Kleine Anfrage 17/12366

der Abgeordneten Andreas Hartenfels und Jutta Blatzheim-Roegler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vorteile und Potenzial der „Durchwachsenen Silphie“ für Landwirtschaft und Umwelt
Drucksache 17/12567


Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/12366 – vom 10. Juli 2020 hat folgenden Wortlaut:

Erosion durch mangelnde Bodenbedeckung, Verlust der Biodiversität, regelmäßiger Einsatz von Pestiziden und synthetischen Düngemitteln: Bei der Biomasseproduktion können vielfältige Umweltprobleme entstehen. Des Weiteren kann die Biomasseproduktion in manchen Regionen die Flächenkonkurrenz erhöhen, da landwirtschaftliche Flächen für die Produktion von Nahrungs- und Futtermittel nicht mehr zur Verfügung stehen. Hinzu kommen zunehmende Dürren und damit einhergehende Bodentrockenheit sowie Erosion durch Starkregen aufgrund der anhaltenden Klimaerhitzung. Aus diesem Grund müssen neue Wege gefunden werden, unsere Böden nachhaltig und umweltschonend zu bewirtschaften. Die „Durchwachsene Silphie“ (Silphium perfoliatum) könnte aufgrund ihrer Trockenheitstoleranz und dauerhaften Bodendeckung eine umweltverträglichere Lösungsmöglichkeit für erosionsgefährdete Standorte darstellen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
1. In welchem Umfang wird nach Kenntnisstand der Landesregierung die „Durchwachsene Silphie“ in Rheinland-Pfalz angebaut (Anbaufläche und Regionen)?
2. Wie bewertet die Landesregierung den Einsatz von alternativen Anbaumethoden und neuen Kulturen wie z. B. die „Durchwachsene Silphie“ hinsichtlich der Verringerung von potenzieller Erosion?
3. Welches Potenzial sieht die Landesregierung hinsichtlich des Produktionsmitteleinsatzes und des Ertrags der „Durchwachsenen Silphie“ im Vergleich zu anderen Biomassepflanzen?
4. Welche Möglichkeiten bzw. welches Potenzial sieht die Landesregierung, dass die negativen Umweltauswirkungen der Biomasseproduktion durch den Anbau der „Durchwachsenen Silphie“ verringert werden?
5. Welche Fördermaßnahmen wären anzupassen bzw. könnten genutzt werden, um den Anbau der „Durchwachsenen Silphie“ auf geeigneten, erosionsgefährdeten Standorten zu unterstützten?
6. Welche Erosionsschutzmaßnahmen, wie z. B. dauerhafte Bodenbedeckungen, wurden vonseiten der Landesregierung in den letzten Jahren im Bereich der Landwirtschaft aktiv gefördert (bitte nach Programmteilen aufschlüsseln)?


Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 30. Juli 2020 wie folgt beantwortet:

Vorbemerkung:
Die Durchwachsene Silphie ist mehrjährig und wird bis zu drei Meter hoch. Bislang eher von Gärtnern und Imkern geschätzt oder als Grünfutter für Kleintiere genutzt, rückt die Silphie in den letzten Jahren verstärkt als Energiepflanze in den Fokus. Ein hoher Flächenertrag und die Vorteile einer Dauerkultur machen sie zunehmend interessanter für die Biogasproduktion. Die Herausforderung besteht nach wie vor in einer Bestandsetablierung, die nur durch eine arbeits- und kostenintensive Pflanzung realisiert werden kann. Der Anbauumfang liegt für Deutschland bei derzeit mehr als 3 000 ha.

Die Durchwachsene Silphie ist relativ winterfest und gedeiht an leichteren Standorten. Allerdings braucht sie für hohe Erträge humose Böden mit einer guten Wasserführung. Staunasse Standorte sind nicht geeignet. Prinzipiell ist die Silphie über Saatgut oder Pflanzgut zu etablieren. Das Saatgut muss jedoch vorbehandelt werden, um die Keimfähigkeit zu erhöhen. Die Aussaat sollte von Mitte April bis spätestens Mitte Juni erfolgen, während eine Pflanzung bis Mitte Juli möglich ist. Die Pflanzung schafft außerdem einen Vorsprung vor den Unkräutern aufgrund ihrer Konkurrenzschwäche im ersten Jahr, ist jedoch arbeitsintensiv und teuer.

Die Flächenauswahl und -vorbereitung ist besonders wichtig. Aufgrund der geringen Konkurrenzfähigkeit der Jungpflanzen sollte eine meist mehrfache Unkrautkontrolle im ersten Jahr erfolgen. Ein feinkrümeliges, unkrautfreies Saat- bzw. Pflanzbett ist als Grundvoraussetzung erforderlich. Eine mechanische Unkrautkontrolle ist ebenfalls anzuraten. Ist der Bestand einmal geschlossen, kann auf weitere Unkrautbekämpfungsmaßnahmen verzichtet werden. Nach neuer Düngeverordnung ist bei einer Etablierung in Reinsaat im Anlagejahr keine N-Düngung mehr möglich, da der Bestand erst im Folgejahr geerntet wird. Ab dem zweiten Jahr beträgt der N-Bedarfswert für die Silphie 140 kg N/ha für einen mittleren Ertrag von 500 dt FM/ha (28 Prozent TS).

Die Biogasausbeute liegt deutlich unter der von Mais, der Futterwert der Durchwachsenen Silphie liegt etwa auf dem Niveau von Stroh. Der Geruch und die rauen Blätter erschweren die Akzeptanz als Futterquelle. Eine Verfütterung ist daher nur eingeschränkt sinnvoll.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die vorbezeichnete Kleine Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1:
Eine konkrete Anbaufläche für die Durchwachsene Silphie wird nach den Daten des Statistischen Landesamts nicht ausgewiesen, da sie unter dem Oberbegriff „Futterpflanzen“ geführt wird. Nach Angaben der staatlichen Beratung gibt es derzeit nur wenige Landwirte, die diese Kultur anbauen. Für Rheinland-Pfalz wird die Anbaufläche auf unter 100 ha geschätzt.

Zu Frage 2:
Alternative Anbaumethoden und neue Kulturen können eine Rolle hinsichtlich der Verringerung von

Erosion spielen. Neben der Durchwachsenen Silphie werden auch einige tropische Gräser als erosionsmindernde neue Kulturart diskutiert. Erosion entsteht im Zusammenspiel von Bodenart, der Hangneigung, der Hanglänge, der Witterung und der jeweiligen Anbaubedingungen. Dies bedeutet, dass die Erosionsgefährdung nicht nur über eine Kultur oder ein Anbausystem alleine beurteilt werden kann. Zur Erosionsbekämpfung unterstützt die Landesregierung deshalb über die staatliche Beratung und das Versuchswesen die Einführung und Nutzung von auf den Einzelfall abstimmbaren erosionsmindernden Systemen. Kulturarten wie die Durchwachsene Silphie, die im ersten Jahr erst spät den Boden bedecken, werden nur bedingt als erste Wahl bei der Erosionsminderung beurteilt. Das System Untersaat der Durchwachsenen Silphie in Mais wird hinsichtlich der Erosionsminderung zwar positiver beurteilt, ist allerdings deutlich aufwendiger in der Etablierung und wird deshalb von den Landwirten nicht gerne genutzt. Grundsätzlich haben Pflanzen, die im Ansaatjahr früh einen hohen Bedeckungsgrad erreichen, wie z. B. Gräser oder Kleegrasgemische, eine deutlich höhere erosionsmindernde Wirkung. Ergänzend hat die Landesregierung über das Landesamt für Geologie und Berg-bau (LGB) umfangreiches Kartenmaterial zur Erosionsgefährdung bei verschiedenen Arten der Bodenbedeckung erarbeitet und veröffentlicht.

Zu Frage 3:
Wie eingangs bereits ausgeführt, ist der Anspruch der Durchwachsenen Silphie an Boden und Nährstoffe relativ hoch, die Etablierung eines guten Bestands risikoreich, die Biogasausbeute geringer als bei Mais und der Futterwert gering. Aus diesem Grund wird den derzeit bekannten Sorten der Durchwachsenen Silphie keine große Bedeutung zugemessen. Möglicherweise könnte dies über eine entsprechende Züchtung mit leistungsfähigeren Sorten zukünftig anders bewertet werden.

Zu Frage 4:
Aufgrund der schlechten Biogasausbeute und des geringen Futterwerts ist mittelfristig nicht mit größerem Interesse am Anbau seitens der landwirtschaftlichen Praxis zu rechnen. Aus diesem Grund werden derzeit keine Auswirkungen auf die Biomasseproduktion durch den Anbau der Durchwachsenen Silphie erwartet.

Zu Frage 5:
Im Rahmen der Fördermaßnahme „Beibehaltung von Untersaaten und Zwischenfrüchten über den Winter“ könnte das Risiko der Bestandsetablierung im Ansaatjahr anteilig übernommen werden.

Zu Frage 6:
Über die Agrarumweltmaßnahmen bietet die Landesregierung seit vielen Jahren eine Vielfalt von Förderprogrammen an, die direkt oder indirekt zum Ziel haben, Erosion zu vermindern. Hierbei wird eine spezifische Bodenbedeckung gefördert, es werden Verfahren unterstützt, die geringere Belastung der Flächen zum Ziel haben, die speziell Grünland mit geringer Erosionsgefährdung unterstützen, eine vielfältige Fruchtfolge fordern oder insgesamt den Naturschutz auch im Hinblick auf Bodenschonung als Gesamtsystem betrachten.

Förderanträge können für die folgenden Programmteile gestellt werden:
– Einführung und Beibehaltung der ökologischen Wirtschaftsweise im Unternehmen,
– Umweltschonende Steil- und Steilstlagenbewirtschaftung,
– Anlage von Gewässerrandstreifen,
– Anlage von Saum- und Bandstrukturen,
– Beibehaltung von Untersaaten und Zwischenfrüchten über den Winter,
– Umwandlung von Acker in Grünland,
– Umweltschonende Grünlandbewirtschaftung im Unternehmen und tiergerechte Haltung auf Grünland,
– Grünlandbewirtschaftung in den Talauen der Südpfalz,
– Alternative Pflanzenschutzverfahren,
– Biotechnischer Pflanzenschutz im Weinbau,
– Vielfältige Kulturen im Ackerbau,
– Vertragsnaturschutz Grünland,
– Vertragsnaturschutz Kennarten,
– Vertragsnaturschutz Acker,
– Vertragsnaturschutz Weinberg sowie
– Vertragsnaturschutz Streuobst.

Am Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum in Bad Kreuznach wird darüber hinaus seit vielen Jahren ein Arbeitskreis „Pfluglose Bodenbearbeitung“ betreut, der sich in besonderem Maß dem Erosionsschutz widmet.


In Vertretung:
Daniela Schmitt
Staatssekretärin

 

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Jutta unterstützt die Aktion als Patin an der IGS Morbach und am Gymnasium Traben-Trarbach. Infos hier>>

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