Mündliche Anfrage 17/5094

der Abgeordneten Jutta Blatzheim-Roegler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ergebnisse des „Krisentreffens“ zur Vereinheitlichung der Bahnsteighöhen – Drucksache 17/49P –


Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/5094 – vom 23. Februar 2018 hat folgenden Wortlaut:

Seit geraumer Zeit streiten sich bereits die Länder mit dem Bund über die vom Bundesverkehrsministerium gewünschte Vereinheitlichung der Bahnsteighöhen auf 76 Zentimeter. Für Rheinland-Pfalz würde diese Vereinheitlichung bedeuten, dass für viele Züge aus dem Nahverkehr die Barrierefreiheit verloren ginge, weil diese auf eine Bahnsteighöhe von 55 Zentimeter ausgerichtet wurden, die bereits im Jahr 2006 mit der DB Station & Service AG ausgehandelt worden ist. In den folgenden Jahren wurden entsprechend die Bahnsteige modernisiert, umgebaut und barrierefrei gestaltet, indem Bahnsteighöhe und Bodenhöhe der Fahrzeuge im Einstiegsbereich in etwa angepasst wurden. Am 12. Januar 2018 trafen sich erneut der Bund und die Länder, um den Konflikt zu beraten. Laut Sprecher des baden-württembergischen Landesverkehrsministeriums sei vereinbart worden, dass die Länder Konzepte entwickeln, wie ein sinnvolles Nebeneinander von unterschiedlichen Bahnsteighöhen organisiert werden sollte.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1. Wie ist aus Sicht der Landesregierung das Ergebnis des Treffens zwischen dem Bund und den Ländern am 12. Januar 2018 zu bewerten?
2. Inwieweit kann die Landesregierung die Informationen aus Baden-Württemberg bestätigen und um darüber hinausgehende Informationen ergänzen, die für Rheinland-Pfalz von Relevanz sind?
3. Welche Vorschläge will die Landesregierung dem Bundesverkehrsministerium unterbreiten?
4. Bis wann muss die Erstellung des Konzeptvorschlags beim Bundesverkehrsministerium vorliegen?


49. Sitzung des Landtages / Donnerstag, den 25.01.2018 / Präsident Hendrik Hering:
Für die Landesregierung antwortet Herr Verkehrsminister Dr. Wissing.

Dr. Volker Wissing, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau:
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung unterstützt die Bemühungen des Bundes und der DB Station&Service AG im Schienenpersonennahverkehr im Sinne einer möglichst weitgehenden Barrierefreiheit. Hierzu wurde mit der Deutschen Bahn bereits im Jahr 2006 ein Bahnsteighöhenkonzept vereinbart, das 2011 gemeinsam überarbeitet wurde.

In diesem Konzept ist für jede Strecke eine Zielhöhe für die Bahnsteige festgelegt, die in Rheinland-Pfalz entweder 55 cm oder 76 cm beträgt. Diese Zielhöhe wurde unter anderem danach bestimmt, welche Bahnsteigsituation bereits heute an den jeweiligen Strecken gegeben ist, welche Fahrzeuge eingesetzt werden und durch welche Bahnhofsmaßnahmen die höchste Zahl der Reisenden einen niveaufreien Zutritt in die Fahrzeuge erlangen kann.

Nach diesem Zielkonzept für die Bahnsteighöhen sind diese ausgebaut worden. Das Land und die SPNV-Aufgabenträger haben in den bisherigen Ausschreibungen immer Fahrzeuge vorgegeben, die auf die vereinbarten Zielhöhen in den Ausschreibungsnetzen passen und so an den bereits umgebauten Bahnsteigen eine vollständige Barrierefreiheit ermöglichen.

In Knotenbahnhöfen wird versucht, die Bahnsteige entsprechend zu separieren. An vielen Knotenbahnhöfen ist das bereits gelungen.

Das Bundesverkehrsministerium hatte zu Beginn des Jahres 2017 angekündigt, dass bei der Finanzierung von Investitionen für den Umbau von Personenbahnsteigen noch stringenter darauf hingewirkt wird, dass die Regelbahnsteighöhe von 76 cm nach der Eisenbahnbau- und Betriebsordnung eingehalten werden soll, um für eine möglichst durchgängige Barrierefreiheit für die Nutzerinnen und Nutzer zu sorgen.

Die DB Station&Service AG hat meinem Haus am 16. August vergangenen Jahres die Auswirkungen auf die SPNV-Strecken in Rheinland-Pfalz dargestellt. Die Konzeption sieht vor, dass nahezu alle SPNV-Strecken auf 76 cm ausgebaut werden sollen. Der Plan vom Bund und der Deutscher Bahn, 55 cm hohe Bahnsteige nur noch in Ausnahmefällen zuzulassen, wird von uns sehr kritisch gesehen.

Sollten für Rheinland-Pfalz keine Ausnahmetatbestände erreicht werden, würde das in vielen Regionen ein Wechsel von der bisherigen Bahnsteighöhe von 55 cm auf 76 cm bedeuten. Da in den letzten wettbewerblichen Verfahren nahezu flächendeckend kompatible Fahrzeuge zu den 55-cm-Bahnsteigen vorgegeben wurden, sind viele Strecken heute weitgehend barrierefrei. Die bereits weitgehend erreichte Barrierefreiheit würde nicht nur mutwillig gefährdet, sondern es würden außerdem zusätzliche Kosten entstehen, und zwar in Höhe von mehreren 100 Millionen Euro.

Diese vorausgeschickt, beantworte ich die Mündliche Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1:
Das Ergebnis des am 12. Januar zwischen dem Bund, den Ländern und der DB Station&Service AG zum Bahnsteighöhenkonzept erfolgten Gesprächs ist aus Sicht der Landesregierung grundsätzlich positiv zu bewerten. Die Länder haben geschlossen gegen das von der DB Station&Service AG vorgelegte Bahnsteighöhenkonzept 2017 votiert. Im Vorfeld der Besprechung war keine Berücksichtigung der Argumente der Länder durch Bund und DB Station&Service AG erkennbar. Dies hat sich im Rahmen einer sachlichen und intensiven Diskussion zumindest teilweise geändert.

Der Bund hat die Besprechung nicht als abschließend angesehen, sondern den Weg in einen strukturierten Prozess geöffnet. Aus unserer Sicht ist der erste Entwurf des Bahnsteighöhenkonzeptes seitens der DB Station&Service AG daher nicht mehr in Stein gemeißelt. Es ist wieder Bewegung in dem Thema.

Zu den Fragen 2 bis 4:
In der Besprechung am 12. Januar wurde vereinbart, dass etwa innerhalb der nächsten vier Wochen weitere Gespräche zwischen DB Station&Service AG und den Ländern auf regionaler Ebene stattfinden sollen. Die Terminabstimmung läuft gegenwärtig.

Danach wird es auf Basis dieser Gespräche eine weitere große Runde in Berlin geben. In den Ländergesprächen sollen mit dem Ziel einer weitgehenden Barrierefreiheit insbesondere die Separierung der Knoten genauer geprüft und pragmatische Regelungen gegebenenfalls über die bisherigen Ausnahmetatbestände hinaus besprochen werden. Wir werden das regionale Gespräch voraussichtlich gemeinsam mit Hessen und dem Saarland durchführen.

Die Bahnsteighöhen der Strecken zu den Nachbarländern Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen sind mit diesen abgestimmt und hinsichtlich der Bahnsteighöhen weitgehend unkritisch.

Die Landesregierung wird in diese Gespräche mit einem eigenen Konzept gehen. Dieses ist am bisherigen Bahnsteighöhenkonzept 2011 orientiert, das weitergeführt und optimiert werden sollte.

Lassen Sie mich abschließend noch einmal zusammenfassen. Bund, Länder und DB haben bei der Besprechung am 12. Januar in Berlin konstruktiv über das Thema eines neuen Bahnsteighöhenkonzeptes gesprochen. Dabei konnten aber die bestehenden Dissenspunkte noch nicht gelöst werden. Alle Beteiligte eint das Ziel, eine möglichst weitgehende Barrierefreiheit zu erreichen. Die Länder haben darauf gedrungen, dass die Gespräche kurzfristig weitergeführt werden, da zunehmend Projekte zum Stillstand kommen. Das wurde seitens des Bundes und der Deutschen Bahn zugesagt.

Vielen Dank.

 

Hier gesamtes Plenarprotokoll mit Zusatzfragen (PDF) herunterladen

Hier Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Bernhard Braun sowie schriftliche Antwort des Ministers für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtshaft und Wein (PDF) herunterladen

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