Kleine Anfrage 17/8551

der Abgeordneten Andreas Hartenfels und Jutta Blatzheim-Roegler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Kükenschreddern in Rheinland-Pfalz
Drucksache 17/8715


Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/8551 – vom 12. März 2019 hat folgenden Wortlaut:

Wie zahlreiche Medien berichten, existieren noch immer tierschutzkritische Praktiken im Rahmen der Nachzucht von Legehennenin Deutschland. Jährlich werden ca. 45 Millionen Hühnerküken von Legehennen-Rassen kurz nach dem Schlüpfen getötet und zerkleinert, weil sie männlich sind. Für die Zucht würden sich diese Rassen nicht eignen, da sie nach Aussagen der Industrie nichtschnell genug an Gewicht zulegen würden. Diese Tötungspraktiken sollen laut Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD bis zum Jahr 2019 beendet werden.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
1. Wie bewertet die Landesregierung die Fortschritte auf Bundesebene in der Entwicklung von Alternativen zur gängigen Praxis der Industrie, männliche Küken nach dem Schlupf zu vergasen und zu schreddern?
2. Welche tierschutzrechtlichen und ethischen Fragen gehen aus der Sicht der Landesregierung mit der bisher gängigen Praktik einher?
3. Ist der Landesregierung bekannt, wie viele Betriebe diese Praktik in Rheinland-Pfalz an wenden?
4. Welche Alternativen zur Tötung der geschlüpften Küken existieren nach Kenntnisstand der Landesregierung?
5. Wie unterstützt und berät die Landesregierung die Betriebe in der Entwicklung von tierschutzverträglichen Lösungen in der Tierzucht und Haltung?
6. Welche alternativen Lösungen im Bereich der Nachzucht werden von den ökologisch wirtschaftenden Legehennenbetrieben genutzt?


Das Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forstenhat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 27. März 2019 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1:
Die Landesregierung begrüßt alle Alternativen, die dazu beitragen, das Töten der männlichen Eintagsküken zu verhindern. Darunterfallen die Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Brutei sowie insbesondere die Initiativen zur Aufzucht und Nutzung der männlichen Küken.

Zu Frage 2:
Tierschutzrechtlich und ethisch stellt sich die Frage, ob das Töten der männlichen Eintagsküken aus vernünftigem Grund erfolgt. Von der Landesregierung wird das Töten der männlichen Eintagsküken abgelehnt. Dementsprechend hat sich die Landesregierungim Bundesrat zur Bundesratsdrucksache 310/15 verhalten.

Zu Frage 3:
In Rheinland-Pfalz sind keine Brütereien ansässig. Es werden keine männlichen Eintagsküken in Rheinland-Pfalz getötet.

Zu Frage 4:
Im November verkündete die SELEGGT GmbH, ein Joint Venture der REWE Group mit einem Technologie-Unternehmen, dass das endokrinologische Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei zu Anwendung komme. 2019 sollten demnach deutschlandweit die sogenannten Respeggt-Freiland-Eier in Rewe-Märkten angeboten werden. Ab 2020 plane die SELEGGT GmbH, das Verfahren weiteren Brütereien kostenneutral anzubieten.

Ein weiterer Weg zur Geschlechtsbestimmung im Ei ist das sogenannte spektroskopische Verfahren, das von der Firma Agri Advanced Technologies GmbH zur Marktreife weiterentwickelt werden soll. Derzeit befindet sich laut Agri Advanced Technologies GmbH ein Prototyp in der Testphase unter Praxisbedingungen. Ein Datum zur Markteinführung ist uns nicht bekannt.

Das spektroskopische Verfahren hat gegenüber dem endokrinologischen Verfahren Vorteile. Die Selektion kann bereits am 4. statt am 9. Bebrütungstag erfolgen. Aus Sicht des Tierschutzes ist eine frühe Selektion zu bevorzugen, um sicherzustellen, dass der Embryo kein Schmerzempfinden entwickelt hat. Die Analyseleistung des spektroskopischen Verfahrens ist laut Agri Advanced Technologies GmbH hoch dadurch eigne sich das Verfahren auch für große Brütereien.

Die Nutzung der männlichen Küken zur Fleischproduktion ist eine weitere Alternative zum Töten der Eintagsküken. Dabei gibtes zwei unterschiedliche Herangehensweisen. Entweder werden die männlichen Küken der Legehybriden aufgezogen und zur Fleischgewinnung genutzt (Bruderhahnmast) oder es werden Zweinutzungsrassen gezüchtet, die sowohl gute Legeleistungen als auchgute Fleischqualitäten haben sollen. Der Nutzung der männlichen Küken kommt aus Sicht der Landesregierung besondere Bedeutung zu, da die Nutzung der Tiere zur Lebensmittelgewinnung einen vernünftigen Grund zur Schlachtung darstellt und keine angebrüteten Eier aussortiert und zerstört werden. Allerdings sind die Legeleistung und die Eigrößen bei Zweinutzungsrassen nichtoptimal und das Fleisch der Bruderhähne der Legehybriden entspricht nicht den breiten Verbrauchervorstellungen. Dadurch wirdder Absatz der Produkte erschwert. Die Produktionskosten für Eier und Fleisch sind u. a. wegen des hohen Futterverbrauchs undder längeren Mastdauer zudem recht hoch. Die Weiterentwicklung der Zucht und die Kennzeichnung und Bewerbung der Produkteist sinnvoll und erforderlich.

Zu Frage 5:
Die Landesregierung unterstützt landwirtschaftliche Unternehmen – auch der Geflügelhaltung – insbesondere über das Agrarinvestitonsförderungsprogramm (AFP). Mit diesem Programm soll u. a. das Ziel erreicht werden, den Tier- und Umweltschutz zuverbessern. Förderfähig sind z. B. Investitionen zur Errichtung oder Modernisierung (Neubau, Umbau, Ausbau) und zum Erwerbvon unbeweglichem Vermögen (betriebliche Wirtschaftsgebäude) einschließlich zugehöriger baulicher Anlagen (z. B. für die Lagerung von Dung, Futter und Erzeugnissen). Für die Geflügelhaltung wird ein Beihilfesatz von bis zu 40 Prozent für besonders tiergerechte Haltungsverfahren und bei Erfüllung erhöhter baulicher Anforderungen gewährt.

Um dem Bedarf an Beratung und Wissenstransfer im Bereich der ökologischen Legehennenhaltung nachzukommen, wird vom Kompetenzzentrum Ökologischer Landbau (KÖL) des Dienstleistungszentrums Rheinhessen-Nahe-Hunsrück im Rahmen der„Europäischen Innovationspartnerschaft Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ (EIP-Agri) ein Projekt zur Legehennenhaltung durchgeführt. Das Projekt dient der Ausweitung der Verwendung von Legehennen-Mobilställen im ökologischen Landbau in Rheinland-Pfalz. Ziele des EIP-Projekts sind insbesondere die Überprüfung der Tiergerechtheit und Umweltverträglichkeit des Haltungssystems, die Ermittlung der Wirtschaftlichkeit der mobilen Legehennenhaltung und die Erarbeitung vonBeratungsempfehlungen sowie der Wissenstransfer in die Praxis.

Daneben werden vom KÖL zur Legehennenhaltung Informationsveranstaltungen durchgeführt und Informationen über dieInternetseiten angeboten.

Zu Frage 6:
Die EU-Öko-Verordnung, die die Mindeststandards der ökologischen Erzeugung definiert, enthält keine expliziten Vorgaben zumUmgang mit männlichen Küken der Legelinien. Auch ökologisch wirtschaftende Legehennenbetriebe nutzen die spezialisierten Legehennenrassen. Jedoch hat sich die Bio-Branche schon früh mit alternativen Aufzuchtverfahren in der Geflügelhaltung, die eine Integration von Eiererzeugung und Mast vorsehen, auseinandergesetzt. Dazu gehören die in der Antwort zur Frage 4 angeführte Bruderhahnmast sowie die Nutzung von Zweinutzungshühnern. Inzwischen haben sich zahlreiche Initiativen der Bio-Branche gegründet, die sich um die Frage der Ausmast und wirtschaftlich lohnenden Vermarktung des Bruderhahns oder/und um die Züchtung von Zweinutzungshühnern sowie deren Vermarktung bzw. Verarbeitung kümmern. Dazu gehört etwa die Ökologische Tierzucht gGmbH, die ihren Gesellschaftssitz in Rheinland-Pfalz hat und seit 2015 Zweinutzungshühner züchtet. Die genannten alternativen Aufzuchtverfahren werden auch in ökologisch wirtschaftenden Betrieben in Rheinland-Pfalz eingesetzt.


Ulrike Höfken
Staatsministerin


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