Kleine Anfrage 17/7801

der Abgeordneten Jutta Blatzheim-Roegler und Andreas Hartenfels (Bündnis 90/DIE GRÜNEN)
Gänsehaltung in Rheinland-Pfalz
Drucksache 17/8019


Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/7801 – vom 22. November 2018 hat folgenden Wortlaut:

Weihnachtszeit ist in vielen Familien in Rheinland-Pfalz Gänsezeit. Gänse werden in Supermärkten teils zu Spottpreisen verkauft und kommen oft genug aus Stopfmast oder werden lebendig gerupft. Unter niedrigen Preisen leiden das Tierwohl und landwirtschaftliche Betriebe. Die Weihnachtszeit soll aber eine genussvolle Zeit sein.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
1. Wie viele Gänse werden in Rheinland-Pfalz von wie vielen Betrieben gehalten (bitte aufgeschlüsselt nach Betriebsgröße und Haltungsart, insbesondere biologisch/konventionell)?
2. Welche Haltungsbedingungen gelten in Rheinland-Pfalz für Gänse aus konventioneller Haltung und biologischer Landwirtschaft im Vergleich?
3. Wo können Verbraucherinnen und Verbraucher Gänse aus regionaler und biologischer Haltung kaufen?
4. Wie bewertet die Landesregierung die Vorteile, Gänse von regionalen landwirtschaftlichen Betrieben zu erwerben?
5. Wie bewertet die Landesregierung die sogenannte Stopfmast aus Sicht des Tierschutzes?
6. Wie können Verbraucherinnen und Verbraucher Gänse im Supermarkt erkennen, die nicht aus artgerechter Haltung stammen?


Das Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 11. Dezember 2018 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1:
Die Agrarstrukturerhebung des Statistischen Landesamtes gibt für das Jahr 2010 220 Betriebe mit 2 480 gehaltenen Gänsen an. Angaben zur Haltungsart erfolgen nicht. Zahlen für das Jahr 2016 wurden aufgrund geltender Datenschutzbestimmungen nicht ausgewiesen. Die Kreisverwaltungen berichten im Zuge der Berichterstattung zur Entscheidung 2006/778/EG 2006 über Mindestanforderungen an die Erfassung von Informationen bei Kontrollen von Betrieben, in denen bestimmte landwirtschaftliche Nutztiere gehalten werden, für das Jahr 2017 326 gänsehaltende Betriebe. Eine Differenzierung nach Haltungsart liegt nicht vor. Eine Abfrage in der Tierseuchen-Nachrichten-Datenbank (TSN) ergab für den 29. November 2018: 1 874 Betriebe mit 14 549 Gänsen, davon 464 Freilandhaltungen mit 4 269 Gänsen.

Zu Frage 2:
Gänse aus konventioneller Haltung müssen entsprechend den allgemeinen Bestimmungen des Tierschutzgesetzes und der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung gehalten werden. Spezielle rechtliche Anforderungen für die Haltung von Gänsen bestehen nicht. Die ökologische Gänsehaltung stellt hohe Anforderungen an die Haltung der Tiere. So dürfen pro Jahr und Hektar Landwirtschaftsfläche nur 280 Gänse gehalten werden, was einem Stickstoffaufkommen von 112 kg pro Hektar entspricht. Pro Stall dürfen maximal 2 500 Gänse gehalten werden. Pro m² Stallfläche sind maximal 21 kg Lebendgewicht zugelassen, dies entspricht ca. drei ausgewachsenen Gänsen. Die Stallfläche muss eingestreut sein. Ein Grünauslauf ist zwingend vorgeschrieben. Als Grünauslauf sind 15 m² pro Gans vorgeschrieben. Wegen ihres großen Grasbedarfes erhält jede Gans eine oft über 100 m² große Weidefläche; dies ist auch notwendig um einen Verbiss der Grasnarbe und dadurch eine Zerstörung der Weidefläche zu verhindern. Der Zugang zu einem Bach, Teich, See oder Wasserbecken muss den Tieren zur Ausübung ihrer Gefiederpflege ermöglicht werden. Das Kupieren der Schnäbel und der Krallen ist im Öko-Landbau verboten. In der konventionellen Gänsehaltung ist ein Kupieren der Schnäbel und der Krallen nur in begründeten Fällen und nach Erteilen einer Erlaubnis durch die zuständige Behörde zulässig. In der ökologischen Gänsehaltung wird meist nur extensive Weidemast bzw. Langmast betrieben. So beträgt die Mastdauer etwa 25 Wochen.

Zu Frage 3:
Regional erzeugte Gänse sind insbesondere bei landwirtschaftlichen Direktvermarktern und z. T. auf Wochenmärkten erhältlich. Tiefgekühlte Gänse oder Gänseteile aus ökologischer und konventioneller Produktion werden teilweise auch im Lebensmitteleinzelhandel unter Angabe der regionalen Herkunft angeboten.

Zu Frage 4:
Gänsen, die in regionalen landwirtschaftlichen Betrieben gehalten und geschlachtet wurden, blieb ein Transport vom Betrieb in eine Schlachtstätte erspart. Darüber hinaus können sich Käufer im Herkunftsbetrieb von den Haltungsbedingungen überzeugen.

Zu Frage 5:
Die Landesregierung lehnt die Stopfmast aus Sicht des Tierschutzes ab. In Deutschland ist es verboten, einem Tier durch Anwendung von Zwang Futter einzuverleiben, sofern dies nicht aus gesundheitlichen Gründen erforderlich ist (§ 3 Satz 1 Nr. 9 Tierschutzgesetz). Bei ganzen Gänsen sowie Teilstücken, die aus Ungarn und Frankreich kommen, erfolgte möglicherweise eine Zwangsmast zur Fettlebererzeugung. Denn diese tierquälerische Fütterung muss nicht deklariert werden. Auch dass die Tiere lebend gerupft werden für die Daunengewinnung, muss nicht genannt werden. Diese schmerzhafte Methode ist in Deutschland verboten, kann in einigen EU-Ländern dagegen noch angewendet werden.

Zu Frage 6:
Die Verbraucherinnen und Verbraucher können Gänse aus nicht artgerechter Haltung im Supermarkt nicht erkennen. Zwar muss Geflügelfleisch gekennzeichnet sein, genannt werden müssen zum Beispiel die Geflügelart und der Name des Herstellers oder Schlachtbetriebes, aber für die Haltungsform gilt das nicht. Auskünfte über die Art der Geflügelhaltung sind für die Hersteller nach EU-weit definierten Vorgaben freiwillig. Oft täuschen Bilder von idyllischen Bauernhöfen oder Bezeichnungen wie „vom Bauernhof“ oder „Landgans“ vor, dass die Tiere aus artgerechter Tierhaltung kommen. Tatsächlich sagen diese allgemeinen Begriffe nichts über die Qualität und Produktion aus. Eine Orientierung bietet das freiwillige, unabhängig kontrollierte Herkunftssicherungssystem. D/D/D garantiert zum Beispiel, dass Geburt, Mast und Schlachtung des Geflügels in Deutschland stattgefunden haben. Über Fütterung und Haltung informiert das Siegel jedoch nicht. Dagegen stehen die gesetzlich geschützten Kennzeichnungen „Freilandhaltung“, „bäuerliche Freilandhaltung“ oder „ökologische Tierhaltung“ für eine artgerechte Aufzucht der Gänse.


Ulrike Höfken
Staatsministerin

 

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