Kleine Anfrage 17/9461

der Abgeordneten Jutta Blatzheim-Roegler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Lärmschutz am Nürburgring
– Drucksache 17/9573 –


Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/9461 – vom 18. Juni 2019 hat folgenden Wortlaut:

Immer häufiger wurden in den letzten Wochen Störungen und Belästigungen durch Motor sportevents am Nürburgring gemeldet. Beklagt wird seitens der Anwohnerinnen und Anwoh ner im Umland, dass die Lärmbelastung durch die Veranstaltungen erheblichgestiegen sei.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1. Welche Emissionsgrenzwerte sind in der Betriebsgenehmigung für den Nürburgring festgelegt?
2. Inwieweit ist in den vergangenen fünf Jahren gegen die Lärmschutzauflagen in der Betriebsgenehmigung verstoßen worden?
3. Inwieweit sind in den vergangenen Monaten nach Kenntnis der Landesregierung die Schallleistungen der Fahrzeuge überprüft bzw. überschritten worden?
4. Wie bewertet die Landesregierung die Schallemissionen und deren Auswirkungen auf die Anwohnerinnen und Anwohner?
5. Wie bewertet die Landesregierung die Entwicklung des Tourismus in der Region?


Das Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 10. Juli 2019 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1:
Der Nutzungsrahmen, der durch eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung aus dem Jahre 2000 und nachfolgende Anordnungen rechtsverbindlich vorgegeben ist, umfasst nicht ausschließlich Vorgaben für die Geräuschemission der Fahrzeuge. Er beinhaltet vielmehr sowohl für den Grand-Prix-Kurs wie auch die Nordschleife eine Kombination aus immissionsseitigen maximalzulässigen Jahresdauerschallpegeln (LAeq, 16h, anno) sowie Spitzenpegeln (LAFmax) – jeweils einzuhalten an repräsentativen Wohnnutzungen im Umfeld des Nürburgrings – und einer maximal zulässigen Anzahl verschiedener Renn- und Testnutzungen pro Jahr.

Diese Renn- und Testnutzungen sind durch unterschiedlich hohe maximal zulässige Tagesdauerschallpegel (LAeq,Tag) definiert, die ebenfalls an den schützenswerten Immissionsorten im Umfeld einzuhalten sind. Für die einzelnen Nutzungskategorien bestehen zudem Betriebszeitenregelungen, dies sowohl im Hinblick auf die Tages- wie auch die Jahreszeit. Für elektrisch angetriebene Fahrzeuge gelten teilweise hier von abweichende Regelungen.

Emissionsseitig besteht für die Nutzung der Nordschleife die Vorgabe, dass Fahrzeuge einen maximalen Schallleistungspegel LWAvon 138 Dezibel (A) aufweisen dürfen. Darüber hinaus bestehen auch nach dem jeweiligen Reglement der verschiedenen Rennsportveranstaltungen Begrenzungen für die Schallleistungspegel, die während der Rennen ständig überwacht werden und deren Überschreitung zum Ausschluss der entsprechenden Fahrzeuge aus dem Rennen führen.

Zu bestimmten Randzeiten ist lediglich eine Nutzung durch Fahrzeuge zulässig, die der Straßenverkehrsverordnung (StVO) entsprechen. Dies gilt ebenso für Touristenfahrten auf der Nordschleife. Für letztere bestehen darüber hinaus zusätzliche Anforderungen an die Fahrzeugemissionen durch die Fahrordnung des Betreibers für das Befahren des Nürburgrings, die nicht Gegenstand der Betriebsgenehmigung sind.

Zu Frage 2:
Für den Renn- und Testbetrieb auf Grand-Prix-Kurs und Nordschleife besteht ein Lärmmonitoring, welches durch einen unabhängigen Sachverständigen betrieben wird und den Lärm kontinuierlich erfasst. Durch Ersatzmessungen an streckennahen Messorten wird hierbei überprüft, ob die zulässigen Immissionswerte an den Wohnnutzungen im Umfeld eingehalten werden.

Der Betreiber der Rennstrecke muss der Überwachungsbehörde (Struktur- und Genehmigungsdirektion – SGD Nord) in einem jährlichen Saisonbericht unter Auswertung des kontinuierlichen Lärmmonitorings nachweisen, dass der festgesetzte Nutzungsrahmen eingehalten wurde. Die SGD Nord kann anhand der Saisonberichte überprüfen, ob der Betrieb regelkonform erfolgte. Hiernach war der Betrieb in den letzten fünf Jahren nicht zu beanstanden.

Zu Frage 3:
Der Lärm, der von der Rennstrecke ausgeht, wird kontinuierlich überwacht und die entsprechenden Daten aufgezeichnet. Dies umfasst grundsätzlich auch die Emissionen der Fahrzeuge. Die Überwachungsbehörde kann aufgrund von Beschwerden oder sonstigen Anlässen jederzeit auf die Daten aus der Lärmüberwachung zurückgreifen. Insofern kann zu jedem Zeitpunkt überprüft werden, ob der Betrieb im Rahmen des festgesetzten Nutzungsrahmens erfolgte. Über die Überprüfung der Saisonberichte hinaus ergab sich hierzu bisher keine Veranlassung.

Inwieweit darüber hinaus Verstöße gegen die Vorgaben der Rennreglements erfolgten, die zum Ausschluss von Fahrzeugen führten, ist der Landesregierung nicht bekannt. Dies gilt ebenso für mögliche Verstöße gegen die Fahrerordnung des Betreibers für das Befahren des Nürburgrings im Rahmen von Touristenfahrten.

Zu Frage 4:
Die Anwohnerinnen und Anwohner des Nürburgrings haben Anspruch auf einen angemessenen Schutz vor Lärm. Gleichwohl sind bei der Genehmigung des Betriebs bzw. Vorgabe des zulässigen Nutzungsrahmens auch Aspekte der Herkömmlichkeit und Sozialadäquanz berücksichtigt worden. Wirtschaftliche bzw. kulturhistorische Aspekte auf der einen und die Wahrung der Belange des Immissionsschutzes auf der anderen Seite sind daher stets gegeneinander abzuwägen und sachgerecht in Ausgleich zu bringen. Bei der Abweichung sind insbesondere lärmbedingte Gesundheitsgefahren zu beachten.

Um Gesundheitsgefahren durch Geräuschimmissionen aus dem Betrieb des Nürburgrings auszuschließen, wurde bei Erteilung der Betriebsgenehmigung auf Basis lärmmedizinischer Beurteilungen zweier unabhängiger Sachverständiger ein Nutzungskonzept entwickelt und vorgegeben, welches den Betrieb des Nürburgrings – wie in der Antwort zu Frage 1 skizziert – verbindlich beschränkt.

Wesentliche Aspekte bei der Frage der Zumutbarkeit des geräuschintensiven Renn- und Testbetriebs am Nürburgring waren die Tatsachen, dass die Nutzung mit Ausnahme des 24-Stunden-Rennens nur am Tage und stark saisonal erfolgt.

Durch ein Lärmmonitoring ist sichergestellt, dass die festgelegten Betriebsbeschränkungen eingehalten werden.

In den letzten Jahren wurde der ursprünglich genehmigte Betriebsumfang im Rahmen eines Sanierungskonzepts durch Anordnungen der SGD Nord weiter beschränkt. Neben der Anordnung passiver Schallschutzmaßnahmen wurde der Betreiber verpflichtet, kontinuierlich weitere Lärmminderungspotenziale zu prüfen und hierüber der Überwachungsbehörde zu berichten.

Zuletzt wurde das Ausmaß zulässiger geräuschintensiver Nutzungskontingente zugunsten neuer Kontingente für den Einsatz von Elektrofahrzeugen reduziert, was in Summe zu einer Reduzierung der Geräuschimmissionen führt.

Die Landesregierung geht davon aus, dass bei der Nutzung des Nürburgrings unter Berücksichtigung der besonderen Situation die Belange des Immissionsschutzes angemessen gewahrt sind. Gleichwohl setzt sich die Landesregierung weiter dafür ein, dass die Geräuschimmissionen am Nürburgring selbst, aber auch die zulässigen Geräuschemissionen zugelassener und StVO-konformer Fahrzeuge weiter reduziert werden.

Zu Frage 5:
Die Landesregierung bewertet die Entwicklung des Tourismus in der Region positiv. In der Verbandsgemeinde Adenau hat sich in den vergangenen Jahren die Zahl der Betriebe und angebotenen Betten erheblich gesteigert (2008: 46 Betriebe, 2 039 Betten, 2018: 128 Betriebe, 3 021 Betten). Die Zahl der Gäste und Übernachtungen stieg ebenfalls signifikant an (2008: 86 763 Gäste, 184 025 Übernachtungen, 2018: 128 055 Gäste, 244 328 Übernachtungen).


Ulrike Höfken
Staatsministerin

 

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