Plenarrede

Planungsbeschleunigung – Mehr Tempo bei Infrastrukturprojekten – Drucksache 17/7042


Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die CDU hat heute einen Antrag „Planungsbeschleunigung – mehr Tempo bei Infrastrukturprojekten“ eingebracht. Sie beziehen sich auf den Kabinettsbeschluss vom 18. Juli, der auf Antrag des Bundesverkehrsminister zum Planungsbeschleunigungsgesetz gefasst wurde.

Fakt ist allerdings – das haben Sie jetzt gemerkt –, der endgültige Entwurf ist noch nicht dem Bundestag zugeleitet worden. Insofern ist Ihr Antrag schon an dieser Stelle abzulehnen. Denn wie soll sich die rheinland-pfälzische Landesregierung, selbst wenn sie wollte, einem Entwurf wohlwollend anschließen, den sie noch gar nicht kennt? Wie soll die rheinland-pfälzische Landesregierung, selbst wenn sie wollte,

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

einem Entwurf im Bundesrat zustimmen, der noch nicht einmal vom Bundestag beraten worden ist? – Müssen wir Ihnen tatsächlich erklären, wie parlamentarische Verfahren laufen?

Auf Seite 2 Ihres Antrags wird es sehr unübersichtlich. Sie werfen da wieder einmal alles zusammen, was Sie offensichtlich schon immer sagen wollten: A 643, B 10, Mainzer Ring. – Es fehlt die A 1, wenn ich mir den Hinweis erlauben darf. Die kommt doch sonst immer vor. Da haben aber gerade Ihre Kollegen in Nordrhein-Westfalen für einen Planungsstopp gesorgt. Vielleicht liegt es daran.

Sie haben nicht unrecht, wenn Sie die in Deutschland stattfindende Planungslangsamkeit beklagen. Es wurde schon darauf verwiesen, wir hatten das Thema schon einmal. Ja, die Planungslangsamkeit ist tatsächlich hinderlich. Übrigens nicht nur bei Straßenprojekten, sondern auch bei der Schieneninfrastruktur und bei Radwegen.

Der BUND hat schon vor einiger Zeit – ich habe das hier auch schon vorgetragen – Vorschläge vorgelegt, durch die bei bundesweit bedeutsamen Straßenprojekten die Planungszeit um rund die Hälfte von zehn auf fünf Jahre verkürzt werden könnte. Ich nenne sie Ihnen gerne noch einmal:

Erstens: Eine frühzeitige Bürgerbeteiligung ermittelt und bewertet Alternativen und die tatsächlichen Bedarfe – und nicht eine „Wünsch dir was“-Liste. Sie werden Teil einer Bundesnetzplanung, die klar priorisiert wird. Maßnahme eins!

Zweitens: Investitionsmittel werden klar auf Erhalt, Erneuerung, Engpassbeseitigung und Netzkomplettierung konzentriert. Projekte werden erst dann angefangen, wenn sie durchfinanziert sind. Keine Salamitaktik! Auch das würde einen Bau letztendlich verkürzen.

Drittens: Das Raumordnungsverfahren sollte aufgewertet werden, und die Linienbestimmung muss verbindlich sein unter Einschluss einer frühen Klagemöglichkeit und nicht erst am Ende, wenn schon viel Geld ausgegeben worden ist.

Die Krux ist: Die förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der Planfeststellung findet erst dann statt, nachdem die Planung detailliert ausgearbeitet und substanzielle Änderungen oder die Prüfung von Alternativen gar nicht mehr möglich sind. Deswegen ist jetzt eine frühzeitige Beteiligung für die Behörden fakultativ. Die Bürger haben kein Recht, früh beteiligt zu werden. Wenn man das ändert und eine frühe Bürgerbeteiligung tatsächlich rechtlich und gesetzlich festlegt, dann hätte man sich schon einmal den Schritt gespart, dass erst am Ende geklagt werden muss.

(Beifall des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Viertens: Natürlich müssen die Behörden auch personell und finanziell besser ausgestattet werden, um interdizisplinär verkehrsträgerübergreifende Teamarbeit und die Un- tersuchung und Bewertung moderner Mobilitätskonzepte – darum geht es letztendlich – zu ermöglichen.

Fünftens: Die Zusammenarbeit mit Umweltverbänden muss früh anfangen. Nur so können mögliche Naturschutzkonflikte früh erkannt und gemeinsam gelöst werden, und dies bei selbstverständlich voll umfänglicher Betrachtung und Beachtung des geltenden Naturschutzrechts. Eine auch von Ihnen immer wieder ins Spiel gebrachte Einschränkung der Umweltverträglichkeitsprüfungen lehnen wir entschieden ab.

Wir lehnen es genauso entschieden ab, wenn Sie die Rechte der Bürgerinnen und Bürger beschneiden wollen, wie die Kollegen das schon gesagt haben.

Eine Restriktion oder Einschränkung beispielsweise des Verbandsklagerechts – darauf reiten Sie auch wieder gerne herum – wird weder der Rechtsstaatlichkeit gerecht, noch wird das tatsächlich zu einer Beschleunigung der Prozesse führen. Wir sind sehr wohl dafür, dass zum Beispiel bei reinen Ersatzneubauten oder auch im Bereich Schiene – also beim Eisenbahn-Bundesamt (EBA), wenn es denn einmal mehr Personal bekommen würde – unter bestimmten Umständen auf eine weitere ausführliche Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet werden kann. Darüber kann man reden.

Jetzt zu Ihrem Lieblingsprojekt, der A 643. Wenn es Ihnen tatsächlich um eine ideologiefreie, rasche Umsetzung von Mobilität gehen würde, dann hätten Sie damals den Kom- promiss einer „4+2“-Lösung unterstützt.

(Glocke des Präsidenten)

Das haben Sie aber nicht. Kommen Sie einmal von Ihrem ideologischen Bagger herunter, und schauen Sie einmal genau hin, wie Sie den Menschen zu einer guten Mobilität verhelfen können. Jedenfalls nicht, indem Sie von der Landesregierung verlangen, Gesetze, die es noch gar nicht gibt, zu unterstützen. Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

 

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