Mündliche Anfrage 17/6541

der Abgeordneten Andreas Hartenfels und Jutta Blatzheim-Roegler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Hochwasservorsorge in Rheinland-Pfalz
- Drucksache 17/61P -


Rheinland-Pfalz war in den vergangenen Wochen erneut von heftigen Unwettern betroffen, die in einigen Orten für extreme Überschwemmungen sorgten und zu schweren Beschädigungen – bis zur Zerstörung – an Häusern, Wohnungen sowie der Infrastruktur führten. Wie wichtig vor diesem Hintergrund die Vorsorge ist, zeigen Maßnahmen aus der Vergangenheit: Zwar lassen sich extreme Wetterlagen und Hochwasser nicht verhindern, jedoch kann dafür gesorgt werden, dass das Wasser in solchen Fällen weniger Schäden anrichtet. Die Landesregierung hat in der Vergangenheit bereits gezeigt, dass sie sich der Tragweite bewusst ist und die Kommunen bei der Vorsorge unterstützt. Beispielsweise werden die Kosten für kommunale Hochwasserschutzkonzepte seit 2013 zu 90 Prozent vom Land übernommen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung in der Vergangenheit bereits unternommen, um den Schutz vor Hochwassergefahren zu stärken?
2. Inwieweit konnte bislang mit der Aktion Blau Plus, beispielsweise durch Renaturierung, für einen effizienten Wasserrückhalt in Auen und Gewässern gesorgt werden?
3. Wie viele kommunale Hochwasserschutzkonzepte wurden bereits durch das Land gefördert?
4. Welche Bilanz zieht die Landesregierung aus den Angeboten und der Nachfrage nach Elementarschadenversicherungen?


Ulrike Höfken, Ministerin für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten:
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ganz herzlichen Dank an alle Helferinnen und Helfer der Feuerwehr und des THW. Aber auch die Nachbarn haben geholfen. Ich habe das selbst in meinem Heimatort Biersdorf erlebt, dass man sehr dankbar sein muss für die große Unterstützung, die vonseiten der Helfer geleistet wird.

In Rheinland-Pfalz und in anderen Teilen der Republik sind die Starkregenereignisse ein relativ neues Phänomen und stellen uns vor neue Herausforderungen. Sie sind – so hat es auch die Ministerpräsidentin gesagt – eine Folge des Klimawandels. So sehen wir die Entwicklungen der Physik, die dort stattfinden. Bei einer Erwärmung um 1 Grad C kann die Luft 7 % mehr Wasser aufnehmen.

Der Mai bietet sehr viel Potenzial für Unwetter. Ich weise darauf hin, das kann auch in anderen Monaten sein. Beispielsweise wurde der Donnersbergkreis im September getroffen. Wegen der starken Sonneneinstrahlung erwärmt sich der Kontinent, die feuchte Luft über dem Meer ist noch recht kalt, die Temperaturgegensätze und die Luftfeuchtigkeit lassen Tiefdruckgebiete über Mitteleuropa entstehen, die zum Abregnen dieser Luft in unseren Breiten führt.

Ich will jetzt gar nicht auf den Golfstrom verweisen, der sich zurzeit gerade ändert, wie wir vor Kurzem gehört haben. Die CO 2-Konzentration in der Atmosphäre bewegt sich im Moment bei 447 ppm. Das war zum letzten Mal vor 800.000 Jahren so. Sie sehen, wir sind auf dem Weg, innerhalb von wenigen Generationen einen riesigen Rückschritt zu veranstalten.

Ein Problem für uns ist – ich fürchte, damit werden wir uns weiter auseinandersetzen müssen –, dass die Vorwarnzeiten sehr gering sind. Sie können zwar Unwetterlagen vorhersagen, aber leider doch nicht, wann und wo genau. Das stellt uns vor große Probleme.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt:
In den letzten 25 Jahren haben wir rund 1,1 Milliarden Euro für den Hochwasserschutz ausgegeben. Das sind viele technische Bauwerke, die sie kennen, wie beispielsweise Polder. Im Gegensatz zu Baden-Württemberg und Hessen haben wir erhebliche Aufgaben geleistet. Natürlich sind die Hochwasserschutzmauern in Koblenz und Mainz zu nennen, die auch mit mobilen Elementen versehen sind. Wir werden weitere Millionen investieren.

Wir haben es, wie gesagt, mit einer anderen Art von Hochwasser zu tun. Das sind Sturzfluten und Starkregen, die an der Stelle auftreten, an der so etwas noch nie passiert ist. Das häuft sich.

Ich hatte eben kurz den Donnersbergkreis erwähnt. Dort haben wir am 20. September 2014 14 Ortschaften mit Schäden von über 10 Millionen Euro gehabt. Seitdem haben wir aus den bereits vorhandenen Pilotprojekten eine Methodik zur Aufstellung von örtlichen Hochwasserschutzkonzepten entwickelt. Wir haben die Förderrichtlinien geändert. Die waren am Anfang nur für die Flüsse vorgesehen. Das haben wir geändert, sodass auch Hochwasserschutzkonzepte zur Starkregenvorsorge mit 90 % gefördert werden. Wir haben alle Ortsgemeinden im Land angeschrieben und auf diese Möglichkeit hingewiesen.

Zu allen Handlungsbereichen der Vorsorge gibt es Leitfäden. Wir können den Städten und Gemeinden inzwischen kostenlos Starkregengefährdungskarten zur Verfügung stellen, die zeigen, was passieren kann. Wir sind das erste Bundesland und eines der ganz wenigen, das seine Kommunen so umfassend finanziell und mit Know-how in der Hochwasservorsorge unterstützt.

Zu Frage 2:
Natürlich sind Renaturierungen ein Bestandteil der Vorsorge. Neben den technischen Maßnahmen kommt diesen eine große Bedeutung zu. Ein breiteres Flussbett ist zu nennen. Damit erhöht sich die Aufnahmefähigkeit der Gewässer, verlangsamt die Fließgeschwindigkeit und erhöht die natürlichen Speicher in Form von Retentionsflächen. Aber wenn wir bei Starkregenereignissen sind, wie jetzt bei über 200 mm, dann ist jedes technische Bauwerk überfordert. Wir brauchen dann die Vorsorgemaßnahmen.

Zu Frage 3:
Wie viele kommunale Hochwasserschutzkonzepte wurden bereits durch das Land gefördert? Es sind über 400 Konzepte, die aufgestellt wurden oder in Bearbeitung sind. Das sind sehr viele. Die Nachfrage ist groß. Das ist klar. Immer, wenn so etwas stattfindet, ist die Nachfrage da.

Ich will Ihnen als Abgeordnete, die in den Kommunen zu Hause sind, am Beispiel Waldgrehweiler im Donnersbergkreis aufzeigen – dort waren neun Ortschaften betroffen –, was alles gemacht wird. Im öffentlichen Bereich sind das Maßnahmen der Hochwasserwarnung, der Verbesserung, die Anschaffung von Schmutzwasserpumpen für die Feuerwehr, Beseitigung von Abflusshindernissen und Räumung des Bachbettes im Ort, Renaturierung von Bächen oberhalb der Ortschaft, um einen flächigen Wasserrückhalt zu erreichen, der Bau von Treibgutfängern in den Bächen oberhalb der Ortschaft, Beratung der Landwirtschaft für die erosionsmindernde Bewirtschaftung, Erneuerung und Erweiterung von Brücken, teilweise Ersatz durch Furten, die Überprüfung der Zulässigkeit von privaten Bauten im Zehn-Meter-Bereich am Bach, Beratung der Anwohner zu Objektschutzmaßnahmen, ein Hochwasserlehrpfad im Ort, damit die Sensibilisierung ein wenig anhält.

Dann geht es weiter im privaten Bereich. Die Bewohnerinnen und Bewohner sind aufgefordert, diese empfohlenen Maßnahmen umzusetzen; denn ein Konzept ist zunächst nur ein Konzept und noch nicht die Umsetzung.

Ich möchte an eine gesetzliche Grundlage erinnern, an § 5 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz, ein Bundesgesetz. Es enthält die Aussage: „Jede Person, die durch Hochwasser betroffen sein kann, ist im Rahmen des ihr Möglichen und Zumutbaren verpflichtet, geeignete Vorsorgemaßnahmen zum Schutz vor nachteiligen Hochwasserfolgen und zur Schadensminderung zu treffen.“ Jeder und jede ist in der Pflicht. Die Eigenvorsorge ist ein Bestandteil unserer bundesgesetzlichen Regelung, und sie gilt. Wir sind alle aufgefordert, hier etwas zu tun, und zwar auch zum Schutz unserer Nachbarn, nicht nur von uns selbst.

Zu Frage 4:
Das betrifft die Elementarschadenversicherung. Das ist ein Thema, das sehr viel auf allen Ebenen diskutiert worden ist. Es war die Bundesregierung, die das immer zurückgewiesen hat. Es gibt verfassungsrechtliche Bedenken, die unsere Justizminister und -ministerinnen formuliert haben.

Wir haben völlig unabhängig davon unsere Elementarschadenversicherungskampagne schon 2013 mit der Versicherungswirtschaft und der Verbraucherzentrale gestartet und wirken darauf hin, dass sich jeder und jede versichern kann. Wir konnten die Anzahl der Versicherungen deutlich von 19 % auf 33 % steigern. Baden-Württemberg hat übrigens einen hohen Anteil, weil sie vorher eine Pflichtversicherung hatten. Das stellt sich anders als in Rheinland-Pfalz dar.

Wir werden weiter darauf hinwirken und die Erfahrungen mit der Versicherungswirtschaft und der Verbraucherzentrale auswerten. Wir hatten vor wenigen Tagen ein Gespräch mit der Versicherungswirtschaft, die bekräftigt hat, dass praktisch jede Immobilie gegen Naturgefahren wie Hochwasser und Starkregen versicherbar ist.

Nichtsdestotrotz bin ich der Auffassung, dass man das Thema weiter diskutieren muss. Wir haben ein kostenloses Beratungstelefon bei der Verbraucherzentrale, an die sich die Verbraucher wenden können.

(Zuruf des Abg. Alexander Licht, CDU)

Wir werden weiter im Gespräch bleiben. Wir werden im Herbst 2018 eine Aktionswoche veranstalten, um auf die Möglichkeiten aufmerksam zu machen und um Probleme zu identifizieren. Vielen Dank.

 

Hier gesamtes Plenarprotokoll (PDF) herunterladen

zurück

Jutta unterstützt die Aktion als Patin an der IGS Morbach und am Gymnasium Traben-Trarbach. Infos hier>>

GRUENE.DE News

<![CDATA[Neues]]>