft. Die Angaben wurden anhand der Daten der Antragsteller der Agrarzahlungen-Verpflichtungsverordnung in 2016 ermittelt (Quelle:Statistisches Landesamt).

Zu den Fragen 3 und 4:
Die Landesregierung fördert die Umstellung von konventionell wirtschaftenden auf ökologisch wirtschaftende Betriebe im Rahmen des rheinland-pfälzischen Entwicklungsprogramms Umweltmaßnahmen, ländliche Entwicklung, Landwirtschaft, Ernährung (EULLE) als gesamtbetriebliche Umstellung. Die Förderung wird flächenbezogen gewährt. Eine spezielle auf Tierarten ausgerichtete Umstellungsförderung gibt es nicht. Konsequenzen für die Art der Tierhaltung ergeben sich aus den Anforderungen der EU-Bio-Verordnung 834/2007 und der Durchführungsverordnung 889/2008, die über die Vorgaben der Tierschutznutztierhaltungsverordnung hinausgehen.

Beim Umbau/Neubau von Schweineställen können Landwirte ebenfalls eine Förderung im Rahmen des Entwicklungsprogramms EULLE über das Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP) erhalten. Bei der Investitionsförderung wird dem Aspekt der artgerechten Tierhaltung in der Landwirtschaft besondere Berücksichtigung beigemessen. Es wird zwischen einer Basisförderung und einer Premiumförderung in der Tierhaltung unterschieden. Der Regelfördersatz liegt bei 20 Prozent der zuwendungsfähigen Investitionskosten (Basisförderung).

Auch mit der Basisförderung sind Haltungsvorgaben sowie besondere Umweltanforderungen verbunden. Für Investitionen in Stallbauten für besonders tiergerechte Haltung wird eine deutlich höhere Förderung gewährt (Premiumförderung, bis zu 4 0Prozent). Die Anforderungen für Basis- und Premiumförderung sind in der sogenannten Anlage 1 zum AFP beschrieben. Die Anlage 1 mit ihren Haltungsvorgaben ist zwischen Bund und Ländern abgestimmt und wird durch den Bund bei der Förderung vorgegeben.

Bei der Schweinehaltung sind folgende Fördersätze möglich:

  • Basisförderung 20Prozent,
  • 40 Prozent bei Erfüllung der besonderen Anforderungen für tiergerechte Haltung,
  • 40 Prozent bei Erfüllung der besonderen Anforderungen für tiergerechte Haltung und Aufstallung auf Stroh (Tiefstreu).

Daneben ist das förderfähige Investitionsvolumen je Vorhaben auf 1 Mio .Euro begrenzt. Damit wird die Investitionsförderung bei großen Stallanlagen eingeschränkt.

Zusätzlich sind noch die folgenden besonderen Anforderungen bei der Förderung von Investitionen in die Tierhaltung eingeführt worden:

  • die Einhaltung der Obergrenzen der BImSchV (z.B. 600 Rinder, 1500 Mastschweine, 15000 Hennen),
  • die Flächenbindung wird auf 2 GVE/ha begrenzt (Viehbesatz des landwirtschaftlichen Unternehmens darf zwei Großvieheinheiten (GV) je Hektar selbstbewirtschafteter landwirtschaftlicher Nutzfläche nicht überschreiten) und
  • Nachweis einer mindestens neunmonatigen Güllelagerkapazität bei neugebauten Schweineställen.

Mit diesen Fördervoraussetzungen wird eine Flächenbindung bei Tierhaltungsverfahren sichergestellt und gleichzeitig verstärkt die Aspekte Tierschutz und tierartgerechte Haltungsverfahren berücksichtigt.

Zu Frage 5:
Auf die Genehmigung von baulichen Anlagen – also auch Anlagen zur Haltung von Schweinen – besteht ein Rechtsanspruch, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Eine Baugenehmigung ist zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine baurechtlichen oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Folglich darf eine Genehmigung u.a. nur dann mit einer Auflage versehen werden, wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt werden.

Vor diesem Hintergrund hängt es von den konkreten Umständen im jeweiligen Einzelfall ab, ob und ggf. mit welcher Auflage eine Genehmigung versehen werden darf.Für größere Tierhaltungsanlagen bildet das Bundes-Immissionsschutzgesetz die Grundlage für deren Genehmigung. Art und Umfang von Genehmigungsverfahren sind abhängig von Tierart und gehaltener Tieranzahl und werden in der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) konkretisiert.

Ab 1500 Tierplätzen beginnt die Genehmigungsbedürftigkeit für Anlagen zum Halten von Mastschweinen, ab 560 Tierplätzen für Anlagen zum Halten von Sauen (einschließlich dazugehörender Ferkelaufzuchtplätze) und ab 4 500 Tierplätzen für Anlagen zur Aufzucht von Ferkeln. Zum Schutz und zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen sieht die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TALuft) eine Reihe von baulichen und betrieblichen Anforderungen vor, z. B. zur Hygiene des Stalles, zum Stallklima, zur Qualität und Menge des Futters oder zum Umgang mit Einstreu, Festmist und Gülle.

Im Zuge der laufende Novellierung der TA Luft werden voraussichtlich für genehmigungsbedürftige Anlagen zur Haltung von Schweinen, die von der Industrieemissionsrichtlinie erfasst sind, Emissionsbegrenzungen für Staub, Ammoniak, Gesamtstickstoff sowie Gerüche vorgegeben, für deren Einhaltung die Installation einer Abluftreinigungsanlage erforderlich sein wird. Grundsätzlich sollen bei ökologischer Tierhaltung abweichende Regelungen von den Anforderungen der TALuft getroffen werden können. Die immissionsschutzrechtliche Beurteilung baurechtlich zu genehmigender Tierhaltungsanlagen erfolgt hauptsächlich anhand von VDI-Richtlinien. In Abhängigkeit zur eingesetzten Technik werden neben der Berechnung von Mindestabständen zur nächsten Wohnbebauung insbesondere Auflagen hinsichtlich der Güllelagerung und ggfs. auch zu Lüftungsanlagen festgelegt.


Dr. Volker Wissing
Staatsminister

 

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