Mündliche Anfrage

der Abgeordneten Andreas Hartenfels, Jutta Blatzheim-Roegler und Pia Schellhammer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Grundwasserschutz in Rheinland-Pfalz
Plenarsitzung 17/86


Der Schutz und die Sicherung unseres Grundwassers ist eine der zentralen Aufgaben der Landesregierung. Sowohl die Trinkwasserversorgung als auch die Landwirtschaft ist von der hohen Qualität und Verfügbarkeit der wertvollen Ressource Wasser abhängig. Umso erschreckender sind die Rückgänge der Grundwasserneubildung (Drucksache 17/9651) sowie die Medienberichte über hohe Nitrat- und Pestizidmesswerte in manchen Grundwasserkörpern. Die Nährstoff- und Pestizidkonzentrationen der Grundwasserkörper könnten zukünftig in niederschlagsarmen Regionen in Rheinland-Pfalz, wie beispielsweise Rheinhessen, aufgrund der höheren Wahrscheinlichkeit von Dürreperioden im Zuge der Klimaerhitzung steigen. Auch der aktuelle Sonderbericht vom 8. August 2019 des Welt klimarats (IPCC) zur weltweiten Landnutzung zeigt, dass die Landwirtschaft einen großen Einfluss aufdie Verfügbarkeit und die Qualität des Grundwassers ausübt und eine Anpassung der Bewirtschaftung aufgrund der anhaltenden Klimaerhitzung nötig sein wird.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
1. Welche Grundwasserkörper in Rheinland-Pfalz sind aufgrund der geringen Grundwasserneubildungsrate besonders sensibel auf Einträge von Nährstoffen (wie z. B. Stickstoff oder Phosphor) bzw. Pestiziden?
2. Wie bewertet die Landesregierung die möglichen Auswirkungen von Dürreperioden auf die Grundwasserkörper im Land bzw. auf die Nährstoffkonzentrationen in den Grundwasserkörpern?
3. Welche möglichen Maßnahmen in der Landwirtschaft könnten, aus Sicht der Landesregierung, zum Schutz unserer Grundwasserkörper in Rheinland-Pfalz beitragen?
4. Welche konkreten Maßnahmen bzw. Programme setzt die Landesregierung zum Schutz des Grundwassers vor Nährstoff- und Pestizideinträgen um bzw. plant die Landesregierungumzusetzen?


Ulrike Höfken, Ministerin für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten:
Verehrter Herr Präsident, verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Eine internationale Studie hat in diesem Jahr schon für Aufsehen gesorgt. Es wurde darin festgestellt, dass die natürlichen Grundwasservorkommen schrumpfen und in den nächsten 100 Jahren nur die Hälfte der Grundwasserkörper wieder vollständig aufgefüllt werden.

Wir wissen alle, dass Starkregenereignisse dazu nicht gut beitragen können, weil das Wasser in die Gewässer abfließt. Hier stehen wir vor erheblichen Problemen, die wir auch in Rheinland-Pfalz sehen.

Wir haben in Rheinland-Pfalz Probleme mit der Grundwasserneubildung. Das thematisieren wir im Zusammenhang mit der Situation des Waldes. Das steht in starkem Zusammenhang mit der Reduzierung von Niederschlägen. Da beklagen wir ein Minus von 40 % in der jüngeren Zeit. Wir sehen erhebliche Rückgänge. Bei der Grundwasserneubildung haben wir ein Minus von 12 % im Norden identifiziert.

Die Prognosen reichen bis zu einem Minus von 25 %. Das ist eine ernst zu nehmende Situation.

Die Wissenschaft spricht von einer Umweltzeitbombe mit erheblichen Auswirkungen auf die Flüsse, Feuchtgebiete und selbstverständlich auf die Landwirtschaft, die davon erheblich betroffen ist. Das ist ein Thema, mit dem wir unsintensiv beschäftigen.

Natürlich haben wir eine starke Wasservergeudung. Weltweit haben wir einen hohen Wasserbedarf. Denken Sie an das Anwachsen der Bevölkerung. Wir haben darüber hinaus das Thema der Wasserverseuchung. Dazu gibt es intensive Diskussionen, beispielsweise die Diskussion über die Wasserrahmenrichtlinie und die Düngeverordnung.

Ich verweise auf Untersuchungen der Kooperation KLIWA (Klimaveränderung und Konsequenzen für die Wasserwirtschaft). Hier geht es um die Auswirkungen auf den Boden, das Grundwasser bezüglich des Klimawandels und die Anpassungsstrategie, die mein Ministerium zum Thema „Trinkwasser“ für die Zukunft vorgelegt hat.

Zu Frage 1:
Es ist ganz schwierig, Grundwasserkörper einzugrenzen; denn sie sind bis zu 200 km2 groß. Wir kön-nen also nur von den Regionen sprechen. Wie gesagt, wir haben weniger Niederschläge, höhere Jahresmitteltemperaturen – das wissen Sie – und lange Vegetationsperioden in manchen Gebieten. Wir können von Risikogebieten spre-chen. Das sind die Gebiete, die schon heute trocken sind, zum Beispiel Rheinhessen, die Vorderpfalz, das Maifeld, die Täler der Mosel.

Wir sehen gerade im Pfälzerwald und im Oberrheingraben, dass wir 25 % weniger bei der Grundwasserneubildungverzeichnen können. Prognostiziert werden für die übrigen Landesteile 15 % bis 25 %. Das ist eine erhebliche Veränderung, die droht.

Das hat weitere Folgen. Durch die Trockenheit steigt der Bewässerungsbedarf. Das heißt, die mangelnde Neubildung trifft auf höheren Bedarf und führt unter Umständen zu einer weiteren Absenkung. Was das für die Feuchtgebiete, Thema „Biodiversität“, bedeutet, lässt sich hierdurch verdeutlichen.

Die Entwicklung der Moore in Rheinland-Pfalz, bundesweitund europaweit kann zur Folge haben, dass wieder erhebliche CO2-Mengen freigesetzt werden. Das ist das Gleiche wie bei unserem Wald als CO2-Speicher. In dem Moment, in dem solche Ökosysteme zerstört werden bzw. bedroht sind, wird gleichzeitig der Klimawandel verstärkt. Das ist eine Spirale, die mit immer größerer Geschwindigkeit auf eine dramatische Situation zusteuert.

Zu Frage 2:
Die quantitativen Folgen habe ich eben schon angesprochen. Die qualitativen Folgen will ich auch nennen. Es ist klar, dass eine Konzentration von Nähr- und Schadstoffen stattfindet. Das lässt sich leicht nachvollziehen, das betrifft die Nitratproblematik und die Pestizide.

Insbesondere in trockenen Phasen im Sommer wird Nitrat von den Pflanzen schlecht aufgenommen. Im Winter, wenn mehr Regen vorhanden ist, wird es stärker ausgewaschen.

Hier gibt es eine Negativentwicklung. Es kommt dazu, dass Düngemittel in solchen Trockenphasen von den Pflanzennicht ausreichend aufgenommen werden können. Insofern sehen wir das mit großer Sorge und müssen uns damit befassen, wie wir die Aufbereitung von Trinkwasser angehen. Ich verweise noch einmal auf das Strategiepapier, das mein Ministerium bereits veröffentlicht hat.

Zu den Fragen 3 und 4:
Diese Fragen möchte ich zusammenfassen. Was kann man tun? Das Erste, was wir tun müssen, ist, den Klimawandel zu stoppen. Wir müssen unbedingt verhindern, dass durch weitere Emissionen von Treibhausgasen die Erderhitzung weitergeht. Hier stehen wir in großer Verantwortung und sehen gerade bei diesem Punkt der Tagesordnung die Auswirkungen auf die Grundwassersituation.

Das ist übrigens für die nächsten Generationen ein sehr wichtiges Thema; denn das, was wir heute als Grundwasser haben, müssen wir für die künftigen Generationen schützen. Darum ist eine intensive Diskussion über das Thema „Düngeverordnung“ wichtig. Ich war gestern in Berlin; ich war im Landtag deswegen gestern entschuldigt. Es geht um die Einhaltung der Wasserrahmenrichtlinie, die Düngeverordnung und den Schutz des Trinkwassers und der Gewässer vor Nitrat und Pestiziden. Das hat oberste Priorität.

Allerdings ist es auch die EU – das muss man leider sagen –, die die mangelnde Handlungsfähigkeit der Bundesregierung inzwischen beflügelt. Wir haben ein Zweitverfahren, das eingeleitet wird. Hohe Vertragsstrafen drohen.

Unter diesem Druck kommen wir hoffentlich zu einem Ergebnis. Maßnahmen sind, die Düngung so zu gestalten, dass sie dem Bedarf der Pflanzen entspricht. Es ist garnicht so einfach mit in die Diskussion zu bringen, dass Pflanzen einen Bedarf haben. Es geht letztendlich darum, wirklich zu vermeiden, dass es negative Auswaschungen aller Schadstoffe gibt.

Natürlich ist unsere Anstrengung in Rheinland-Pfalz wichtig, die Ökolandwirtschaft weiter zu stärken; denn sie bringt keine Pestizide und viel weniger Nitrat in die Gewässer, wie das Bundesinstitut neulich in einer Studie bestätigt hat. Für uns ist wichtig, dass alle Maßnahmen zum Schutz unserer Gewässer und Grundwasserkörper greifen.

Es wird eine weitere Diskussion geben, ob wir weiter mit dem Wasser so verschwenderisch umgehen können. Das betrifft beispielsweise auch die Wirtschaftsweisen, den hohen Verbrauch an Textilien, um einmal von der Landwirtschaft wegzugehen. Da wird sehr viel Wasser verbraucht.

Da wird sich in Zukunft einiges ändern müssen.

Vielen Dank.

 

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