Kleine Anfrage

der Abgeordneten Jutta Blatzheim-Roegler (BÜNDIS 90/DIE GRÜNEN) zu Tempo-30-Strecken – Pilotprojekte zum Umgebungslärmschutz

und Antwort des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur


Die Kleine Anfrage 3040 vom 29. Januar 2015 hat folgenden Wortlaut:
Im Rahmen der modellhaften Geschwindigkeitsbeschränkungen an innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen für die Lärmaktionsplanung des runden Tisches Lärm erfolgte angesichts der positiven Ergebnisse in Herxheimweyher und in Kandel die dauerhafte Genehmigung einer entsprechenden Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Bundesstraße 427/Rhein straße in Kandel. Eine überparteiliche Bürgerinitiative (Kandel 30) hatte sich seit 2012 dafür eingesetzt. Nach einer wissenschaftlich begleiteten Versuchsphase vom 1. März 2014 bis 31. Januar 2015 und aufgrund der dort gewonnenen Erkenntnisse wurde jetzt die Tempo-30-Regelung zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr genehmigt. Die Nachfrage weiterer Gemeinden nach Ein führung von Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Hauptverkehrs straßen ist ungebrochen. Kommunen sollen bei gesundheitsbeeinträchtigenden Lärmpegeln von 65 Dezibel am Tag und 55 Dezibel in der Nacht Lärmaktionspläne mit wirksamen Maßnahmen aufstellen. Dabei sind Tempo- 30-Strecken zügig umzusetzen.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Wie sind die bisherigen Erkenntnisse und wie ist der jeweilige Verfahrensstand bei den Kommunen, die sich an den Pilotprojekten zur Umsetzung von Tempo 30 auf innerörtlichen Landes- und Bundesstraßen beteiligen oder beteiligen wollen?
  2. Welche positiven Effekte für die Gesundheit und die Lebens- und Wohnqualität der Anwohnerinnen und Anwohner sind durch die Einrichtung von Tempo-30-Strecken zu erwarten?
  3. Welche Schlussfolgerungen werden aus den Ergebnissen der Tempo-30-Strecken gezogen?
  4. Durch welche Maßnahmen kann eine bessere Lärmminderung dauerhaft erreicht oder gewährleistet werden?

 

Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 23. Februar 2015 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1:
Derzeit werden sieben Pilotprojekte durchgeführt. Das Pilotprojekt zu Tempo 30 auf Grundlage der Straßenverkehrsordnung in Kandel ist bereits abgeschlossen, ebenso das Pilotprojekt zur Vorbereitung der Lärmaktionsplanung in Herxheimweyher. Die Pilotprojekte zur Lärmaktionsplanung in Mainz, Speyer und Trier sind im Gange. Auch Koblenz und Bad Kreuznach wollen sich an den Pilotprojekten beteiligen, die nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung erforderliche Zustimmung der Oberen Straßenverkehrsbehörde steht noch aus.

Beim „Runden Tisch Lärm“ am 4. Dezember 2014 wurden Ergebnisse vorgestellt. Die Beispiele der abgeschlossenen Modellversuche in Herxheimwehyer und Kandel haben gezeigt, dass an hochbelasteten innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Tempo 30 bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen und einer sachgerechten Ermessensausübung möglich sind. Die Geschwindigkeitsreduzierung von 50 auf 30 km/h kann eine Verringerung des Lärmpegels bewirken, der bis zu dem Effekt führt, der bei der Halbierung der Verkehrsmenge entsteht.

In Kandel konnte aufgrund der durchgeführten Lärmberechnung nachgewiesen werden, dass die in den Lärmschutzrichtlinien-StV genannten Richtwerte überschritten sind und die Lärmbelastung um mehr als 2,1 Dezibel zurückgeht. Die Überschreitung des Richtwertes konnte allerdings nur nachts nachgewiesen werden. Deshalb wird die Geschwindigkeitsbegrenzung dauerhaft nachts von 22 Uhr bis 6 Uhr eingeführt. In jedem einzelnen Fall sind daher die unterschiedlichen Verhältnisse und Interessen zu betrachten und abzuwägen.

Zu Frage 2:
Lärm erhöht mit höheren Pegeln zunehmend u. a. die Risiken für Herz-Kreislauferkrankungen wie Bluthochdruck und Herzinfarkte, führt zu Leistungsbeeinträchtigungen und Lernstörungen bei Kindern. Nach der WHO sind Schlafstörungen und chronische Lärmbelästigungen dabei die beiden schädlichsten Auswirkungen. Gemeinsam ist allen Wirkungen, dass die Schädlichkeit mit jeder Lärmerhöhung zunimmt. Umgekehrt nützt jede Lärmminderung deshalb der Gesundheit und dem Wohlbefinden. Das gilt auch unabhängig davon, ob die Veränderungen bewusst wahrgenommen wird oder nicht. Die Anwohner können besser schlafen, wenn die Anzahl und die Höhe von Lärmspitzen reduziert werden. Wie beim Fluglärm führen weniger Lärmspitzen seltener zu bewusstem Aufwachen und seltener zu unbewussten Aufwachreaktionen.

In Kandel konnte ganz konkret ein positiver Effekt durch eine Lärmreduzierung um mindestens 2,1 Dezibel auch durch die begleitenden Lärmmessungen bestätigt werden. Die dabei durchgeführten Befragungen lassen eine größere Zufriedenheit mit der Wohnumgebung und eine geringere Belästigung und Störwirkung durch Straßenverkehrslärm erkennen. Der Verkehr bei Tempo 30 wird als leiser eingeschätzt.

Auch in Herxheimweyher führt die Maßnahme objektiv zu Verbesserungen, die positiv wahrgenommen werden. Das Wohnumfeld wird auch als sicherer empfunden.


Zu Frage 3:
Die Pilotprojekte zur Vorbereitung der Lärmaktionsplanung bestätigen, dass straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen vergleichsweise kostengünstig durchgeführt werden und wirksam sein können. Sie sind Maßnahmen, die sich für die Lärmaktionsplanung der Kommunen bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen eignen können. Die gewonnenen Erkenntnisse werden in eine Handreichung für die Verkehrsbehörden einfließen. Damit soll insbesondere interessierten Kommunen, die keine Lärmaktionspläne aufstellen, verdeutlicht werden, welche Schritte und inhaltliche Prüfungen durchzuführen sind, um solche Anordnungen außerhalb von Lärmaktionsplänen, die nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz aufzustellen sind, rechtssicher treffen zu können.


Zu Frage 4:
Die bisherigen Erkenntnisse haben gezeigt, dass die Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzungen nur dann sichergestellt werden kann, wenn flankierend im Interesse eines verbesserten Lärmschutzes und einer verbesserten Sicherheit vor allem nachts eine regelmäßige Geschwindigkeitsüberwachung stattfindet oder geschwindigkeitsdämpfende bauliche Veränderungen im Straßenraum vorgenommen werden.


Roger Lewentz
Staatsminister

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