Kleine Anfrage 17/12136

der Abgeordneten Andreas Hartenfels und Jutta Blatzheim-Roegler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Erfolgsprojekt: Fünf Jahre Nationalpark Hunsrück-Hochwald
Drucksache 17/12382


Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/12136 – vom 22. Juni 2020 hat folgenden Wortlaut:

Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald feiert dieses Jahr sein fünfjähriges Bestehen. In diesen fünf Jahren hat sich viel in der und um die Region verändert. Das ausgeklügelte Wegesystem, die einzigartigen „Hangbrücher“ und regionale Kooperationspartner kombiniert mit den geführten Rangertouren machen den Nationalpark zu einem touristischen Highlight in Rheinland-Pfalz. Auch die ökologische Entwicklung hin zu einem Wildnisgebiet schreitet voran und bietet zahlreichen gefährdeten Tier- und Pflanzenarten einen wertvollen Lebensraum.

Wir fragen die Landesregierung:
1. Welche konkreten ökologischen Aufwertungsprojekte im Nationalpark wurden seit seiner Gründung umgesetzt, bzw. wie bewertet die Landesregierung die bisherige ökologische Entwicklung des Nationalparks Hunsrück-Hochwald?
2. Welche gefährdeten Tier- und Pflanzenarten können im Nationalpark gesichtet/gefunden werden?
3. Wie viele geführte Touren (aufgeschlüsselt nach Touren durch zertifizierte Naturführer, Rangertouren und Touren für Menschen mit Behinderungen) wurden seit der Gründung im Jahr 2015 bereits durchgeführt, bzw. wie viele Menschen haben schätzungsweise an den Touren im Nationalpark teilgenommen?
4. Welche Möglichkeiten zur Umweltbildung können darüber hinaus z. B. von Schulklassen und Besuchergruppen in der Nationalparkregion genutzt werden?
5. Welche regionalen Kooperationen (z. B. regionale Erzeugnisse oder Dienstleistungen) mit dem Nationalpark dienen der Regionalentwicklung?
6. Welche Weiterentwicklungen (ökologisch und touristisch) sind in den kommenden Jahren im Nationalpark bzw. der Region geplant?
7. Welche Rückschlüsse lassen sich, nach Kenntnisstand der Landesregierung, durch das wissenschaftliche Monitoring der Waldflächen des Nationalparks auf die zukünftige Waldentwicklung in Zeiten der Klimaerhitzung in Rheinland-Pfalz ziehen?

 

Das Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 13. Juli 2020 wie folgt beantwortet:

Vorbemerkung:
Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald ist ein Meilenstein für die Erreichung der Ziele der Biodiversitätsstrategie des Landes, der nationalen Biodiversitätsstrategie sowie der nationalen Waldstrategie. „Natur Natur sein lassen“ ist das zentrale Ziel aller Nationalparks. Der breit angelegte Bürgerdialog zur Gründung des Nationalparks hat zu großer Akzeptanz in der Bevölkerung geführt. Davon ausgehend, sind zahlreiche Vorhaben initiiert und erfolgreich umgesetzt worden.

Neben dem Zweck des Nationalparks Hunsrück-Hochwald, einen möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgänge zu gewährleisten, werden mit dem Nationalpark eine nachhaltige Regionalentwicklung und naturnahe Tourismusentwicklung verbunden. Die Nationalparkregion gewinnt mit dem Nationalpark in der Außenwahrnehmung an Profil. Die Partnerinitiative stärkt regionale Wertschöpfungsketten. Sie steht für eine enge Zusammenarbeit zwischen den Schutzgebieten und regional ansässigen Betrieben. Gerade in der Corona-Krise suchen viele Menschen derzeit attraktive Ziele im eigenen Land und in der Natur, wo Abstandsgebote problemlos eingehalten werden können. Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald bietet vielfältige Angebote, die Natur zu erleben: geführte Touren, Rangertouren, abwechslungsreiche, zertifizierte Wege zum Wandern, Radeln oder Spazierengehen.

Bezugnehmend und aufbauend auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage – Drucksache 17/8284 – (Antwortdrucksache 17/8485), werden nachfolgend in der Beantwortung der Fragen 1, 4 und 5 insbesondere die seitdem sich neu ergebenden Gesichtspunkte herausgestellt. Zudem wird zur Beantwortung der Fragen 3 und 4 auch auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage – Drucksache 17/10639 – (Antwortdrucksache 7/10859) sowie zur Beantwortung der Frage 5 auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage – Drucksache 17/4241 – (Antwortdrucksache 17/4424) verwiesen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1:
Ökologische Aufwertungsprojekte:
Im Nationalpark sollen naturdynamische Prozesse ungestört ablaufen können. Durch anthropogene Eingriffe vor der Nationalparkausweisung sind manche Flächen innerhalb des Nationalparks derart verändert, dass langfristig kaum mit natürlicher Selbstregulation zu rechnen ist. Innerhalb der Entwicklungsbereiche des Nationalparks werden daher Rückbau- und Initialmaßnahmen durchgeführt, um diesen Einfluss abzumildern.

Diese Renaturierungsmaßnahmen finden vor allem in den stark wassergeprägten Hangbrüchern (Quellmoore in Hanglage) des Nationalparks statt. Seit Gründung des Nationalparks wurden dort mehr als 1 200 Stauwerke errichtet, welche die entwässernde Wirkung von künstlich geschaffenen Gräben rückgängig machen soll. Aufkommende Fichten-Naturverjüngung wurde stellenweise entfernt. Vegetationserhebungen auf den wassergeprägten Flächen weisen einen hohen Anteil der Moorbirke nach. Ein intensives Monitoring soll in den kommenden Jahren die Wirkung dieser Maßnahmen erfassen und einen Vergleich zu Flächen ohne Maßnahmen ermöglichen.

Großen Einfluss auf die hydrologischen Verhältnisse im Nationalpark haben auch Wege mit ihren begleitenden, entwässernden Gräben. An Wegen, welche Brücher des Nationalparks durchtrennen, wurden daher Furten angelegt, um den Wasserfluss über den Weg hinweg wiederherzustellen.

Zerschneidende Wirkung entfalten auch Wildschutzgatter, welche vor Gründung des Nationalparks errichtet wurden. Im vergangenen Jahr wurden mehr als 7 000 Laufmeter dieser Zäune abgebaut und aus dem Nationalpark entfernt.Ökologische Entwicklung:

Die ökologische Entwicklung unterliegt insbesondere in Situationen natürlicher Störungen starker Veränderung. Bedingt durch Windwürfe, Trockenheit und daraus resultierender Massenvermehrung von rindenbrütenden Borkenkäfern verändern sich das Waldbild und die Baumartenzusammensetzung seit 2018 rasant. Im Gegensatz zu bewirtschafteten Wäldern wird diese Veränderung nicht als Schaden gesehen. Befallene Bäume können im Inneren des Nationalparks verbleiben. Art und tatsächliches Ausmaß der Entwicklung sowie Wirkungen auf die Biozönose werden in den kommenden Jahren wissenschaftlich zu erfassen sein.

Die beschriebenen Prozesse finden insbesondere in den Wildnisbereichen des Nationalparks statt. Dort finden keine Maßnahmen mehr statt. Bereits im fünften Jahr nach Nationalparkgründung ist es gelungen, den Anteil der Wildnisbereiche von anfänglich 25 % auf derzeit knapp über 40 % zu steigern.

Die Schaffung großer, zusammenhängender störungsarmer Bereiche schreitet durch die Umsetzung des Wegeplans weiter voran. Etwa ein Drittel der zur Gründung des Nationalparks vorhandenen Wege werden zunehmend für Fahrzeuge unpassierbar und lassen so mehr Raum, insbesondere für störungsempfindliche Arten.

Zu Frage 2:
Der vorrangige Schutzzweck des Nationalparks ist der möglichst ungestörte Ablauf der Naturvorgänge. In der Naturzone ist das Nichteingriffsmanagement daher der bestimmende Weg. In der Folge bestehen die Lebensräume meist aus Wald, mit wachsenden Anteilen hoher Alters- und Zersetzungsstadien. Untersuchungen fokussieren sich daher auf solche Arten, welche auf diese Lebensräume angewiesen sind und ein hohes Maß an Störungsarmut benötigen.

Artengruppen, die ökologische Effekte des Nichteingriffsmanagements gut repräsentieren, sind insbesondere Rindenwanzen, Pilze und Fledermäuse. Eine Aufzählung gefährdeter Arten kann nur beispielhaft erfolgen, da nicht für alle Arten Daten vorliegen. Gefährdete Arten der genannten Gruppen, welche im Nationalpark vorkommen, sind:

Rindenwanzen (Untersuchungen 2020):
Aradus betulinus, Schwärzliche Rindenwanze
Aradus erosus, Fransen-Rindenwanze
Aradus betulae, Graubraune Rindenwanze

Pilze (Untersuchungen 2020):
Cudoniella tenuispora, Backenzahnkreisling
Phellinus laevigatus, Birken-Feuerschwamm
Tomentellopsis echinospora, Rausporiges Filzgewebe
Vibrissea truncorum, Abgestutztes Fadenscheibchen
Xylobolus frustulatus, Mosaikschichtpilz

Fledermäuse (Untersuchungen 2018/2019):
Myotis emarginatus, Wimperfledermaus
Myotis bechsteinii, Bechsteinfledermaus
Barbastella barbastellus, Mopsfledermaus
Plecotus austriacus, Graues Langohr

Die Offenlandflächen des Nationalparks liegen überwiegend in der Pflegezone. Sie repräsentieren häufig Lebensraumtypen nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie oder gesetzlich geschützte Biotope nach Landes- und Bundesnaturschutzgesetz. Hier werden anhand eines Konzeptes gezielte Maßnahmen zum Schutz bestimmter Arten und Lebensräume durchgeführt. Besonders relevant für die Maßnahmen auf diesen Flächen sind die Vorkommen von Schmetterlingen (Lepidoptera). Folgende Beispiele gefährdeter Arten kommen im Nationalpark vor (verschiedene Untersuchungen):

Boloria eunomia, Randring-Perlmutterfalter
Lycaena hippothoe, Lilagold-Feuerfalter
Melitaea athalia, Wachtelweizen-Scheckenfalter
Argynnis adippe, Feuriger Perlmutterfalter
Melitaea diamina, Baldrian-Scheckenfalter
Melitaea cinxia, Wegerich-Scheckenfalter

Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald ist als großes zusammenhängendes Schutzgebiet ein Refugium für die in Deutschland gefährdete Europäische Wildkatze. Mithilfe der sogenannten Lockstockmethode und genetischen Untersuchungen von Haaren konnten im Zuge von in zwei Jahren aufeinanderfolgenden systematischen Erhebungen im gesamten Gebiet jeweils über 100 Individuen nachgewiesen werden. Dieses Ergebnis verdeutlicht den besonderen strukturellen Wert des Nationalparks als Lebensraum auch für störungsempfindliche Arten.

Viele weitere wissenschaftliche Untersuchungen werden in den kommenden Jahren zusätzliche Erkenntnisse über gefährdete Arten liefern.

Zu Frage 3:
Seit der Gründung des Nationalparks 2015 werden Angebote für Besucher des Nationalparks sowohl von Rangerinnen und Rangern als auch von zertifizierten Nationalparkführinnen und -führern (ZNF) durchgeführt.

An den 581 Touren der ZNF, die seit 2015 durchgeführt wurden, nahmen insgesamt fast 10 000 Menschen teil. Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern waren mehr als 1 300 Kinder und 36 Menschen mit Behinderungen. Zusätzlich wurden 166 ZNF-Touren im Auftrag des Nationalparks durchgeführt, an denen 431 Menschen teilnahmen. Darüber hinaus bieten die ZNF Angebote für Gruppen und Vereine in Absprache mit dem Nationalparkamt an.

Auf insgesamt sieben Touren können Besucher den Nationalpark in Begleitung von Rangerinnen und Rangern erleben. Seit 2015 fanden mehr als 1 200 Touren statt, es nahmen 7 285 Menschen dieses Angebot wahr. An den Touren, die speziell für Menschen mit Behinderungen konzipiert wurden, nahmen insgesamt 963 Menschen teil. Dies ist einerseits die sogenannte Inseltour, welche sich gleichermaßen für Menschen mit Gehbeeinträchtigung und Rollstuhl oder Rollator wie auch für Familien mit Kinderwagen eignet. Zum anderen werden die „Inseltour“ sowie die „Felsentour“ in Gebärdensprache angeboten. Das Projekt „Ein Nationalpark für alle“ des Nationalparks Hunsrück-Hochwald wurde jüngst von der Fachjury der UN-Dekade Biologische Vielfalt im Sonderwettbewerb „Soziale Natur“ ausgezeichnet.

Seit 2017 wurden zudem insgesamt 769 Streifzüge mit Rangerinnen und Rangern angeboten. Daran nahmen mehr als 3 000 Menschen, davon fast 500 Kinder und knapp 20 Menschen mit Behinderungen, teil. Hinzu kommen mehr als 300 Sondertouren im Rahmen von Fachexkursionen, Betriebsausflügen und Ähnlichem mit knapp 4 000 Teilnehmenden.

Zu Frage 4:
Im Fokus der Umweltbildung stehen „Bildung einer nachhaltigen Entwicklung (BNE)“ und die Idee der Wildnisbildung. Dabei sollen Teilnehmerinnen und Teilnehmer die ungestörten natürlichen Prozesse im Nationalpark erfahren, Natur und Umwelt erleben sowie die kulturhistorische Prägung der Region kennenlernen und in einen Kontext zu globalen Herausforderungen stellen. Zur Verwirklichung dieses Ziels wurden in der Nationalparkregion seit Gründung des Nationalparks eine Vielzahl an Möglichkeiten zur Umweltbildung über Ranger- und Erlebnistouren hinaus geschaffen. Dabei steht neben standardisierten Programmen auch die Möglichkeit individuell angepasster Angebote.

Der Nationalpark bietet sechs Programme speziell für Kitas und Schulklassen an. Daneben gehören die Junior Ranger, verschiedene AGs, Ferienangebote zu speziellen Themen, Netzwerkklassen sowie gemeinsame Projekte mit dem Umweltcampus in Birkenfeld zu den Möglichkeiten der Umweltbildung. Etwa 2 500 Kinder und Jugendliche nahmen 2019 an diesen Bildungsangeboten des Nationalparks teil. Nachhaltige Umweltbildungsangebote profitieren von gut ausgebildeten Pädagoginnen und Pädagogen. Daher findet im Nationalpark jährlich eine zentrale Fortbildung für alle Lehrerinnen, Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher aus dem Saarland und Rheinland-Pfalz statt. 2019 partizipierten an der Veranstaltung über 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Daneben werden individuelle Fortbildungen für Pädagoginnen und Pädagogen angeboten. Von dieser Möglichkeit machten 2019 etwa 250 Personen in acht Veranstaltungen Gebrauch. Durch die Fortbildungen werden enorme Multiplikationswirkungen erzeugt.

In einem erstmalig durchgeführten Bewerbungsverfahren zur Nationalpark-Schule oder Nationalpark-Kita waren zwölf Schulen und fünf Kitas erfolgreich. Ihre Auszeichnung ist für den Herbst 2020 vorgesehen. Die Vernetzung des Nationalparks in der Region sowie die enge Bindung und das Engagement junger Menschen an und für die Natur gewinnen hier eine in besonderem Maße nachhaltige und zukunftsweisende Ergänzung.

Darüber hinaus wird das Angebot, auf Informationen und Materialien für die Bildungsarbeit zurückzugreifen, fortlaufend ergänzt. So können auf der Website des Nationalparks unter der Rubrik „WILDNIS bildet“ Materialien, Spiel- und Bastelanleitungen sowie Erklärvideos rund um das Thema „Nationalpark, Natur und Wildnis“ abgerufen werden.

Das Nationalparkamt hat 2019 mehrere Ferienangebote mit verschiedenen Trägern wie der Erlebniswerkstatt Saar e. V. oder den Jugendämtern Idar-Oberstein und Trier-Saarburg durchgeführt. An den Ferienangeboten nahmen insgesamt mehr als 1 000 Personen teil. Auch 2020 werden trotz der Corona-Pandemie wieder Ferienangebote stattfinden, deren Ablauf an die besonderen Bedingungen angepasst wird.

Die St. Josef-Kapelle in Neuhütten-Muhl liegt direkt im Gebiet des Nationalparks. Rund um das Gotteshaus werden vielfältige Angebote spiritueller und kultureller Annäherung an Themen der Natur initiiert. An den Veranstaltungen im Jahr 2019 wie Pilgerwanderungen, Waldgottesdiensten, Konzerten und Veranstaltungen nahmen insgesamt 1 115 Personen teil. In diesem Jahr wird das Netzwerk auch eine Woche Ferienprogramm für Kinder anbieten.

Das Nationalparktor Erbeskopf mit seiner multimedialen Ausstellung eröffnet für die Umweltbildung neue Möglichkeiten. Hier können die naturräumlichen Besonderheiten des Nationalparks Hunsrück-Hochwald informativ und kurzweilig kennengelernt werden.

Mit der neu entwickelten Nationalpark-App für mobile Endgeräte können Besucher die Natur des Nationalparks mit dem eigenen Smartphone digital begleitet erleben. Die App ermöglicht einen kontaktlosen Besuch im Nationalpark und eine digitale Begleitung während des Aufenthalts. Per Kartenanwendung können sich Gäste im Nationalpark orientieren, alle wichtigen Einstiegsorte in den Nationalpark sowie weitere interessante Orte zum Erleben, Essen und Trinken oder Übernachten in der Region finden. Es gibt digitale Touren, die auf dem Smartphone vorgeladen, die Wanderung im Nationalpark zu einem spannenden Erlebnis machen. Die Besucher werden digital von den Rangerinnen und Rangern begleitet und erfahren auf der Tour vieles über den Nationalpark, seine Pflanzen und Tiere.

Weitere Möglichkeiten der Umweltbildung finden im Besucher- und Informationszentrum „WasserWissensWerk“ rund um das Thema „Trinkwasser“ nahe der Steinbachtalsperre statt. Dort hat der Wasserzweckverband Birkenfeld seinen Betriebssitz und betreibt seine zentrale Wasseraufbereitungsanlage. Im WasserWissensWerk wird unter anderem der Themenkomplex „Wasser als begrenzte und wertvolle Ressource“ den Besuchern des Nationalparks, Wanderern, Tagestouristen, Schulklassen, Kita-Gruppen und der regionalen Bevölkerung nähergebracht. So lernen sie das Thema „Wasser“ von seiner physikalischen und seiner chemischen Seite kennen und beschäftigen sich spielerisch und experimentell mit der Analyse von Wasser. Im sogenannten WaterLab steht der Spaß am Ausprobieren im Vordergrund. Kinder ab der 3. Klasse, aber auch Erwachsene, können mit Experimentierboxen zum Thema „Eigenschaften des Wassers“ Wasserversuche selbstständig durchführen. Regelmäßige Informationsveranstaltungen zu Umweltthemen oder auch Gewässeruntersuchungen sowie ein Wasserspielplatz runden das umfangreiche Angebot ab. Weil Wasser insbesondere für die Hangbrücher als Besonderheit des Nationalparks eine große Rolle spielt, kommt dem Erleben dieses Elements eine besondere Bedeutung zu.

Der Naturpark Saar-Hunsrück führt unter dem Motto „Tatort Natur – Junge Naturforscher unterwegs“ erlebnispädagogische Aktivprogramme für Schulklassen, Kinder- und Jugendgruppen zum Erforschen und Erleben der Kultur- und Naturlandschaft durch. Die Programme und Angebote werden in gemeinsamen saisonalen Veranstaltungsprogrammen des Naturparks Saar-Hunsrück und des Nationalparks Hunsrück-Hochwald beworben.

Landesforsten Rheinland-Pfalz engagiert sich in den Forstämtern der Nationalparkregion mit einem eigenen waldpädagogischen Angebot unter dem Dach der „Rucksackschule“, mit einer waldpädagogisch angeleiteten Ferienbetreuung („Waldferien für Kids“), mit Programmen in Ganztagsschulen sowie mit Wald-Jugendspielen.

Zu Frage 5:
Von Großschutzgebieten gehen erfahrungsgemäß Impulse und Beiträge zur nachhaltigen Regionalentwicklung aus. Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald leistet einerseits im Rahmen seiner unmittelbaren Aufgaben einen Beitrag. Andererseits besteht in der kooperativen und funktionalen Zusammenarbeit ein großes Potenzial.

Im Bereich des naturnahen Tourismus stellt die Partnerinitiative des Nationalparks ein Schlüsselinstrument dar. Ziel dieser Kooperation ist es, eine qualitativ hochwertige touristische Servicekette aufzubauen und weiterzuentwickeln. Von dieser Kooperation profitieren Nationalpark und Partnerbetriebe gleichermaßen. Die Betriebe steigern das Image der Nationalparkregion als regionale Markenbotschafter. Gäste erhalten über sie Informationen, Empfehlungen und Angebote über die Nationalparkregion und den Nationalpark selbst. Mittlerweile haben sich mehr als 100 Gastgeberbetriebe beworben. Knapp 50 Betriebe, welche die Kriterien erfüllen, sind als offizielle Partnerbetriebe anerkannt. Die Kooperation hat erhebliche Steigerungen von Qualität, Regionalität und Nachhaltigkeit zur Folge. Alle Nationalparkpartner sind in Regionalinitiativen organisiert. Aus der Zusammenarbeit mit den Betrieben erwächst indirekt eine Stärkung des Absatzes von regionalen Erzeugnissen.

Das Nationalparklogo – die sogenannte Keltenkatze – bietet auch die Möglichkeit für Unternehmen, Erzeugnisse mit der Keltenkatze zu versehen. In einem kleinen Netzwerk haben sich unterschiedliche Produkte entwickelt wie z. B. Hochwaldkaffee, Schmuck, Brot, Bier oder Tassen. Regionale Sprudelbetriebe machen auf ihren Flaschen auf den Nationalpark aufmerksam. Eine Kooperation aus der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH, der Tourismuszentrale des Saarlandes, der Naheland-Touristik, der Hunsrück-Touristik und der Tourist-Information Sankt Wendeler Land mit dem Nationalparkamt trägt zur Qualitätssteigerung und Vermarktung bei. So wurden beispielsweise zielgruppenspezifisch sogenannte Advertorials geschaltet. Diese Reportagen und Berichte im Stil der Berichterstattung der jeweiligen Medien sind tourismusfördernde Beiträge zur Regionalentwicklung. Gemeinsam nehmen diese Kooperationspartner und der Nationalpark auch an regionalen, nationalen und internationalen Messen teil.

Mit dem Naturpark Saar-Hunsrück bildet der Nationalpark ein funktionales Schutzgebietssystem. Die beiden Schutzgebiete legen beispielsweise gemeinsam mit der Umweltbildungsstätte Erbeskopf ein Veranstaltungsprogramm auf. Dreimal jährlich werden alle naturnahen Veranstaltungen der Nationalparkregion und des Naturparks Saar-Hunsrück zusammengeführt. Am bundesweiten Modellprojekt „Barrierefreie Naturerlebnisangebote als Impulsgeber für den ländlichen Raum“ haben sich Naturpark und Nationalpark gemeinsam erfolgreich beworben. Bis zum Herbst werden Betriebe nach dem bundeseinheitlichen Kennzeichnungssystem „Reisen für Alle“ geprüft und zertifiziert. Seitens des Nationalparks wurde der Anfang mit der Nationalpark-Ausstellung am Nationalpark-Tor am Erbeskopf gemacht.

Die Entwicklung der Region profitiert zudem von Kooperationen im Bereich der Umweltbildung wie der AG Bildung oder dem Netzwerk Elementar- und Schulpädagogik und dem Junior-Ranger-Programm als Promotoren der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Der Ausgestaltung von Angeboten, auch für Menschen mit Beeinträchtigungen, dienen Kooperationen in der Lenkungsgruppe „Barrierefreiheit und Inklusion“ sowie der regionalen Expertengruppe von Menschen mit Beeinträchtigung. Durch das Kooperationsprojekt „Kirche im Nationalpark“ wurde das Bürgerhaus in Muhl aufgewertet und die Dorfkirche in Muhl als Nationalparkkirche als Ort für Besucherangebote entwickelt. Die Einrichtung des Nationalparks hat ebenfalls zu einer verstärkten Kooperation der Lokalen Aktionsgruppe Erbeskopf, Hunsrück und Sankt Wendeler Land geführt. Von den Landkreisen und Kommunen der Nationalparkregion wurde der Regionalentwicklungsverein Hunsrück-Hochwald gegründet, dessen Ziel die wirtschaftliche und strukturelle Stärkung der Region ist. Er setzt sich beispielsweise für die Entwicklung einer Bike-Region Hunsrück-Hochwald ein.

Zu Frage 6:
Im Mittelpunkt der ökologischen Entwicklung der kommenden Jahre steht die weitere Ermöglichung des ungestörten Ablaufs der Naturvorgänge. Der Mensch soll sich weiter zurückziehen und die Naturdynamik auf größerer Fläche ohne Eingriffe stattfinden können.

Der Anteil des Wildnisbereichs, also der Flächen, auf denen keine Maßnahmen mehr stattfinden, soll bis zum Jahr 2025 kontinuierlich auf 50 Prozent gesteigert werden. Mit dem Abschluss von initialen Renaturierungs- und Entwicklungsmaßnahmen im Randbereich können in regelmäßigen Abständen mehr und mehr Flächen der natürlichen Entwicklung überlassen werden. Die Wildruhezone, der Bereich, in dem keine Maßnahmen der Wildtierregulierung stattfinden, soll in den kommenden Jahren um weitere Bereiche erweitert werden. Dort können Wildtiere ungestört ihrem natürlichen Aktivitätsrhythmus nachgehen.

Die Durchgängigkeit von Fließgewässern soll verbessert werden, um Wanderungsaktivitäten verschiedenster Arten wieder zu ermöglichen. Verrohrte Durchlässe unter Wegen verhindern diese Wanderungen häufig und sollen durch Furten oder Bauwerke mit natürlichem Sohlmaterial ersetzt werden. Versiegelungen durch Schwarzdecken sollen, wo möglich, rückgebaut werden.

Der Nationalpark wird seine Aktivitäten zur Fortentwicklung des naturnahen Tourismus fortsetzen. Bei den Nationalparkpart-nern steht eine Weiterqualifizierung an, entweder über ein Nachhaltigkeitszertifikat oder eine Zertifizierung durch „Reisen für Alle“. Die Zusammenarbeit mit den für Tourismus zuständigen Stellen auf lokaler, regionaler und Landesebene sowie mit anderen Großschutzgebieten und Nationalen Naturlandschaften soll weiterentwickelt werden.

Am Nationalpark-Tor Erbeskopf soll die etablierte Innenausstellung durch eine Außenausstellung ergänzt werden. Dabei stehen die vielfältigen Wechselwirkungen des Nationalparks mit der Region und dem Umfeld im Vordergrund. Derzeit laufen die Detail-planungen zur Umsetzung des von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Projektes. Zudem soll die Barrierefreiheit an diesem Nationalparktor weiter verbessert werden.

Wichtige Impulse setzen auch die Nationalpark-Tore Keltenpark in Otzenhausen und das Wildfreigehege an der Wildenburg bei Kempfeld. Diese beiden Projekte befinden sich derzeit in der Entwicklung. Auch hier spielen die Erlebbarkeit für alle und die Reduktion von Barrieren eine zentrale Rolle.Mit der Umsetzung der ÖPNV-Planungskonzepte „Nord“ und „Rheinhessen-Nahe“ wird die Erreichbarkeit der Nationalparkregion mit dem ÖPNV deutlich verbessert. Zudem werden verstärkt touristische Ziele eingebunden. Ab 2022 streben der Naturpark Saar-Hunsrück und der Nationalpark Hunsrück-Hochwald eine Bewerbung zum „Fahrtziel Natur“ an.

Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald kooperiert mit dem Nyungwe Nationalpark im Partnerland Ruanda. Auf der Basis eines im Jahr 2017 unterzeichneten Letter of Intent wurde der Entwurf eines Action Plans entwickelt. Dieser beinhaltet Arbeitsfelder in den Bereichen Rangerdienst, Gebietsentwicklung, Forschung und Monitoring, Umweltbildung, Partner-Netzwerke und regionale Wertschöpfungsketten.

Im Zuge einer geplanten Delegationsreise der Kolleginnen und Kollegen aus Ruanda nach Rheinland-Pfalz soll die Vereinbarung finalisiert werden. Bereits im Jahr 2019 konnte im Rahmen des South-North-Reverse-Programs und in Kooperation mit Landesforsten ein Kollege aus dem Tree-Seed-Center in Ruanda für ein Jahr beim Nationalpark Hunsrück-Hochwald hospitieren. Noch im Jahr 2020 wird eine Kollegin auf Basis des FÖJ-Programms nach Rheinland-Pfalz kommen.

Die Zusammenarbeit auf Ebene der Nationalparks wird begleitet und ergänzt durch den Partnerschaftsverein Rheinland-Pfalz/Ruanda e. V. sowie das Ruanda-Zentrum der Universität Koblenz Landau. Ferner wurden auch auf kommunaler Ebene Kontakte im Rahmen von Delegationsreisen geknüpft. Ziel ist es hierbei unter anderem, die Partnerschaft der Schutzgebiete um Aspekte der Schulen, Schulgärten, Energie und Wasserwirtschaft zu ergänzen

Zu Frage 7:
Die Veränderung des Klimas zeigt sich insbesondere durch steigende Durchschnittstemperaturen. Neben der Temperaturveränderung spielt auch die Wasserversorgung der Bäume eine große Rolle bei der zukünftigen Waldentwicklung. Es zeichnet sich ab, dass die Niederschläge im Winter und Frühjahr zunehmen und im Sommer abnehmen. Extremwetterereignisse wie zum Beispiel Starkniederschläge sowie stärkere und länger anhaltende Hitzeperioden sind in Zukunft häufiger zu erwarten. Im Randbereich des Nationalparks wurden allein in den Trockenjahren seit 2018 bis heute knapp fünf Prozent aller Fichten, die älter als 50 Jahre waren, vom Borkenkäfer befallen. Daneben sind Veränderungen in der Phänologie erkennbar, zum Beispiel in einer früheren Blüte vieler Pflanzen- und Baumarten, deren Auswirkungen auf die Netzwerke des Lebens noch kaum abschätzbar sind.

Seit der Gründung des Nationalparks 2015 wurden mehrere Monitoringinstrumente zur Beobachtung der Waldentwicklung auch im Zusammenhang mit Klimaveränderungen eingeführt. Die ersten Erhebungen nach der Etablierung des Nationalparks wie etwa die Waldinventur sowie die permanente Stichprobeninventur (PSI) stellen die Ausgangssituation dar. Der Erkenntnisvorteil aus dem Nationalpark liegt im Vergleich zu anderen Wäldern darin, dass dort große Flächen betrachtet werden können, auf denen keine Maßnahmen durchgeführt werden.

Bereits jetzt ist sichtbar, dass bei zunehmenden natürlichen Störungen durch Wind, Trockenheit, Starkregenereignisse oder Insekten, vielfältige Strukturen wie beispielsweise eine Durchmischung von Baumarten helfen, wirtschaftliche Risiken zu minimieren. Vollständige Entwaldungen nach Ausfall einzelner Baumarten werden vermieden, wenn Wälder reich strukturiert und mit verschiedenen Baumarten bestockt sind. Von starken Veränderungen durch das Klima sind nach aktuellem Kenntnisstand vor allem einschichtige, gleichalte Wälder betroffen. Die Vorausverjüngung flächiger Fichtenwälder mit jungen Buchen in der Vergangenheit stellt sich für bewirtschaftete Wälder heute als hilfreich dar, um in Störungssituationen Kahllagen zu vermeiden und Habitatkontinuität zu gewährleisten. Gleichwohl lässt sich erkennen, dass auch ohne Eingriffe des Menschen selbst beim Absterben vieler Bäume keinesfalls artenarme Ödnis entsteht, sondern vielmehr ein Mosaik vielfältiger Strukturen und Artenzusammensetzungen. Störungen im Zuge der Klimaveränderung können daher auch als Chance zum Wandel wahrgenommen werden. Anpassungen der Arten an sich ändernde Umweltverhältnisse sollen beobachtet werden.

Der Zeitraum von fünf Jahren seit Gründung des Nationalparks ist zu kurz, um wissenschaftlich fundierte Prognosen für langfristige Prozesse entwickeln zu können. Genauere Rückschlüsse auf die zukünftige Waldentwicklung in Rheinland-Pfalz bedür-fen der längerfristigen Betrachtung und der regelmäßigen Durchführung von Wiederholungsinventuren. Aus dem Vergleich von Zeitreihen können anschließend Prognosen für die weitere Entwicklung abgeleitet werden. Erkenntnisse zur Klimaveränderung in Rheinland-Pfalz gewinnt das Rheinland-Pfalz Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen. Wichtige Bedeutung wird bei der langfristigen Betrachtung von Ökosystemprozessen auch der Kooperation mit dem Netzwerk „Long-Term Ecological Research (LTER)“ zuteil. Der wissenschaftlichen Beobachtung der Veränderungen im Nationalpark soll in den kommenden Jahren beson-deres Augenmerk geschenkt werden.


Ulrike Höfken
Staatsministerin

 

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