Kleine Anfrage 17/11483

der Abgeordneten Jutta Blatzheim-Roegler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Gründungsförderung in Rheinland-Pfalz
Drucksache 17/11645


Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/11483 – vom 10. März 2020 hat folgenden Wortlaut:

Wirtschaft und Gesellschaft brauchen immer wieder junge Unternehmerinnen und Unternehmer, die Geschäftsideen umsetzen oder bestehende Betriebe weiterführen. Die Landesregierung ist bemüht, ein gutes Gründungsklima im Land zu schaffen. Die Förderung untergliedert sich in den unterschiedlichen Phasen einer Unternehmensentwicklung. Das Fachmagazin Capital berichtete in seiner Januarausgabe 2020 über den Mainzer Krebstherapie-Pionier Biontech, dessen Chefaufseher die Subventionspraxis in Deutschland kritisierte. In der Wachstumsphase hätte er sich demnach deutlich mehr Unterstützung vom Staat gewünscht.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1. Welche Förderung leistet das Land in der Orientierungsphase?
2. Welche Förderung leistet das Land in der Planungsphase?
3. Welche Förderung leistet das Land in der Gründungsphase?
4. Welche Förderung leistet das Land in der Aufbauphase?
5. Welche Förderung leistet das Land in der Wachstumsphase?
6. Welche Förderung leistet das Land in der Reifephase?
7. Wie gestaltet(e) sich die Unterstützung von Biontech durch das Land?


Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 27. März 2020 wie folgt beantwortet:

Gründungen bereichern das Wirtschaftsleben und geben wichtige Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung. Sie setzen innovative Ideen um, generieren Arbeitsplätze und sind dadurch wichtige Treiber für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Die Entwicklung einer Geschäftsidee hin zu einem erfolgreichen Unternehmen ist durch verschiedene Phasen gekennzeichnet, die an Gründungspersonen hohe Anforderungen stellen und oft zusätzliche Qualifikationen erfordern. Vor allem in Fragen der Finanzierung müssen sie oft komplettes Neuland betreten.

Für die Wirtschaftspolitik des Landes besteht die Aufgabe darin, Gründerinnen und Gründer umfassend zu begleiten, um den Weg von der Geschäftsidee zum Mehrwert für Wirtschaft und Gesellschaft möglichst zügig und solide zu ermöglichen. Förderung für Gründerinnen und Gründer gibt es daher in Rheinland-Pfalz flächendeckend. Zahlreiche Angebote unterstützen dabei, den Gründungsprozess so zu gestalten, dass Startfehler möglichst vermieden werden und der erfolgreiche Start erleichtert wird. In Bezug auf die Beantwortung anhand des sogenannten 6-Phasen-Start-up-Modells ist anzumerken, dass sich einige der nachstehend aufgeführten Förderangebote nicht nur auf eine Phase beziehen, sondern teilweise in zwei oder drei aufeinanderfolgenden Phasen Anwendung finden.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die vorbezeichnete Kleine Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1:
In der Orientierungsphase stehen die Ideenfindung und die Umsetzbarkeit der Idee im Mittelpunkt der Überlegungen. Über den Ideenwettbewerb Rheinland-Pfalz, gefördert durch das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau (MWVLW), werden erste, innovative Ideen aufgespürt und unterstützt. Alle Rheinland-Pfälzer können sich mit ihren Ideen für innovative Produkte, neuartige Dienstleistungen und Verfahren bewerben.

Studierende werden in dieser Phase über die vom Land geförderten hochschulübergreifenden Gründungsbüros (auch für die nachfolgende Phase relevant) beratend unterstützt. Sie fokussieren sich in ihrer Arbeit auf die Vorgründungsphase und geben u. a. Unterstützung bei der Entwicklung von Ideen und Geschäftsmodellen, den ersten Schritten eines Businessplans, der Schutzrechtgestaltung und dem Projektmanagement.

Zu Frage 2:
Die Planungsphase schließt alle Vorarbeiten ein, die zur Unternehmensgründung notwendig sind. Unter anderem gehören hierzu die Erstellung eines Businessplans, eines ersten Prototypen, des „Proof of Concepts“ sowie verschiedener Marktanalysen und Studien.Über die Beratungsprogramme für Existenzgründungen in Rheinland-Pfalz und für freie Berufe erhalten Gründerinnen und Gründer in der Vorgründungsphase Unterstützung, wenn sie eine Gründungsberatung für ihr gewerbliches oder freiberufliches Gründungsvorhaben in Anspruch nehmen. Die Förderung erfolgt durch die Vergabe eines Zuschusses zu den von dem selbständigen Berater bzw. Beratungsunternehmen in Rechnung gestellten Beratungskosten. Für die, die sich freiberuflich selbständig machen möchten, wird eine kostenlose Erstberatung durch das Institut für Freie Berufe (IFB) vom MWVLW gefördert.

Für alle Bereiche der Kultur- und Kreativwirtschaft steht die kostenlose Orientierungsberatung des Designforums DESCOM zur Verfügung. Das Angebot richtet sich an Gründerinnen und Gründer, Selbständige und Start-ups. Schwerpunkte der Beratung können u. a. die Analyse der beruflichen Ist-Situation, Netzwerke, Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Vermittlung an geeignete (Unterstützungs-)Angebote vor Ort sein.

Das MWVLW fördert für diese frühe Phase auch den „1,2,3 GO“ Businessplan-Wettbewerb. Über Monate hinweg lernen Gründungsinteressierte in Workshops, Coachings und Seminaren, einen Businessplan zu erstellen. Das Ziel ist die Entwicklung eines marktfähigen und fundierten Geschäftsmodells.

Mit dem Einheitlichen Ansprechpartner (EAP) Rheinland-Pfalz (auch für die nachfolgenden Phasen relevant) steht allen Unternehmen – auch Gründerinnen und Gründern – eine Einrichtung zur Verfügung, deren Aufgabe es ist, dabei zu unterstützen, behördliche Erlaubnisse und Genehmigungen einzuholen, die Voraussetzung zur Aufnahme einer Tätigkeit sind. Das alternative Finanzierungsinstrument Crowdfunding (auch für nachfolgende Phasen relevant) wird durch das MWVLW im Rahmen von IDEENWALD gefördert. IDEENWALD ist eine Plattform für den Start einer eigenen Kampagne, um die Idee, das Projekt oder das Produkt mit Unterstützung durch „die Crowd“ umsetzen zu können.

Zu Frage 3:
In der Gründungsphase wird das Unternehmen gegründet. Das Produkt ist größtenteils fertig entwickelt, nun wird alles auf die Markteinführung vorbereitet. Für diese und auch folgende Phasen hat das Land das Zuschussprogramm „startup innovativ“ aufgelegt, das in Form eines Wettbewerbsverfahrens durchgeführt wird. Die Förderung erfolgt im Wege einer Anteilsfinanzierung durch einen einmaligen Zuschuss. Die Förderung liegt zwischen einer Mindestfördersumme von 10 000 Euro und einer Maximalfördersumme von 100 000 Euro pro Gründungsvorhaben. Mit dem Aufstiegsbonus II wird eine Existenzgründung im Handwerk honoriert sowie ein Anreiz geschaffen, sich auf Grundlage einer erfolgreich abgelegten Meisterprüfung oder einer gleichwertigen öffentlich-rechtlichen Fortbildungsprüfung in Rheinland-Pfalz selbständig zu machen.

Gründerinnen und Gründer aus der Kultur- und Kreativwirtschaft können sich mit ihrem Geschäftsmodell beim Wettbewerb „Kreativsonar“ (auch für die Aufbauphase relevant) bewerben. Das MWVLW unterstützt mit dem Wettbewerb kreative Menschen auf ihrem unternehmerischen Weg. Als Lohn winkt ein Coaching im Wert von 5 000 Euro. Die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) stellt über verschiedene Tochtergesellschaften – den Venture Capital Fonds (auch in den folgenden Phasen relevant) – Unternehmen in Rheinland-Pfalz Beteiligungskapital in Form von offenen Direktbeteiligungen (Erwerb von Gesellschaftsanteilen) bzw. stillen Beteiligungen zur Verfügung mit dem Ziel, das Eigenkapital der Unternehmen zu stärken. In diesem Rahmen wird die Entwicklung bzw. Markteinführung eines innovativen oder technologieorientierten Produkts, Verfahrens oder einer Dienstleistung unterstützt. Finanziert werden insbesondere Forschungs- und Entwicklungskosten, Markteinführungskosten und Investitionen in Sachanlagevermögen.

Zu Frage 4:
In der Aufbauphase tritt das Start-up in die operative Geschäftstätigkeit ein. Erste Umsätze werden erzielt.

Auch in dieser Phase stellt die ISB über verschiedene Tochtergesellschaften (Venture Capital Fonds), Unternehmen in Rheinland-Pfalz Beteiligungskapital in Form von offenen bzw. stillen Beteiligungen zur Verfügung.

Zu Frage 5:
In der Wachstumsphase startet das Start-up eine Expansionsstrategie und strebt meist die Gewinnzone an. In dieser Phase hat ein Unternehmen oft einen höheren Finanzierungsbedarf und benötigt mehr Mittel, als durch öffentliche Fördereinrichtungen allein zur Verfügung gestellt werden können. Um jungen Unternehmen beim Zugang zu (privaten) Kapitalgebern, wie Business Angels, Family Offices oder Crowdinvesting-Plattformen zu unterstützen, gibt das Land Start-ups die Möglichkeit – zusätzlich zu den Venture Capital Fonds der ISB – im Rahmen von verschiedenen Veranstaltungsformaten ihr Geschäftsmodell vorzustellen und so eine zusätzliche Finanzierungmöglichkeit zu erschließen. In dieser Phase der Unternehmensentwicklung greifen bereits regelmäßig die allgemeinen Förderangebote der einzelbetrieblichen Innovations- und Wirtschaftsförderung in Rheinland-Pfalz.

Zu Frage 6:
In der Reifephase orientieren sich viele Unternehmen an Zukunftsmärkten und betreiben nachhaltiges Wachstum. Das sowie die Konkurrenzfähigkeit, Zukäufe und Zusammenschlüsse rücken in den Fokus. Auch in dieser Phase der Unternehmensentwicklung greifen regelmäßig die allgemeinen Förderangebote der einzelbetrieblichen Innovations- und Wirtschaftsförderung in Rheinland-Pfalz.

Zu Frage 7:
Die Landesregierung hat das Potenzial der Biotech-Branche in Rheinland-Pfalz frühzeitig erkannt und beispielsweise einen Schwerpunkt in der Innovationsstrategie verankert. In diesem Zusammenhang wurde die Entwicklung der BioNTech SE in einer frühen Phase der Unternehmensentwicklung über das einzelbetriebliche Innovations- und Technologieförderprogramm des Landes unterstützt.

Darüber hinaus befinden sich mehrere Vertreter der Landesregierung im regelmäßigen Austausch mit der BioNTech SE, um besondere Bedarfe zu ermitteln und die bestehenden Instrumente weiterzuentwickeln. Die betroffenen Ressorts der Landesregierung arbeiten hier gemeinsam mit der Stadt Mainz und der Universitätsmedizin Mainz.


Dr. Volker Wissing
Staatsminister


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