Kleine Anfrage 17/6652

der Abgeordneten Jutta Blatzheim-Roegler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Radland Rheinland-Pfalz: Entwicklung der statistischen Daten bei Fahrradunfällen II
Drucksache 17/6822


Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/6652 – vom 27. Juni 2018 hat folgenden Wortlaut:

Das Mobilitätsverhalten der Menschen ändert sich. Immer mehr Menschen nutzen das Rad, wenn es darum geht, zur Arbeit zu pendeln, Einkäufe zu erledigen oder einfach nur einen Ausflug am Wochenende zu unternehmen. Immer mehr Menschen nutzen nicht mehr nur ein Verkehrsmittel, sondern fahren mit dem Rad zum Bus und nutzen das Rad von der Bahn nach Hause. Abgesehen von den gesundheitlichen Vorteilen bietet das Fahrrad die Chance auf weniger Lärm und weniger Immissionen und kann damit eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung des Klimawandels und der Verbesse rung der Luftqualität spielen. Voraussetzung ist die Schaffung einer den Fahrradverkehr för dernden Infrastruktur.

Ich frage die Landesregierung:
1. Wie häufig war ein Überfahren roter Ampeln durch Fahrradfahrerinnen und -fahrer oder ein Fahrrad, dass etwa durch fehlende oder fehlerhafte Lichtanlage nicht der Straßen verkehrsordnung entsprach, Ursache eines Unfalls?
2. Wie ist die Verteilung der daran beteiligten weiteren Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer?
3. Wie viele andere Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer kamen durch Unfälle mit Fahrradfahre rinnen und -fahrern zu gesundheitlichem Schaden?
4. Wie bewertet die Landesregierung die Bedeutung von Assistenzsystemen für Lkw zur Verringerung von Unfallgefahren für Fahrradfahrer?
5. In welchem Zustand befinden sich die Radwege des Landes (bitte um getrennte Auflistung nach Radweg mit Länge und genauer Qualität)?
6. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung hinsichtlich der Verbesserung der Sicherheit für Radfahrerinnen und -fahrer durch Schutzstreifen oder Fahrbahnmarkierungen und die Integration des Radverkehrs in den allgemeinen Straßenverkehr, z. B. an Kreuzungen durch Geschwindigkeitsbegrenzungen und Hinweisschilder für Pkw-Fahrer, vor?
7. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über die Sicherstellung des Winter dienstes auf Radwegen?


Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 16. Juli 2018 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1:
Die polizeilich erfassten Daten, die beim Statistischen Landesamt aufbereitet werden, lassen eine Identifikation des ordnungswidrigen Verhaltens „Fahren bei Rot“ der Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer nicht zu. Es sind lediglich Angaben zur Verkehrsregelung „Lichtzeichen in Betrieb“ möglich. Dies trifft auch auf die Angabe „fehlende oder fehlerhafte Lichtanlage am Fahrrad“ zu, für die es keine statistischen Grundlagen gibt. Vor diesem Hintergrund kann aufgrund der erhobenen Daten für das Jahr 2017 festgestellt werden, dass sich 73 Fahrradunfälle ereigneten, bei denen die „Lichtzeichen in Betrieb“ waren. Davon waren zehn Unfälle mit Fahrradbeteiligung in der Dunkelheit zu verzeichnen.

Zu Frage 2:
Die Verteilung der weiteren Beteiligten an den Unfällen war:

Tabelle: Fahrradunfälle an Lichtzeichenanlagen 2017 (Unfallbeteiligte, Lichtverhältnisse)

Zu Frage 3:
Im Jahr 2017 kam es bei den Unfällen im Sinne von Frage 1 „Lichtzeichen in Betrieb“ zu fünf leichtverletzten Personen. Insgesamt ereigneten sich im Jahr 2017 in Rheinland-Pfalz 1331 Fahrradunfälle mit insgesamt 917 Personenschäden, bei denen Radfahrende die Unfallverursacher waren und es dabei mindestens einen weiteren Unfallbeteiligten gab.

Zu Frage 4:
Es wird mit Nachdruck angestrebt, durch die Nutzung neuer technischer Entwicklungen die Zahl der im Straßenverkehr getöteten Personen weiter zu reduzieren, beziehungsweise die Schwere von Unfallfolgen zu verringern. Der Landesregierung ist es daher ein besonderes Anliegen, alle Maßnahmen zu unterstützen, die den Schutz von Fahrzeuginsassen und ungeschützten Verkehrsteilnehmern (wie Fußgänger und Radfahrer) verbessern. Dies gilt insbesondere für Assistenzsysteme. Vor diesem Hintergrund ist es erforderlich, dass eine Änderung der rechtlichen Vorgaben so schnell als möglich erfolgt. Die Landesregierung hat daher aktuell eine Bundesratsentschließung unterstützt, mit der erreicht werden soll, dass Abbiegeassistenzsysteme für Nutzfahrzeuge (Lkw) mit mehr als 7,5 t zulässigem Gesamtgewicht verpflichtend vorgeschrieben werden.

Zu Frage 5:
Für Radwege des Landes wird keine Zustandserfassung vorgenommen, sodass hierzu keine Angaben gemacht werden können.

Zu Frage 6:
Zunächst ist darauf zu verweisen, dass die in der Fragestellung genannten Fahrbahnmarkierungen ein Sammelbegriff für alle Farbapplikationen auf den Fahrbahnen ist. Sie dienen allen Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmern als Verkehrszeichen und damit der Regelung des Verkehrs. Gleichwohl ist die Verbesserung der Verkehrssicherheit für Radfahrende durch Radfahrstreifen (Zeichen 295 „Fahrstreifenbegrenzung und Fahrbahnbegrenzung“ in Verbindung mit Zeichen 237 „Radweg“ der Straßenverkehrs-Ordnung – StVO) und Schutzstreifen (Zeichen 340, „Leitlinie“, hier: Schutzstreifen, StVO) in Studien nachgewiesen worden, deren Ergebnisse in Abstimmung mit den Bundesländern letztendlich Eingang in die Straßenverkehrsordnung (StVO) gefunden haben (z. B. „Unfallrisiko, Konfliktpotenzial und Akzeptanz der Verkehrsregelungen von Fahrradfahrern“ 2009, Kurzfassung: www.nationaler-radverkehrsplan.de/neuigkeiten/news.php?id=2661).

Die Landesregierung hatte sich zu diesen Änderungen stets positiv positioniert.

Was die Integration des Radverkehrs in den allgemeinen Straßenverkehr anbelangt, ist dies gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 StVO gesetzlich geregelt. Danach hat der Radverkehr die Fahrbahn zu benutzen. Für vorhandene Radverkehrsanlagen besteht grundsätzlich keine Benutzungspflicht. Nur ausnahmsweise können Radwege als benutzungspflichtig erklärt werden, wenn dies aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall zwingend erforderlich ist (§ 45 Abs. 9 StVO).

Geschwindigkeitsbegrenzungen sind gemäß § 45 Abs. 9 StVO grundsätzlich nur bei besonderen Gefahrenlagen zulässig.

Zu Frage 7:
Zunächst ist zu bemerken, dass es – außer an besonders gefährlichen Stellen – grundsätzlich keinen Anspruch auf eis- und schneefreie Straßen gibt. Für Straßen außerhalb geschlossener Ortslagen gilt zwar, dass sie nach § 3 Abs. 3 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) und § 11 des Landesstraßengesetzes Rheinland-Pfalz (LStrG) bei Winterglätte nach besten Kräften geräumt und gestreut werden sollen. Eine Verpflichtung, alle Straßen überall und jederzeit von Schnee freizuhalten und bei Glätte zu streuen, ist damit nicht verbunden. Da Radwege ein Bestandteil der Straße sind, gilt diese Regelung auch für Radwege.

Gleichwohl soll nach dem „Anforderungsniveau Winterdienst“ – als Bestandteil der Leistungsbeschreibung für den Straßenbetrieb – auch für Radwege entsprechend den örtlichen Verkehrsbedürfnissen bei Schneefällen, Eis- und Reifglätte eine Befahrbarkeit hergestellt werden. Vor diesem Hintergrund werden jährlich je nach Erfordernis zwischen 3 000 und 11 000 Personalstunden für den Winterdienst auf Radwegen erbracht.


In Vertretung:
Daniela Schmitt
Staatssekretärin

 

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