Plenarrede

Beratung des Einzelplans 08 – Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau


Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zum Einzelplan 08 – Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau – Tourismus ist ja auch noch mit enthalten –, fange ich einmal mit dem Verkehr an. Da schon viel zum Straßenbau gesagt wurde, beginne ich mit dem ÖPNV. Dazu als Erstes eine gute Nachricht, aber auch eine Nachricht, die zeigt, welcher Prozess nötig ist, um tatsächlich mehr ÖPNV auf die Straße zu bringen:

Am 9. Dezember 2018 ging in der Vulkaneifel das ÖPNV-Konzept Nord an den Start. Die Planungen dazu hatten aber schon im Jahr 2012 begonnen. Gemeinsam mit dem Land, mit den Verbünden, mit den Kommunen wurde eine signifikante Angebotsausweitung und eine neue Systematik eingeführt mit dem Effekt, dass die Angebote im ÖPNV im ländlichen Raum in der Eifel zwischen Trier und Koblenz um 80 % steigen können.

Das, was die CDU in ihrem Entschließungsantrag „Förderung innovativer Verkehrsprojekte“ unter Punkt 7 zu einem zukunftsfähigen Mobilitätsangebot im ländlichen Raum fordert, bearbeiten wir Grünen in verschiedenen Koalitionskonstellationen also bereits seit sechs Jahren.

(Zuruf des Abg. Alexander Licht, CDU)

Liebe CDU, Ihr Entschließungsantrag an sich ist gar nicht schlecht, nur ist er ganz bestimmt nicht innovativ. So ganz ernst scheint Ihre neue Begeisterung für ÖPNV und Rad auch nicht gemeint zu sein. Es gibt nämlich weder zum ÖPNV noch zum Radverkehr ein Deckblatt. Also, nur Worte.

Die Systematik des Haushalts haben Sie vielleicht immer noch nicht richtig verstanden, wenn Sie in Ihrem Antrag Mittel für Neubauprojekte im Landesstraßenbauprogramm fordern, die zum Teil noch nicht einmal die Phase einer Studie überschritten haben – von Baurecht also noch meilenweit entfernt. Insofern können sie überhaupt noch nicht haushaltsrelevant sein.

Zurück zum ÖPNV. Die Investitionsmittel im Bereich des ÖPNV werden auf 37 Millionen Euro im Jahr 2019 und 41 Millionen Euro im Jahr 2020 gesteigert und können zum Beispiel auch für die Einrichtung und Modernisierung von Haltepunkten, für die Verbesserung der Infrastruktur sowie für die Reaktivierung von Bahnstrecken genutzt werden.

Außerdem – das haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, und es kommt jetzt zum Zuge – wird das Land ab dem Jahr 2020 die wegfallenden Entflechtungsmittel ersetzen und somit auch Planungssicherheit garantieren.

Im Landesbauprogramm – vielleicht auch dazu noch die Zahl – haben wir gegenüber dem Etat 2017/2018 für den Radverkehr 2,5 Millionen Euro mehr eingestellt, die bereits fest verplant sind. Dieser Topf hat einen Mittelaufwuchs von insgesamt 58 %.

Der noch hineinverhandelte Zusatzvermerk – dass die Ausgaben auf insgesamt 10 Millionen Euro erhöht werden können –, ist dem geschuldet, dass sofern Baurecht beispielsweise bei den Radschnellverbindungen, Pendlerradrouten in den nächsten zwei Jahren erfolgt, diese auch finanziert werden. Das zeigt, die Koalition setzt sich nicht nur mit Worten für innovative Verkehrsprojekte ein, sondern wir geben auch das nötige Geld dazu.

(Vereinzelt Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Ich möchte auch auf die kommunale Ebene hinweisen. Das ist immer völlig zu Recht ein Thema, das die CDU gerne hochhängt. Die Zuweisung an kommunale Baulastträger zum Bau und Ausbau von Radwegen – und zwar unabhängig von Straßenbaumaßnahmen – werden ebenfalls mit insgesamt 6 Millionen Euro gefördert. Ich bin immer wieder baff, dass viele Kommunen das überhaupt nicht wissen.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Ja, sagt das die Landesregierung nicht?)

Ansonsten kann man für die im Landesbauprogramm bereitgestellten Mittel feststellen, sie werden vorrangig für Instandhaltung und Sanierungsmaßnahmen ausgegeben.

Dass es der rheinland-pfälzischen Wirtschaft gut geht, zeigen die Statistiken und die Verlautbarungen der Unternehmen. Ein großes Problem – das wurde schon gesagt – stellt für uns, wie für andere Bundesländer auch, der Fachkräftemangel dar. Darauf reagiert die Regierungsvorlage, und die Koalitionsfraktionen haben auch noch einmal einen besonderen Fokus darauf gesetzt. Gerade im Handwerk macht sich der Fachkräftemangel bemerkbar, und deswegen sind wir da mit dem Aufstiegsbonus I und II noch einmal mit 6 Millionen Euro hineingegangen.

Wir begrüßen, dass Netzwerke wie Ecoliance oder EffNet zur Unterstützung von Unternehmen mit dem Fokus auf innovative Umwelttechnologien auch in diesem Haushalt jeweils eine Unterstützung von 170.000 Euro pro Jahr bekommen.

Ich will an dieser Stelle darauf aufmerksam machen, dass es glücklicherweise zunehmend gelingt, auch diejenigen, die zu uns geflüchtet sind, in Lohn und Arbeit zu bekommen. Hier fehlt uns aber das, was man als Spurwechsel bezeichnen könnte.

Betriebe haben sich sehr für Asylbewerber und Asylbewerberinnen engagiert, die ja oft über eine Qualifikation verfügen, die aber hier nicht anerkannt wird – und natürlich müssen sie auch erst einmal die Sprache lernen –, und ihnen Jobs gegeben, um sie anzulernen mit der Perspektive einer Übernahme oder auch einer weiteren Qualifizierung.

Und dann kommt plötzlich der Abschiebungsbescheid. So kann das mit der Integration, die gerade von den Betrieben geleistet wurde, nichts werden.

(Beifall der Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Cornelia Willius-Senzer, FDP – Abg. Joachim Paul, AfD: Doch, zu Hause! Die können doch zu Hause arbeiten!)

Hier braucht es dringend bundesgesetzliche Regelungen und ein Einwanderungsgesetz, aber leider ist der Spurwechsel nicht im Entwurf der Bundesregierung enthalten.

(Beifall der Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP)

Ach ja, und die AfD will den Titel „Maßnahmen der beruflichen Aus- und Weiterbildung vor dem Hintergrund der Fachkräftesicherung“ gleich ganz streichen. Da kann man sich wirklich fragen: Wie weit sind Sie denn eigentlich von der Wirtschaft entfernt?

(Vereinzelt Heiterkeit bei der AfD – Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

– #wirsindmehr.

An dieser Stelle möchte ich noch auf ein weiteres Deckblatt der AfD zum Einzelplan 08 eingehen. Es betrifft die Kürzung des Titels „Zuschüsse zur Förderung der ländlichen Bildungsarbeit“ im Punkt „Qualifizierung von Unternehmerinnen und weiblicher Fachkräften im ländlichen Raum“. Sie wollen dies streichen mit der Begründung, es bestehe keine Notwendigkeit zur Förderung von Frauen durch spezielle Angebote.

Auch in diesem Punkt haben Sie die Realität nicht erkannt. In den Unternehmen steigt der Bedarf an qualifizierten Fach- und Führungskräften. Das Ziel der Chancengleichheit ist deshalb nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit gegenüber Frauen, sondern es wird in Zukunft auch eine entscheidende Frage des Unternehmenserfolgs im Wettbewerb sein.

Es gilt deshalb grundsätzlich, die bereits bestehenden Möglichkeiten stetig und konsequent weiterzuentwickeln, um in Unternehmen schneller eine faktische Chancengleichheit von Frauen und Männern zu erreichen und damit letztendlich auch den grundgesetzlichen Auftrag zu erfüllen.

Mit ihrem Kürzungsantrag handelt die AfD also gegen den grundgesetzlichen Auftrag. Aber das ist ja nichts Neues. Ich frage mich wirklich nur, was eigentlich die drei Frauen in Ihrer Fraktion dazu sagen. Entweder haben Sie nichts zu sagen, oder Sie handeln wirklich sehr unsolidarisch gegenüber Ihren Geschlechtsgenossinnen.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Vorsicht, Vorsicht! – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Sie handeln sehr vernünftig! – Weitere Zurufe von der AfD)

Darüber kann ich nicht nur als wirtschaftspolitische Sprecherin den Kopf schütteln, sondern vor allen Dingen auch als frauenpolitische Sprecherin unserer Fraktion.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Sie können über sich selbst den Kopf schütteln!)

Ich komme zum Bereich Landwirtschaft und Weinbau und lege hier zunächst den Fokus auf den Ökolandbau. Bereits jetzt werden in Rheinland-Pfalz knapp 69.000 ha nach ökologischen Richtlinien bewirtschaftet. Das entspricht 10 % der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche und einer Flächenzunahme von 83 %

(Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

in diesem Bereich innerhalb von sieben Jahren. Das ist gut so; denn ökologisch bewirtschaftete Böden haben beispielsweise eine deutlich höhere Kapazität für das Speichern von CO 2 und Wasser und helfen somit auch beim Klima- und Hochwasserschutz.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Mit unserem Antrag „Nachfrage nach ökologisch erzeugten Produkten regional decken – Ökologische Landwirtschaft und Weinbau in Rheinland-Pfalz fördern“ wird deutlich gemacht, das 20-%-Ziel ist wichtig und richtig, und wir ver- folgen es weiter. Auch in unserem Entschließungsantrag „Nachhaltige Agrarwirtschaft – Garant für lebendige ländliche Räume“ wird deutlich, welche Rolle eine nachhaltige Landwirtschaft für den ländlichen Raum spielt.

Auch der Weinbau floriert, und besonders in diesem Jahr hat die Sonne die Reben verwöhnt, und der Fleiß der Winzerinnen und Winzer wurde belohnt. Aber das wird sich natürlich nicht auf Jahre hinaus so weiter lohnen können, wenn wir nicht gleichzeitig auf Klimaschutz achten.

Zunehmend – das ist gut – gibt es auch eine besondere Förderung gerade der Steil- und Steilstlagen, auch Unterstützung durch Mechanisierung und Digitalisierung.

Ich will Ihnen eines sagen – da gibt es auch überhaupt keine Dissonanz –: Biologische Vielfalt versus Bewirtschaftung ist Vergangenheit, weil alle Akteure an einem Strang ziehen müssen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Initiative „Lebendige Moselweinberge“ zur Steigerung der Biodiversität.

Zum Tourismus wurde schon viel gesagt. Ich kann das unterstreichen, was die Kollegen gesagt haben. Wir stehen vor Herausforderungen und Chancen, aber auch die existierenden Mängel und Aufgaben haben wir in unserem Zwischenbericht der Enquete-Kommission dargelegt. Deswegen ist es richtig und wichtig, dass der Bereich Tourismus in diesem Doppelhaushalt nachhaltig gefördert wird.

Man sieht gerade an diesem Haushalt, alles hängt mit allem zusammen:

(Glocke des Präsidenten)

Ohne gute Straßen und Verkehrswege haben wir keine florierende Wirtschaft

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

– inklusive des Tourismus –, und nur mit vorausschauenden und nachhaltigen Konzepten können Landwirtschaft und Weinbau auch noch die wirtschaftliche Grundlage nachkommender Generationen bilden.

Vielen Dank.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

 

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