Kleine Anfrage 17/2886

der Abgeordneten Dr. Bernhard Braun und Jutta Blatzheim-Roegler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) - Drucksache 17/3070 -
Bodenversiegelung und Verkehrsbelastung durch die Ansiedlung eines Unternehmens im Industrie- und Gewerbegebiet „Am Römig“, Frankenthal


Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/2886 – vom 25. April 2017 hat folgenden Wortlaut:

Die Stadt Frankenthal hat ein vor Ort umstrittenes Industriegebiet („Am Römig“) in einer Größenordnung von rund 56 Hektar ausgewiesen. Weiterhin wurden in unmittelbarer Nähe 43 Hektar eines umstrittenen Gewerbegebiets auf Ludwigshafener Gemar- kung („Nördlich A 650“) ausgewiesen. Die Verkehrsinfrastruktur soll sich entsprechend der Ansiedlung von Unternerhmen den Bedürfnissen anpassen. Nun soll sich im Industriegebiet „Am Römig“ neben anderen Unternehmen der Online-Versandhändler Amazon ansiedeln.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Wie ändern sich die Verkehrsbelastungen im Straßennetz im Falle der Ansiedlung des Logistikers Amazon im Gebiet „Am Römig“ im Vergleich dazu, wenn Amazon sich dort nicht ansiedeln würde?
2. Welche Änderungen im Straßennetz sind im Zuge der Neuansiedlung von Amazon angedacht bzw. geplant?
3. Wie hoch sind die voraussichtlichen Baukosten und zusätzlichen Unterhaltskosten für Bund, Land und Kommune für die an- gedachten Änderungen im Straßennetz, zum einen für die Neuansiedlung von Amazon und zum anderen für das Industrie- und Gewerbegebiet generell?
4. Liegen der Landesregierung Informationen hinsichtlich der durch das Industrie- und Gewerbegebiet bedingten zu erwartenden Lärm- und Schadstoffbelastung für die Menschen in angrenzenden Kommunen vor?
5. Welche Informationen liegen der Landesregierung hinsichtlich der detaillierten Funktion sowie der Qualität der Böden vor, die in diesem Gebiet versiegelt werden und für die landwirtschaftliche Nutzung nicht mehr zur Verfügung stehen?
6. Wie wurden die Vorgaben des Umwelt- und Artenschutzes bei der Planung und Umsetzung der Industrie- und Gewerbegebiete beachtet und welche konkreten Befunde erbrachte die entsprechenden Untersuchungen?
7. Wie hoch ist die Flächenversiegelung (Hektar) für das Industrie- und Gewerbegebiet?

Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 15. Mai 2017 wie folgt beantwortet:

Die Städte und Gemeinden gestalten ihre Flächenentwicklung im Rahmen der ihnen verfassungsmäßig gegebenen kommunalen Planungshoheit als Selbstverantwortungsaufgabe. Sie unterliegen dabei der Rechtsaufsicht höherer Verwaltungsbehörden und der Normenkontrolle der Justiz. Bei der Bauleitplanung beachten sie die Ziele der Raumordnung, die sich aus Raumordnungsplänen ergeben, und berücksichtigen öffentliche und private Belange. Dies findet im Rahmen der Bauleitplanung, das heißt in der Aufstellung von Flächennutzungs- und Bebauungsplänen, statt.

Im landesübergreifenden Einheitlichen Regionalplan Rhein-Neckar aus dem Jahre 2014 ist der Bereich der Flächen „Am Römig“ und „Nördlich der A650“ als „Vorranggebiet für Industrie, Gewerbe, Dienstleistung, Logistik“ ausgewiesen.

Auf der Gemarkungsfläche der Stadt Frankenthal ist im gültigen Flächennutzungsplan aus dem Jahre 1998 die Fläche „Am Römig“ bereits als gewerbliche Baufläche dargestellt. Auf der Gemarkungsfläche der Stadt Ludwigshafen ist im gültigen Flächennutzungsplan aus dem Jahre 1999 die Fläche „Nördlich der A 650“ ebenfalls entsprechend kartiert. Nach Mitteilung der Städte kamen die Flächennutzungs- bzw. Bebauungspläne entsprechend der abgestuften Planungssystematik in einer sachgerechten Abwägung sämtlicher relevanter Belange und unter Einhaltung der gesetzlichen Verfahrens-, Beteiligungs- und Genehmigungsvorgaben zustande.

Für das Frankenthaler Gebiet „Am Römig“ besteht ein rechtskräftiger Bebauungsplan. 

Für die Ludwigshafener Fläche „Nördlich A650“ wurde eine verbindliche Bauleitplanung bisher nicht aufgestellt, da die Stadt Ludwigshafen nach eigenen Angaben die Flächen nicht als Angebotsplanung auf dem Gewerbeflächenmarkt anbietet, sondern nachfrageorientiert für die Ansiedlung von regional bedeutsamen produzierenden und verarbeitenden Gewerbebetrieben vorhält.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1:
Für die Gewerbegebiete nördlich und südlich der L 527 wurde gemäß der üblichen Vorgehensweise eine verkehrstechnische Untersuchung durchgeführt. Im Rahmen dieser Untersuchung wurden für die Bemessung richtliniengemäße Verkehrsmengen angesetzt. Eine individuell und speziell auf bestimmte Firmen abgestimmte Verkehrsbelastung wurde nicht zugrunde gelegt.

Inwieweit sich die Verkehrsbelastungen im Straßennetz im Falle einer Ansiedlung von Amazon tatsächlich gegenüber der für das Gewerbegebiet zugrunde gelegten und prognostizierten Verkehrssituation ändert, kann erst festgestellt werden, wenn der Betrieb aufgenommen wurde.

Derzeit wird seitens der Kommune für das Gewerbegebiet „Am Römig“ nach der Ansiedlung von Amazon von rund 500 Lkw/24 h ausgegangen.

Zu Frage 2:
Im Zuge des neuen Logistik-Zentrums in dem neuen Gewerbegebiet der Stadt Frankenthal wird der Umbau des Knotenpunktes L 524/L 527 von einem Kreisverkehrsplatz in eine mehrstreifige lichtsignalgeregelte Kreuzung verkehrlich erforderlich. Der Umbau dieses Knotenpunktes wurde von der Stadt Frankenthal in Zusammenarbeit mit dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) geplant und soll bis Ende September 2017 vollzogen sein.

Weitere Umbaumaßnahmen der Auf- und Abfahrten der A 650 mit der L 524 im Bereich der AS Ruchheim sind schrittweise mit der weiteren Besiedlung der Gewerbegebiete auf der Gemarkung von Frankenthal und Ludwigshafen durch den LBM vorgesehen.

Zu Frage 3:
Die voraussichtlichen Baukosten für den Umbau des Knotenpunktes L 524/L 527 betragen rund 2,3 Mio. Euro. Die zusätzlichen Unterhaltungskosten durch den Umbau der vorgenannten, straßenbaulichen Infrastruktur für den Anschluss des Gewerbegebietes wurden überschlägig mit rund 8 000 Euro pro Jahr ermittelt.

Zu den Fragen 4 bis 6:
Nach Rückfrage bei der Stadt Frankenthal wurden innerhalb des Bebauungsplanverfahrens folgende Fachgutachten erarbeitet und berücksichtigt. Unterlagen oder Ergebnisse liegen der Landesregierung naturgemäß nicht vor.

– Schalltechnischer Untersuchungsbericht „Festlegung von Emissionskontingenten im Bebauungsplangebiet „Eppstein, GI am Römig“ der Stadt Frankenthal mit Berücksichtigung der gewerblichen Vorbelastung der vorhandenen Betriebe in der Nachbarschaft“ vom 23. August 2012.
– Schalltechnisches Gutachten „Festlegung der zulässigen Geräuschemissionen des geplanten Industriegebietes nördlich der L 527“ vom 10. April 2008.
– Luftschadstoffbetrachtung für den Knotenpunkt Am Römig L524/L 527 vom 20. Dezember 2013.
– Bodengutachten „Geotechnisches Gutachten“ vom April 2012.
– Umweltbericht zum Bebauungsplan vom 18. Februar 2013.
– Artenschutzgutachten vom 24. September 2012.

Zu Frage 7:
Die Gesamtfläche des Industriegebietes „Am Römig“ beträgt 56 ha, davon entfallen auf den Abschnitt II, Amazon, 18,4 ha. Insgesamt werden für die Ansiedlung von Amazon rund 14,7 ha Fläche versiegelt.


Dr. Volker Wissing
Staatsminister

 

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