Plenarrede

Frauen verdienen mehr: Gleiches Entgelt für gleiche und gleichwertige Arbeit unabhängig vom Geschlecht
Drucksache 17/1151


Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen undKollegen! Unseren Antrag „Frauen verdienen mehr: Gleiches Entgelt für gleiche und gleichwertige Arbeit unabhängigvom Geschlecht“ haben wir am 12. März eingereicht. Er sollte im März-Plenum rechtzeitig zum diesjährigen Equal Pay Day behandelt werden. Corona kam dazwischen.

Deswegen können wir erst heute diesen Antrag behandeln. Natürlich hat diese Corona-Krise auch im Hinblick auf die Situation von Frauen und auf die Erwerbsarbeit von Frauen ihre Spuren hinterlassen. Das sehen wir schon jetzt. Natürlich wird insofern auch die jetzige Situation Teil meines Beitrags sein.

Am 17. März 2020, dem Equal Pay Day, wurden die neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamts bekannt gemacht.Mit 20 % im Jahr 2019 war der Gender Pay Gap, also dergeschlechterspezifische Verdienstunterschied, nur minimalrückläufig, aber nach wie vor beschämend hoch. Die Kluftzwischen Frauen und Männern wird kaum geringer.

„Wie eine Schnecke auf Glatteis“, so beschrieb der frühere Bundeskanzler Willy Brandt die Entwicklung der Gleichstellung in Deutschland. Das war 1979. Meine Mutter hat gesagt: „Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen“; denn mit der Gleichberechtigung, der Gleichstellung und eben auch der gleichen Bezahlung geht es nur mühsam voran.

Die Coronakrise hat die Gleichberechtigung rapide ins Schleudern gebracht.

(Heiterkeit des Abg. Michael Frisch, AfD)

Die Vereinten Nationen reden von einer Schattenpandemie. Corona zieht in der Folge die zunehmend ungerechte Behandlung von Frauen nach. Die Corona-Pandemie betrifft uns alle, das möchte ich nicht bestreiten, aber Frauen ganz besonders.

Ich möchte auf eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung verweisen: „Rückschritt durch Corona. In der Pandemie verschärft sich die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern: Frauen reduzieren häufiger ihre Arbeitszeit, ihr Anteil an der Sorgearbeit nimmt noch weiter zu“. Das ist das, was die Hans-Böckler-Stiftung jetzt am 14. Mai geschrieben hat.

Zum Vergleich, als wir den Antrag eingebracht haben, hat die Hans-Böckler-Stiftung ebenfalls dieses Thema untersucht. Sie schrieb damals: Trotz Erfolgen noch viele Aufgaben. Frauen haben im Job aufgeholt. – Selbst diese kleine Aufforderung wird jetzt wieder infrage gestellt.

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Das betrifft die Gesundheit und die Sicherheit von Frauen, ganz besonders jetzt. 75 % der Pflegekräfte sind Frauen. Sie setzen sich tagtäglich, besonders in dieser Situation, einer erhöhten Ansteckungsgefahr aus. Die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und die existenziellen Sorgen vieler Familien können zu einem deutlichen Anstieg häuslicher Gewalt führen, das sehen wir auch schon in anderen Ländern. Die Leidtragenden sind eben meistens die Frauen.

Was uns mit dem Antrag besonders beschäftigt: Die finanzielle Unabhängigkeit vieler Frauen wird bedroht und wird durch die Corona-Krise noch weiter bedroht. Frauen, die oft in Jobs im Einzelhandel, Gastgewerbe und Tourismusarbeiten, sind und waren die Ersten, die von einer Entlassung oder von Kurzarbeit betroffen sind. Frauen arbeiten zu einem größeren Teil als Männer in prekären Beschäftigungsverhältnissen, in Minijobs. Dort haben sie noch nicht einmal die Chance auf Kurzarbeitergeld.

Die Pflege von Familienmitgliedern und die Kinderbetreuung übernehmen meistens Frauen – das auch schon vor Corona –, was sich auch auf die Rente auswirkt. Dazu das Stichwort „Altersarmut“.

Was sich durch Corona noch einmal ganz deutlich gezeigt hat: Wenn es früher hieß „Kinder, Küche, Kirche“, dann heißt es jetzt „Homeschooling, Homeoffice und Homekita“.

(Vereinzelt Heiterkeit im Hause)

Auch da sind die Frauen diejenigen, die am meisten betroffen sind. Diese Mehrfachbelastungen führen dazu, dass die Lohnunterschiede in der Coronakrise zwischen Frauen und Männern noch gewachsen sind.

Care-Arbeit ist die Arbeit, die vor allen Dingen Frauen übernehmen, und das Rückgrat der Gesellschaft. Denn weil Menschen erziehen, pflegen und sich in jeder Lebenslage auch um andere kümmern,

(Glocke des Präsidenten)

können wir als Gesellschaft überleben.

Letzter Satz: Wenn wir darüber reden, dass wir für Frauen eine Gleichheit auch bei Lohn und Erwerbsarbeit fordern, dann machen uns das andere Länder vor. Attraktive Führungspositionen sind möglich, auch in Teilzeit.

Aber gleichzeitig müssen die Vorraussetzungen geschaffen werden, dass mehr Männer Familienzeit bekommen.

Gerechtigkeit heißt 50 : 50 bei der Care-Arbeit und im Lohnbeutel.

Danke schön.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Sehr geehrter Herr Frisch, die Corona-Krise, auf die ich eben eingegangen bin, hat doch nur die Lage verschärft.

Wenn Sie sich ansehen, wie die Voraussetzungen sind für Frauen, die eine gute Ausbildung haben, die eine Führungsposition in Anspruch nehmen könnten, so wird das durch die strukturellen Benachteiligungen, die wir nach wie vor in dieser Gesellschaft haben, immer wieder konterkariert.

Da verdient der Mann mehr. Und dann ist er derjenige, auf den es nachher hinausläuft, dass er nach draußen geht, und die Frau bleibt zu Hause.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Was haben Sie denn für ein Frauenbild!)

Deswegen kritisieren wir auch das Entgelttransparenzgesetz, dass es im Moment noch nicht einmal die Chance gibt, dass tatsächlich klar wird, wer verdient für welche Arbeit gleichwertig oder eben auch nicht.

Diese strukturelle Ungleichheit zu beenden, genau darum geht es in unserem Antrag. Darum geht es auch der Landesregierung in ihren vielfältigen Maßnahmen. Aber wir erwarten noch mehr vom Bund, und vor allen Dingen erwarten wir, dass – ich habe es gesagt – die Arbeit gleichverteilt wird und gleichwertige Arbeit gleich bezahlt wird.

Da hängen wir immer noch meilenweit hinterher.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei der SPD – Abg. Michael Frisch, AfD: Dann bezahlen Sie doch einmal die Erziehungsarbeit zu Hause!)

 

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