Kleine Anfrage 17/4655

der Abgeordneten Jutta Blatzheim-Roegler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Verkehrswende in den Kommunen – Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz fordert Mobilitätsoffensive – Drucksache 17/4824


Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/4655 – vom 23. November 2017 hat folgenden Wortlaut:

Am 13. November 2017 hat der Gemeinde- und Städtebund auf seiner Mitgliederversammlung in Ingelheim u. a. unter Teilnahme von Vertreterinnen und Vertretern der Landespolitik mehr finanzielle Unterstützung durch das Land gefordert, um die Umweltbelastungen durch den Verkehr zu reduzieren und drohende Fahrverbote abwenden zu können. Schwerpunktmäßig konzentrierten sich die Forderungen auf die Nachrüstung von Dieselbussen, den Aufbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge, den Ausbau des ÖPNV und die Ertüchtigung der regionalen Netze zur Erbringung der Ladeleistung.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1. Mit welchen Mitteln und Maßnahmen unterstützt das Land bereits die Städte und Gemeinden in Hinblick auf ihre Forderungen zur Luftreinhaltung, Nachrüstung von Dieselbussen, Aufbau der Ladeinfrastruktur, Ausbau des ÖPNV und die Ertüchtigung der regionalen Stromnetze?
2. Wie bewertet die Landesregierung vor dem Hintergrund der Anträge und Anfragen durch Gemeinden und Städte bei der Energieagentur Rheinland-Pfalz das Interesse nach Umstellung auf Elektromobilität?
3. Welche Maßnahmen sind vonseiten der Landesregierung geplant, um die Nutzung des ÖPNV einfacher und attraktiver zu gestalten?
4. Wie schätzt die Landesregierung die zeitnahe Möglichkeit des Mittelabflusses aus dem angekündigten Milliardenfonds des Bundes und der Autohersteller ein, der im Zuge der beiden „Dieselgipfel“ im August und September 2017 beschlossen wurde?

Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 12. Dezember 2017 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1:
Die Landesregierung hatte am 30. August 2017 u. a. mit den Städten Mainz, Ludwigshafen, Koblenz, die im Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der Überschreitung von Luftschadstoffgrenzwerten genannt sind, Maßnahmen zur Absenkung der Stickstoffdioxidimmissionen (NO 2 ) erörtert.

In diesem Zusammenhang hatte die Landesregierung den Kommunen im August im Rahmen eines Aktionsprogramms Saubere Mobilität eine Soforthilfe von drei Millionen Euro zugesagt.

Die Städte sollen eine pauschale Förderung erhalten, um individuelle Lösungen zur Verbesserung der Luftqualität umzusetzen. Die Städte entscheiden selbst, auf welche Strategie sie setzen, da die örtlichen Verhältnisse unterschiedlich sind. Ziel der Förderung ist, dass die Stickoxidbelastung zeitnah sinkt und die Grenzwerte möglichst schnell eingehalten werden. Unter anderem sind die Nachrüstung von Dieselbussen mit Filtertechnik, der Aufbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge und der Ausbau des ÖPNV mögliche und wirksame Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität. Die Genehmigung des vorzeitigen Maßnahmenbeginns wurde Ende November für alle drei Städte erteilt, sodass die Städte mit den Maßnahmen nun förderunschädlich beginnen können.

Saubere, moderne und komfortable Busse sind dem Land ein wichtiges Anliegen. Dementsprechend haben sich die Koalitionspartner auf einen Wiedereinstieg in die Förderung der Busbeschaffung im Zuge der Überarbeitung des Nahverkehrsgesetzes verständigt. Beim derzeitigen Stand der Überlegungen zur Gesetzesnovelle ist vorgesehen, anstelle der Verkehrsunternehmen die kommunalen ÖPNV-Aufgabenträger finanziell zu unterstützen, unter der Voraussetzung, dass diese bei der wettbewerblichen Vergabe von Verkehrsleistungen die Anwendung moderner bzw. neuer Technologien und den Klimaschutzbelangen entsprechenden Antriebstechniken fordern.

Die beabsichtigte finanzielle Ausstattung der Aufgabenträger ist letztlich gleichbedeutend mit einer – wenngleich indirekten – Investitionsförderung, die jedoch im Gegensatz zur ehemals praktizierten Fahrzeugförderung weder rechtliche Risiken birgt noch Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Verkehrsunternehmen hervorruft. Bereits derzeit haben sich im Süden des Landes das Qualitätsniveau und die Umweltbilanz der Busflotte deutlich verbessert, nachdem die kommunalen Aufgabenträger im Rahmen wettbewerblicher Vergabeverfahren Qualitätsstandards für die zum Einsatz vorgesehenen Busse vorgeben. Mit der angelaufenen Umsetzung des „ÖPNV-Konzeptes Rheinland-Pfalz Nord“ und dem in Planung befindlichen ÖPNV-Konzept für den Rhein- Nahe Nahverkehrsverbund wird es auch in der nördlichen Landeshälfte zu einer schrittweisen Erneuerung der Busflotte kommen. Diesen Prozess wollen wir mit dem geplanten Finanztransfer an die Aufgabenträger beschleunigen.

Zu Frage 2:
Aus Sicht der Landesregierung ist es wichtig, eine zentrale Informations- und Vernetzungsstelle für Bürgerinnen und Bürger, Kommunen und Unternehmen vorzuhalten, um die Fragen rund um alternative Antriebe zu klären. Mithilfe der Energieagentur Rheinland-Pfalz werden wir Bürger und Kommunen beim Thema Elektromobilität beraten. Dort gibt es beispielsweise die Lotsenstelle für alternative Antriebe. Die Vielzahl der Nachfragen bei der Lotsenstelle bestätigt die Wichtigkeit einer solchen Informationsmöglichkeit. Außerdem fördert die Landesregierung Forschung und Entwicklung, wie etwa das Projekt Tankstelle 2.0, das den Bedarf an Ladeinfrastruktur für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben in Rheinland-Pfalz ermitteln soll.

Zu Frage 3:
Mit dem Rheinland-Pfalz-Takt 2015 und den ÖPNV-Konzepten Nord und RNN (Rhein-Nahe-Verkehrsverbund) hat die Landesregierung gemeinsam mit den SPNV-Zweckverbänden im Bereich Schiene bereits ein hervorragendes Angebot erreicht – der Bereich Bus ist auf einem guten Weg. Auf diesem guten Verkehrsangebot aufbauend ist jetzt die digitale Säule – mit dynamischen Informations- und Serviceleistungen – der nächste logische Schritt zu einem vernetzten Gesamtkonzept. Hierfür werden derzeit die Grundlagen geschaffen.

Konkret zu nennen ist hier insbesondere der Bereich der Verbesserung der Fahrgastinformation, etwa durch die Lieferung von Echtzeitinformationen an den Kunden oder den Aufbau unternehmensübergreifender, nationaler Datenplattformen, was gerade für Rheinland-Pfalz mit seinen starken grenzüberschreitenden Verflechtungen von großer Bedeutung ist. Das nationale Haltestellenverzeichnis, das unter Federführung des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau aufgebaut wurde, steht bereits zur Verfügung; die nationale Datenplattform für Fahrgastinformation wird voraussichtlich Ende 2017 ihren Betrieb aufnehmen. Bei der digitalen Mobilität und der Einbindung des ÖPNV in ein multimodales Gesamtsystem geht es nicht darum, bestehende, oft rein für den städtischen Raum entwickelte Systeme zu übernehmen, sondern für ein Flächenland wie Rheinland-Pfalz sinnvoll zu adaptieren.

Zu Frage 4:
Beim 2. Städtegipfel der Bundesregierung vom 28. November 2017 wurden wichtige Weichenstellungen festgestellt, aber auch noch zu klärende Punkte. Die Ankündigung, auf vorhandene Förderprogramme zurückzugreifen und den förderunschädlichen vorzeitigen Maßnahmenbeginn zu ermöglichen, ist hier zu nennen. Die Klärung der Kofinanzierungsnotwendigkeit ist insbesondere für finanzschwache Kommunen eine noch zu lösende wichtige Kernfrage.


Dr. Volker Wissing
Staatsminister

 

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