Mündliche Anfrage 17/6541

der Abgeordneten Jutta Blatzheim-Roegler und Pia Schellhammer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Multimodale Angebote für den Radverkehr in Rheinland-Pfalz
Drucksache 17/60P


Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/6541 – vom 19. Juni 2018 hat folgenden Wortlaut:

Das Mobilitätsverhalten der Menschen ändert sich. Immer mehr Menschen nutzen das Rad, wenn es darum geht, zur Arbeit zu pendeln, Einkäufe zu erledigen oder einfach nur einen Ausflug am Wochenende zu unternehmen. Und immer mehr Menschen nutzen nicht mehr nur ein Verkehrsmittel, sondern fahren mit dem Rad zum Bus und nutzen das Rad von der Bahn nach Hause. Abgesehen von den gesundheitlichen Vorteilen bietet das Fahrrad die Chance auf weniger Lärm und weniger Immissionen und kann damit eine wichtige Rolle spielen bei der Bekämpfung des Klimawandels und der Verbesserung der Luftqualität. Voraussetzung ist die Schaffung einer den Fahrradverkehr fördernden Infrastruktur.

Mit der Einführung des Weltfahrradtags am 3. Juni durch die Vereinten Nationen soll das Bewusstsein über die ökologischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Vorteile der Fahrradnutzung geschärft werden.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Wie gestalten sich nach Kenntnisstand der Landesregierung die aktuellen Angebote zur Fahrradmitnahme in öffentlichen Verkehrsmitteln in Rheinland-Pfalz?
2. Wie bewertet die Landesregierung diese Angebote?
3. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, um die Angebote des multimodalen Verkehrs insbesondere für die Fahrradnutzung in Rheinland-Pfalz zu verbessern?
4. Wie bewertet die Landesregierung die Aufwertung von Knotenpunkten im ÖPNV zu Mobilitätspunkten, an denen ÖPNV, SPNV, Fahrrad-, Car- und Bikesharing sowie der Motorisierte Individualverkehr (MIV) miteinander verknüpft werden, sodass der gegenseitige Umstieg zwischen den Verkehrsträgern vereinfacht wird?


Dr. Volker Wissing, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung am 21.06.2018 wie folgt beantwortet:

Herr Präsident, Frau Kollegin Blatzheim-Roegler, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Zuständigkeit für die Gestaltung der Angebote und Regeln zur Fahrradmitnahme in Bussen und Bahnen des Nahverkehrs in Rheinland-Pfalz liegt bei den fünf rheinland-pfälzischen Verkehrsverbünden. Die Verkehrsverbünde regeln somit, ob und zu welchen Bedingungen Fahrräder in Bussen und Bahnen des Nahverkehrs befördert werden dürfen. Die bestehenden Regelungen sind weitgehend einheitlich gefasst, sie weisen jedoch Unterschiede auf, insbesondere was die Fahrradmitnahme in Bussen anbelangt.

Zu Frage 1:
Im morgendlichen Berufsverkehr vor 09:00 Uhr von montags bis freitags ist die Fahrradmitnahme in Bussen meist als kostenpflichtiges Angebot möglich. Für die Beförderung muss ein zusätzliches Fahrradticket gelöst werden. Im Verkehrsverbund Rhein-Neckar und Karlsruher Verkehrsverbund hingegen ist die Mitnahme von Fahrrädern vor 09:00 Uhr montags bis freitags nicht gestattet.

Nach 09:00 Uhr sowie ganztags, an Wochenenden und an Feiertagen ist die Mitnahme von Fahrrädern in Bussen jedoch generell in allen Verkehrsverbünden kostenfrei möglich. Die Mitnahme in Bussen ist aufgrund der limitierten Platzverhältnisse allerdings nur sehr eingeschränkt möglich. Die Beförderung von Kinderwagen und Rollstühlen hat hier grundsätzlich Vorrang. Im Einzelfall entscheidet das Fahr- oder Begleitpersonal.

In Nahverkehrszügen ist die Fahrradmitnahme vor 09:00 Uhr montags bis freitags als kostenpflichtiges Angebot möglich. Nach 09:00 Uhr sowie ganztags, an Wochenenden und Feiertagen ist die Mitnahme von Fahrrädern in allen Nahverkehrszügen generell in allen Verkehrsverbünden kostenfrei möglich.

Zu Frage 2:
Die Angebote und Regeln zur Fahrradmitnahme in Bussen und Bahnen tragen als wichtige Elemente der Steuerung in den morgendlichen Hauptverkehrszeiten dazu bei, Konflikte in den Verkehrsmitteln zwischen Fahrgästen mit Fahrrad und jenen ohne Fahrrad zu entschärfen. In vollen Zügen kommt es bereits jetzt zu Auseinandersetzungen zwischen Fahrgästen ohne Rad und solchen mit Rad, da Letztere den zu diesen Zeiten oft knappen Platz belegen. Beide Seiten beanspruchen das Recht auf Beförderung für sich. Bekannt geworden ist der Fall einer Schlägerei aufgrund eines abgestellten Fahrrades, das die Nutzung von fünf Klappsitzen verhinderte.

Die kostenfreie Mitnahme außerhalb der morgendlichen Hauptverkehrszeiten sowie an Wochenenden und Feiertagen trägt weiterhin mit dazu bei, die Nutzung des Fahrrades insgesamt auszuweiten und es den Fahrradnutzern zu ermöglichen, Reisestrecken im Verbund aus Fahrrad, Bus, Bahn als Fahrrad/Bus oder Bahn/Fahrrad zurückzulegen.

Zu Frage 3:
Als Teil der Projektplanung gehört auch der Ausbau der Radwege in Rheinland-Pfalz zum Zuständig- keitsbereich des Landesbetriebs Mobilität Rheinland-Pfalz. Unser Bundesland ist ein Radwanderland. Allein sieben Radfernwege führen durch die Flussregionen an Rhein, Mosel, Lahn, Nahe, Kyll, Saar und Ahr. Dazu kommen Radwege an Bundes-, Landes- und Kreisstraßen. Auf rund 1.890 Kilometern – so ist der Stand von Ende letzten Jahres – ist das Netz an klassifizierten Straßen inzwischen angewachsen. Konsequent wird am weiteren Ausbau gearbeitet, sodass jährlich neue Abschnitte hinzukommen.

Planung, Bau und Finanzierung dieser Routen werden vom Landesbetrieb Mobilität koordiniert. Die Wege werden nach landesweit einheitlichen Vorgaben beschildert und dann nach bestimmten Kategorien bewertet. So wird zum Beispiel festgestellt, ob der Radweg eine Mindestbreite hat, mit welchem Belag er ausgestattet ist oder ob die Strecke das ganze Jahr über befahren werden kann. Nach diesen Angaben erhält die Strecke dann vom Landesbetrieb eine entsprechende Qualifizierung. Auch dafür ist der Landesbetrieb Mobilität zuständig.

Mittlerweile wurden in Rheinland-Pfalz mehr als 7.900 Kilometer Wege auf diese Weise qualifiziert. Die oben genannten Rahmenvorgaben werden mit Unterstützung der örtlichen Dienststellen das Landesbetriebs Mobilität umgesetzt. Die Fachgruppe Radwege des Landesbetriebs Mobilität berät außerdem gemeinsam mit dem Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau die Kommunen in allen Fragen rund um das Radwegenetz. Sie können hier beispielsweise erfahren, ob an einer bestimmten Stelle ein Radweg ausgebaut werden kann, ob ein Lückenschluss im Radweg möglich ist oder wie die Beschilderung aussehen muss.

Zur Onlineplanung von Radtouren in Rheinland-Pfalz hat das Land bereits 2008 einen Radtourenplaner unter www.radwanderland.de eingerichtet. Mit dem Radtourenplaner lassen sich Radtouren ganz einfach online planen. Zusätzlich werden Radfernwege und Themenrouten angeboten. Informationen zu Sehenswürdigkeiten, Hotels, Pensionen und Jugendherbergen sind im Angebot ebenfalls enthalten.

Zum Sachstand der Pendlerradrouten in Rheinland-Pfalz möchte ich auf die Kleine Anfrage – Drucksache 17/5772 – mit dem Titel „Entwicklung des Alltagsradverkehrs in Rheinland-Pfalz“ – hinweisen.

Wichtige Angebote des multimodalen Verkehrs zur Förderung der Fahrradnutzung stellen Fahrradabstellanlagen dar. Sie konzentrieren sich auf die Haltepunkte von Bussen und Bahnen. Die Zuständigkeit für Planung, Ausbau und Bereitstellung dieser Angebote obliegt den Kommunen. Nach dem Landesverkehrsfinanzierungsgesetz können an Bahnhöfen und zentralen Omnibusbahnhöfen Fahrradabstellanlagen entsprechend dem nachgewiesenen Bedarf durch das Land gefördert werden.

Insbesondere beim Ausbau von Bahnhöfen und deren Umfeld legt das Land großen Wert darauf, dass im Rahmen eines planerischen Gesamtkonzepts ausreichende Fahrradabstellplätze vorgesehen werden. Gefördert werden sowohl frei zugängliche Fahrradabstellanlagen als auch abschließbare Fahrradboxen. Hierbei können pro Fahrradbox bis zu 1.000 Euro als zuwendungsfähige Kosten anerkannt werden.

Darüber hinaus ist derzeit der Aufbau einer zentralen Mobilitätsplattform für den Bereich Verkehr des Landes Rheinland-Pfalz in Vorbereitung. Diese wird Informationen in den Vordergrund stellen, die in der staatlichen oder öffentlichen Sphäre liegen. Die Informationsplattform liefert Hintergrund und Grundlageninformationen zur Verkehrs- mittelwahl und Mobilitätsplanung. Zur Förderung von multi- modaler Mobilität sollen die verschiedenen Verkehrsträger integriert auf einer Karte zusammengestellt werden, sodass der Nutzer eine Übersicht erhält, welche unterschied- lichen Verkehrsmittel im konkreten Fall zur Verfügung stehen. Der bestehende Radtourenplaner Rheinland-Pfalz wird in dieses Angebot integriert werden.

Zu Frage 4:
Die Aufwertung von Knotenpunkten des SPNV und ÖPNV hat die Landesregierung in den Vordergrund gerückt. Im Rahmen des fortlaufenden Ausbaus der SPNV- und ÖPNV-Knotenpunkte unterstützt die Landesregierung die Verwirklichung des gegenseitigen Umstiegs zwischen verschiedenen Verkehrsträgern.

So weit die Ausführungen der Landesregierung.


Schreiben des Ministers für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau vom 5. Juli 2018 an den Präsidenten des Landtags: 

In der 60. Sitzung des Landtages Rheinland-Pfalz am 21. Juni 2018 hatte ich zu vorgenanntem Tagesordnungspunkt auf Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Blatzheim- Roegler Informationen über vorhandene Fahrradparkhäuser zugesagt. Entsprechend dieser Zusage berichte ich wie folgt:

Eine vollständige Übersicht über die Fahrradparkhäuser in allen Kommunen in Rheinland-Pfalz kann mit vertretbarem Aufwand nicht erstellt werden. Dies liegt auch daran, dass die regionalen Landesbetriebe Mobilität (LBM) aufgrund der i. d. R. kommunalen Zuständigkeit, der nicht immer eindeutigen Abgrenzung zu sonstigen Fahrradabstellanlagen und der Nutzung von Finanzierungsmöglichkeiten, in die der LBM nicht eingebunden ist, nicht zwangsläufig Kenntnis von kommunalen Fahrradparkhausvorhaben erhalten.

Grundsätzlich sind witterungs- und diebstahlgeschütze Abstellmöglichkeiten für Fahrräder ein wichtiger Baustein eines fahrradfreundlichen Umfeldes. Dies gilt besonders für hochwertige Räder und Pedelecs. Sie haben Bedeutung an den Umsteigepunkten in den ÖPNV ebenso wie in städtischen Quartieren, wo als Alternative nur der Transport in den Fahrradkeller bleibt.

Die Funktion hochwertiger Abstellanlagen und damit auch von Fahrradparkhäusern im Gesamtsystem des Radverkehrs wird mit der zunehmenden Verbreitung von Pedelecs immer wichtiger werden, ebenso wie die Möglichkeit des Nachladens des Akkus an der Abstellanlage.

Zu unterscheiden ist zwischen Fahrradparkhäusern und Fahrradstationen. Letztere verbinden die Abstellmöglichkeiten mit einem Serviceangebot. Trend ist, die Abstellmöglichkeiten so zu automatisieren bzw. zu mechanisieren, dass die technische Möglichkeit des Fahrradabstellens bzw. Fahrradentnehmens auch ohne die Anwesenheit von Servicepersonal besteht.

Bei den Fahrradparkhäusern selbst muss unterschieden werden zwischen frei zugäng- lichen und kostenpflichtigen Stellplätzen mit einem reglementierten Zugang über Chip, Transponder und ähnlichen Systemen. Dabei liegt es auf der Hand, dass kostenfreie Angebote weniger Sicherheit und Kontrolle bieten.

Das Land hat 2007/2008 eine Bedarfs- und Machbarkeitsanalyse für Fahrradstationen in Rheinland-Pfalz erstellt. Ausgewertet wurde diese für die zwölf größten Städte in Rheinland-Pfalz. Ergebnis war, dass Potential in erster Linie in Trier, Frankenthal, Bad Kreuznach und Neustadt a. d. W. gesehen wurde.

Auf Grundlage dieser Studie hat Trier konkrete Planungen begonnen. 2016 wurde vom Land eine finanzielle Förderung auf Grundlage des LVFGKom zugesagt. Die Station befindet sich im Bau und soll im Oktober 2018 in Betrieb genommen werden.

Bad Kreuznach hat im Januar 2018 die Realisierung einer Mobilitätsstation am Bahnhof beschlossen. Enthalten ist ein Fahrradparkhaus mit 400 Stellplätzen. Die Kosten betragen rund 1,8 Millionen Euro. Ein erheblicher Anteil wird vom Bundesumweltministerium als auch vom rheinland-pfälzischen Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten getragen. Grundlage für die Förderung ist der Sieg des Projekts beim Bundeswettbewerb „Klimaschutz im Radverkehr“.

Für Frankenthal und Neustadt a. d. W. liegen hingegen keine Informationen vor, dass das Thema „Fahrradparkhaus“ dort gegenwärtig vorangetrieben wird.

Über die in der Potenzialstudie empfohlenen Standorte hinaus kann folgendes berichtet werden:

Die Stadt Mainz plant ein Fahrradparkhaus mit 1 000 Stellplätzen westlich des Hauptbahnhofes. Vorgesehen sind 30Prozent kostenpflichtige Stellplätze. Die Finanzierung stützt sich nach Kenntnis der Landesregierung ohne weitere Landesförderung auf die Stellplatzablöse gemäß LBauO.

Am Hindenburgplatz in Mainz gibt es eine kleine Version eines kostenpflichtigen Fahrradparkhauses – den Mainzer Fahrradpavillon der MVG.

Die Stadt Mainz beziffert ihren Radverkehrsanteil auf 20 Prozent (2016), was einer Verdopplung seit 2008 entspricht.

In Worms steht das Radhaus der Lebenshilfe zur Verfügung. Der Schwerpunkt liegt hier auf den Dienstleistungen, es werden aber auch Stellplätze angeboten.

In Ingelheim am Rhein besteht in direkter Nachbarschaft zum Bahnhof ein Fahrradparkhaus für insgesamt ca. 400 Fahrräder. Davon sind rund 220 Plätze überdacht und kostenfrei nutzbar. 180 kostenpflichtige Parkplätze befinden sich in einem überdachten und bewachten Bereich. Träger ist die Stadt Ingelheim. Das Projekt wurde 2007 ohne Landesförderung gebaut, da Ingelheim zu den wohlhabendsten Kommunen in Rheinland-Pfalz gehört.


Dr. Volker Wissing
Staatsminister

 

 

Hier Mündliche Anfrage und Antwort der Landesregierung (PDF) herunterladen

Hier Beantwortung der Zusatzfrage durch die Landesregierung (PDF) herunterladen

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