Kleine Anfrage

der Abgeordneten Daniel Köbler, Jutta Blatzheim-Roegler, Gunther Heinisch und Dr. Dr. Rahim Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu Naturschutzbelange beim Ausbau der A 643

und Antwort des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur

Die Kleine Anfrage 2863 vom 26. November 2014 hat folgenden Wortlaut:
Die Landesregierung Rheinland-Pfalz hat den Ausbau der A 643 zwischen Mainz-Mombach und dem Autobahnkreuz Mainz mit der sogenannten „4+2“-Lösung zum Bundesverkehrswegeplan 2015 angemeldet. Der Bund hat dem Land Rheinland-Pfalz unterdessen eine Weisung zum Ausbau auf sechs Spuren zuzüglich Standstreifen erteilt.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Welche Unterschiede in den Ausmaßen der Fahrbahnbreite bestehen zwischen der vom Land Rheinland-Pfalz gemeldeten und der vom Bund angewiesenen Ausbauplanung?
  2. Welche naturfachlichen Auswirkungen hat die vom Bund erteilte Weisung für den Ausbau auf sechs Spuren zuzüglich Standstreifen?
  3. Ist nach Auffassung der Landesregierung bei der Ausbauplanung des Bundes als Eingriffsverursachers das verpflichtende Vermeidungsgebot nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) hinreichend berücksichtigt worden?
  4. Können nach Meinung der Landesregierung die durch die Ausbauplanung des Bundes im Bestand bedrohten Schutzgebiete (u. a. Binnendünen) an anderer Stelle wiederhergestellt werden, bzw. ist eine ersatzlose Zerstörung der bestehenden Schutzgebiete nach § 30 BNatSchG rechtlich zulässig?
  5. Sind die bei einem Ausbau auf sechs Spuren zuzüglich Standstreifen erforderlichen Lärmschutzwände vereinbar mit dem Schutzgut Landschaftbild im Landschaftsschutzgebiet „Rheinhessisches Rheingebiet“?


Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 18. Dezember 2014 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1:
In der Machbarkeitsstudie für eine temporäre 4+2 Verkehrsführung ist ein Sonderquerschnitt (SQ) 30,60 vorgesehen. Ein sechsstreifiger Ausbau sieht einen SQ 35,60 vor. Die vorgeschlagenen Abweichungen von den Regelquerschnitten (RQ) 31 bzw. RQ 36 gemäß der Richtlinie für die Anlage von Autobahnen (RAA) wurden mit dem Ziel vorgenommen, Eingriffe in die Naturschutz-/Vogelschutz- und FFH-Gebiete zu vermeiden oder zumindest zu minimieren.

Daher würden in einem etwa 800 Meter langen Bereich der A 643 keine regelkonformen Böschungen ausgebildet, sondern an beiden Fahrbahnrändern Stützbauwerke errichtet (Gabionenwände beziehungsweise eine Integration der Stützkonstruktion in die Lärmschutzwand). Der Mittelstreifen könnte ebenfalls zur Eingriffsminimierung bei beiden Verkehrsführungen von fünf Meter auf drei Meter verringert werden.

Durch das Abfangen der Böschung mit Gabionenwänden bliebe die Böschungsoberkante des Straßenkörpers bei beiden Verkehrsführungen gegenüber dem Bestand in weiten Teilen unverändert. Somit ergäbe sich beim sechsstreifigen Ausbau im Vergleich zur 4+2 Verkehrsführung eine Verbreiterung von jeweils 2,50 Meter innerhalb des insgesamt bereits vorhandenen Straßenkörpers.

Im Bereich der Vorlandbrücke ist bei beiden Verkehrsführungen – 4+2 und 6+2 – der Neubau einer zweiten Vorlandbrücke zur Aufnahme der Richtungsfahrbahn Mainz erforderlich, weil die vorhandene Vorlandbrücke keine Standstreifen aufweist und die Querschnittsbreite nicht ausreicht, um sie zu einer 4+2 Verkehrsführung für beide Richtungen umzumarkieren. Beide Verkehrsführungen orientieren sich am Querschnitt RQ 36B gemäß RAA, so dass es unter dieser Annahme keine Unterschiede in den Abmessungen der Fahrbahnbreiten gäbe.


Zu Frage 2:
Die Weisung des Bundesverkehrsministeriums bezieht sich auf die Vorlage der Entwurfsplanung für den sechsstreifigen Ausbau zwischen der Anschlussstelle (AS) Mainz-Gonsenheim und der AS Mainz-Mombach. Für den Ausbau der A 643 auf 6+2 Fahrstreifen würden in der Summe etwa 13 Hektar Fläche überplant, dabei ist von einer Neuüberbauung von ca. 8,4 Hektar auszugehen, wovon allein ca. 2,7 Hektar zu Lasten der neu zu errichtenden Vorlandbrücke gingen.


Die anlage- und baubedingten Flächeninanspruchnahmen im Bezugsraum des Mombacher Ober- und Unterfeldes würden danach ca. 5,66 Hektar betragen. Sie verteilen sich dort auf Streuobstbrachen und -wiesen, Grünländer, Ruderal- und Hochstaudenflure sowie wärmeliebende Gebüsche und andere Gehölze. Im Bezugsraum des Mainzer Sandes beliefen sich die anlage- und baubedingten Flächeninanspruchnahmen ausweislich des landschaftspflegerischen Begleitplanes auf ca. 2,75 Hektar. Sie verteilen sich hauptsächlich auf deckungsreiche Straßenböschungen, Gehölzsäume, Brombeerdickichte und Gehölzstrukturen sowie in geringerem Maß (ca. 0,27 Hektar) auf Trockenrasentypen.


Zu Frage 3:
Im Planungsverlauf des Projektes ist, entsprechend den rechtlichen Vorgaben zur Ermittlung einer umweltverträglichen Trassenführung und ausgehend von der Lage der bestehenden Trasse, als erster Schritt im Jahr 2006 eine Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) erarbeitet worden. Im Ergebnis der UVS wird, in Fließrichtung des Rheins betrachtet, eine oberstromig der bestehenden A 643 gelegene Führung präferiert. Im Rahmen der weiteren Planung wurde diese unter Beachtung des Vermeidungsgebots nach § 13 BNatschG einem weiteren gesonderten Variantenvergleich unterzogen.

Dabei wurden vier Grundvarianten zu Trassenführungen hinsichtlich ihrer Eingriffserheblichkeit überprüft. Zusätzlich wurden die ersten drei Grundvarianten zu jeweils einer weiteren Variante optimiert und alle Varianten einander gegenübergestellt. Für die favorisierte Trasse wurde eine landschaftspflegerische Begleitplanung mit Artenschutzbeitrag, VSG-Verträglichkeitsprüfung, FFH-Verträglichkeitsprüfung und FFH-Ausnahmeprüfung aufgestellt. Im Rahmen dieser Unterlagen wurden auch die gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich des Vermeidungsgebotes hinreichend berücksichtigt. Eine abschließende naturschutzfachliche Prüfung und Bewertung dieser Unterlagen erfolgt im Planfeststellungsverfahren.


Zu Frage 4:
Trotz Trassenoptimierung können unvermeidbare Eingriffe in naturschutzrechtlich geschützte Biotope nach § 30 BNatschG sowie erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des FFH-Gebietes „Kalk-Flugsandgebiet Mainz-Ingelheim“ nicht ausgeschlossen werden. Zur Kompensation dieser Konflikte ist in der landschaftspflegerischen Begleitplanung ein Maßnahmenbündel ausgewiesen, das auch eine FFH-Ausnahmeprüfung vorsieht. Zu einer ersatzlosen Zerstörung von naturschutzrechtlich geschützten Biotoptypen und Lebensräumen kommt es deshalb nicht.


Zu Frage 5:
Die für einen adäquaten Lärmschutz möglichen und erforderlichen Maßnahmen – bzw. Maßnahmenkombinationen (Lärmschutzwände und/oder geräuschmindernde Fahrbahnbeläge bzw. Geschwindigkeitsbeschränkungen) – sind im Planfestellungsverfahren zu ermitteln und die möglichen Auswirkungen mit anderen Belangen (z. B. Verkehrssicherheit, Landschaftsbild, Naturschutz) abzuwägen. Kommen nach Abwägung aller Belange als Maßnahme nur Lärmschutzwände in Frage, können diese eine Höhe von bis zu acht Metern erreichen.

Trotz aller vorgesehenen Integrations- und Gestaltungsmaßnahmen – selbst in dem vollflächig mit Siedlungs- und Verkehrsflächen überformten Siedlungsgebiet der Stadt Mainz – würde deren Sichtbarkeit grundsätzlich verbleiben. Die Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes können gemäß landschaftspflegerischem Begleitplan im betroffenen Landschaftsraum nicht kompensiert werden, sodass eine Neugestaltung des Landschaftsbildes im Maßnahmenraum „Am Geiersköpfel“ durchgeführt werden soll. Damit wird den gesetzlichen Anforderungen nach § 15(2) BNatSchG Rechnung getragen.

In Vertretung:
Randolf Stich
Ministerialdirektor

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