Kleine Anfrage

der Abgeordneten Jutta Blatzheim-Roegler und Andreas Hartenfels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu Perflurierte Tenside (PFT) in Kanalisation und Angelgewässer in Binsfeld

und Antwort
des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten


Die Kleine Anfrage 2235 vom 14. März 2014 hat folgenden Wortlaut:
In Binsfeld (Landkreis Bernkastel-Wittlich, VG Wittlich-Land) sind sowohl in der Kanalisation als auch in einem Angelgewässer perflurierte Tenside (PFT) festgestellt worden. Die Regionalstelle Trier der SGD Nord riet inzwischen davon ab, Fische aus dem direkt neben der Airbase Spangdahlem befindlichen Teich zu verzehren.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über die festgestellten Verunreinigungen in der Kanalisation, Gewässer und im Angelteich von Binsfeld vor?
  2. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zum möglichen Verursacher der Verunreinigung vor?
  3. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zur Verunreinigung auch des Linsenbaches, in den der Überlauf des Fischteiches führt, vor?
  4. Der Linsenbach ist bei Kindern als Spielmöglichkeit beliebt. Gibt es Hinweise auf eine unmittelbare Gefährdung durch Kontakt mit PFT-belasteten Gewässern?
  5. Werden weitere Gefährdungspfade im Umfeld abgeprüft z. B. Auswirkungen auf das Grundwasser?
  6. Welche Folgewirkungen auf Mensch und Natur können von den inzwischen festgestellten PFT-Verunreinigungen ausgehen?
  7. Sind in Rheinland-Pfalz weitere problematische Standorte von PFT-Altlasten bekannt?


Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 4. April 2014 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1:
Es liegen Daten der Verbandsgemeindewerke Wittlich-Land zu Untersuchungen im Kanalsystem der Ortslage Binsfeld und des Binsfelder Weihers vor. Mit den Untersuchungen werden Verunreinigungen mit PFT nachgewiesen. Anlass waren Überschreitungen des PFT-Grenzwertes der Düngemittelverordnung im Klärschlamm der kommunalen Kläranlage Kailbachtal. Der Klärschlamm konnte daher nicht mehr landwirtschaftlich verwertet werden, sondern wird seit 2013 thermisch entsorgt.

Die festgestellten Verunreinigungen im Binsfelder Weiher liegen bei etwa 3 μg/l in der Summe aus Perfluoroctansulfonat/Perfluoroctansäure (PFOS/PFOA). Im Sediment des Teiches wurden Konzentrationen bis zu 61μg/kg Trockensubstanz (TS) festgestellt. Im Rahmen der Gewässerüberwachung des Landes Rheinland-Pfalz werden seit 2011 auch im Umfeld des Flugplatzes Spangdahlem Untersuchen zu PFT durchgeführt. Hierbei sind im Linsenbach Werte von etwa 0,5 μg/l PFOS/PFOA und bis 1,935 μg/l für die Summe der PFT-Verbindungen gemessen worden.

Zu Frage 2:
Aufgrund der räumlichen Nähe zu ehemaligen Feuerlöschübungsplätzen und weiteren Verwendungsstellen für Löschschäume auf dem Flugplatz Spangdahlem sowie der örtlichen Verhältnisse besteht der Verdacht, dass die Verunreinigungen im Bereich des Binsfelder Weihers ursächlich von diesen Flächen stammen. Nach Mitteilung der US-Streitkräfte werden auf dem Flugplatz Spangdahlem seit dem Jahr 2010 nur noch Feuerlöschschäume verwendet, deren PFOS-Gehalte unter der zulässigen Konzentration liegen.

Zu Frage 3:
Auf die Antwort zu Frage 1 wird hingewiesen. Zudem ist aus Untersuchungen des Flugplatzbetreibers bekannt, dass über ein Regenrückhaltebecken PFT-haltiges Niederschlagswasser in den Linsenbach eingeleitet wird. Zur genaueren Bewertung des Sachverhaltes werden weitere Untersuchungen durchgeführt.

Zu Frage 4:
Auf der Basis von TDI-Werten (Tolerable Daily Intake: Menge eines Stoffes, die ein Mensch, ganz gleich welchen Alters, ein Leben lang jeden Tag ohne Gefährdung der Gesundheit aufnehmen kann) und der vorliegenden PFT-Werte zum Wasser des Linsenbaches wurden die Expositionsszenarien „Verschlucken kontaminiertes Wasser und dermale Aufnahme beim Planschen von Kindern“ als worst-case betrachtet. Im Ergebnis ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von einer Gefährdung der menschlichen Gesundheit beim Spielen von Kindern am Linsenbach auszugehen.

Zu den Fragen 5 und 6:
An einer Grundwassermessstelle unmittelbar am Binsfelder Weiher wurden PFT-Belastungen von den VG-Werken festgestellt. Das Grundwasser wird im Bereich Binsfeld jedoch nicht für die öffentliche Trinkwassergewinnung genutzt. Den zuständigen Behörden sind in Binsfeld zudem keine Kleinanlagen (Eigenversorger Trinkwasser) bekannt. Die Untersuchung des Rohwassers eines mehrere Kilometer entfernt liegenden öffentlichen Trinkwasserbrunnens zeigte keine Auffälligkeiten. Bereits 2013 wurde vom Fachbereich Veterinärdienst und Lebensmittel der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich vom Verzehr der Fische aus dem Binsfelder Weiher abgeraten.

In Fließgewässern ist im Allgemeinen mit der Bioakkumulation von PFT in Fischen und weiteren Wasserlebewesen zu rechnen. Grundsätzlich kann es bei der mehrjährigen Verwendung von kontaminiertem Bachwasser zur Bewässerung zu einer Anreicherung von PFT im Boden bzw. in Pflanzen kommen. Sachverhaltsermittlungen zu möglicherweise relevanten Gefährdungspfaden werden bei Bedarf in Abhängigkeit von den noch ausstehenden Gewässeruntersuchungen konkretisiert.

Zu Frage 7:
Durch die Verwendung von PFT in Feuerlöschmitteln oder in der Industrie (Galvaniken, Imprägnierung von Textilien, Dichtungen, Beschichtungen) können diese Substanzen in Kläranlagen bzw. im Klärschlamm nachgewiesen werden. Dementsprechend werden PFT auch in Fließgewässern festgestellt, in mitunter stark schwankenden Konzentrationen bis in den einstelligen μg/l-Bereich (Lauter, Lauterecken).

Zur PFT-Belastung von kommunalen Klärschlämmen liegen keine umfassenden Erkenntnisse vor. Aus verschiedenen Verbandsgemeinden sind Probleme bekannt geworden. Dies betrifft z. B. die Kläranlagen der Verbandsgemeinden Landstuhl und Bruchmühlbach-Miesau (Kreis Kaiserslautern) sowie Glan-Münchweiler und Wolfstein (Kreis Kusel). Im Fall des Klärschlamms aus der Kläranlage Landstuhl wurden im November 2010 PFT-Gehalte von 0,659 mg/kg festgestellt, womit der Grenzwert für die bodenbezogene Verwertung von 0,1 mg/kg deutlich überschritten wurde. Der Klärschlamm aus der Kläranlage Landstuhl wird seither thermisch entsorgt.

Gewässerverunreinigungen durch PFT sind im Bereich von (ehemaligen) Militärflugplätzen bekannt (Bitburg, Spangdahlem, Ramstein). Es dürfte sich dabei um „Ausblutungen“ von Feuerlöschübungsplätzen handeln, wobei z. B. unterhalb des Flughafens Ramstein die Konzentration im Glan (unterhalb der Einmündung des Mohrbachs) im Sommer 2013 wie bereits 2011 über 0,1 μg/l (PFOS) lagen (Spitzen bis 0,35 μg/l PFOS). PFT-Belastungen sind schwerpunktmäßig auf der Ramstein Airbase (Kreis Kaiserslautern) und in angrenzenden Gebieten festgestellt worden. Die Ursachen liegen im Einsatz PFT-haltiger Löschschäume. Diese wurden in der Vergangenheit sowohl bei Bränden wie auch bei Feuerlöschübungen eingesetzt. Mittlerweile sind laut Auskunft der Umweltabteilung der Airbase in allen Feuerlöschfahrzeugen und Feuerlöschanlagen PFT-haltige Löschschäume gegen PFT-freie ausgetauscht worden. Die Restbestände an PFThaltigen Mitteln wurden bis Anfang 2011 ordnungsgemäß entsorgt.

Am 31. Mai 2011 hat sich die Airbase als „PFT-frei“ erklärt, wobei allerdings nur die seit 2011 nicht mehr zulässigen PFOS-haltigen Schäume gemeint sind. PFT-Belastungen durch die Ramstein Airbase wurden in nahezu allen in das laufende Grundwasseruntersuchungsprogramm aufgenommenen Messstellen nachgewiesen. Die Werte liegen grundsätzlich im Bereich kleiner 1 μg/l, im Bereich der Tankgruppe SW sowie im Abstrom der Ramp deutlich höher mit Werten von 12,4 μg/l bis 156,5 μg/l.

Der Parameterumfang des seit 2008 laufenden Grundwasserüberwachungsprogramms zur Überwachung der Gewässergüte an drei Messstellen außerhalb und drei Messstellen innerhalb der Airbase wurde Anfang 2011 um den Parameter PFT ergänzt. Die bis jetzt vorliegenden Ergebnisse zeigen sowohl im Zustrom als auch im Abstrom PFT-Einflüsse im Oberflächenwasser; die höchsten bisher gemessenen Werte liegen allerdings im zentralen Bereich der Airbase.

Die PFT-Belastung durch Einsatz PFT-haltiger Löschmittel hat sich im Übrigen bei Bränden oder Brandschutzübungen in verschiedenen Fällen realisiert. Beispielhaft seien aufgeführt:

  • Oktober 2008: Großbrand des Reifenlagers der Fa. GEWE in Rodenbach (Kreis Kaiserslautern). Die Boden- und Oberflächenwassersanierung ist weitgehend abgeschlossen. Die Grundwassersanierung, insbesondere im Hinblick auf die Trinkwasserversorgung, läuft.
  • März 2009: Brand der Lagerhalle eines lederverarbeitenden Betriebs in Waldfischbach-Burgalben (Kreis Südwestpfalz). Das PFTbelastete Löschwasser konnte über Kanalisation und Notfallbecken abgefangen und einer abwassertechnischen Behandlung zugeführt werden.
  • Juni 2010: Brand eines Lagerplatzes für Autowracks und Altfahrzeuge in Schönenberg-Kübelberg (Kreis Kusel). Das PFT-belastete Löschwasser konnte über Kanalisation und Notfallbecken abgefangen und einer abwassertechnischen Behandlung zugeführt werden.
  • November 2011: Brand eines Elektroschrottlagers der Fa. Alba in Lustadt (Kreis Germersheim). Die Auswirkung des eingesetzten PFT-haltigen Löschmittels auf den Boden, das Grundwasser, das Oberflächengewässer und die Fischpopulation wird in einem mehrstufigen Untersuchungsverfahren geprüft.
  • Juli 2013: Großbrand eines Altreifenlagers in Lingenfeld (Kreis Germersheim). Die Analyse des Löschwassers ergab PFT-Werte von 0,044 μg/l und 0,22 μg/l. Das Löschwasser wurde aufgefangen und einer abwassertechnischen Behandlung in der Kläranlage der BASF zugeführt.

Ulrike Höfken
Staatsministerin

 

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