Kleine Anfrage 17/13581

der Abgeordneten Jutta Blatzheim-Roegler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Situation auf der Siegstrecke zwischen Siegen – Kirchen – Betzdorf – Köln – Aachen
Drucksache 17/13773


Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/13581 – vom 9. November 2020 hat folgenden Wortlaut:

Auf der hoch frequentierten Pendlerstrecke zwischen Siegen und Aachen kommt es seit dem Abschluss von Bauarbeiten zu regelmäßigen Verspätungen und Zugausfällen. Während der Bauarbeiten, die der Hangsicherung sowie der Sanierung der Gleisstrecke dienten, wurde ein Ersatzverkehr eingerichtet. Dieser fungiert seit Abschluss der Arbeiten nicht mehr. Für die Pendlerinnen/Pendler sind die Konsequenzen erheblich. Wer pünktlich am Arbeitsplatz erscheinen möchte, kann sich in dieser Situation nicht auf die pünktliche Beförderung durch die Deutsche Bahn verlassen.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1. Hat die Landesregierung Kenntnisse über die Gründe für die Zugausfälle und Verspätungen auf der Zugstrecke zwischen Siegen – Kirchen – Betzdorf – Köln – Aachen?
2. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über die Anzahl der Zugausfälle und Verspätungen?
3. Hat die Landesregierung Kenntnisse darüber, warum der Schienenersatzverkehr nach Abschluss der Bauarbeiten trotz weiterer Verspätungen und Zugausfälle eingestellt wurde?
4. Wie beurteil die Landesregierung die Planung der Bauarbeiten an der Zugstrecke zwischen Siegen – Kirchen – Betzdorf – Köln – Aachen der Deutschen Bahn in Bezug auf die Folgen für die Pendlerinnen/Pendler?
5. Ist der Landesregierung bekannt, ob die Siegstrecke für das Stellwerkprogramm „Digitale Schiene Deutschland“ DSD vorgesehen ist?
6. Wie beurteilt die Landesregierung die Situation der Pendlerinnen/Pendler im Hinblick auf die drohende Klimakatastrophe, wenn durch Zugstreichungen und regelmäßige Verspätungen wieder mehr Menschen gezwungen werden, auf das Auto umzusteigen?

Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 30. November 2020 wie folgt beantwortet:

Frage 1:
Als Begründung für Verspätungen und Zugausfälle geben die befragten Eisenbahnverkehrsunternehmen eine Stellwerksstörung in Niederschelden am 26. und 27. Oktober 2020 sowie Infrastrukturmängel vom 28. Oktober bis zum 2. November 2020 an. Diese führten dazu, dass nur ein Gleis zur Verfügung stand.

Zu Frage 2:
Auf Anfrage haben die beiden betroffenen Eisenbahnverkehrsunternehmen keine konkreten Zahlen an Zugausfällen genannt. Die Hessische Landesbahn berichtet über einen Zeitraum von vier Wochen ab dem 26. Oktober 2020, in dem 25 Voll- und 20 Teilausfälle vorgekommen seien. Die DB Regio, Region NRW nennt keine Zahlen und meldet lediglich „nicht unerhebliche“ Ausfälle. Die Pünktlichkeit der Züge der DB Regio AG sank von 91,8 Prozent vor dem Zeitraum der Baumaßnahmen auf 68 Prozent nach Abschluss der Baumaßnahmen. Zur Pünktlichkeit der Züge der Hessischen Landesbahn liegen keine Werte vor.

Zu Frage 3:
Der Schienenersatzverkehr (SEV) ist ein planmäßiger Verkehr mit Bussen, der eingerichtet wird, wenn Ausfälle durch Baumaßnahmen erwartet werden. Dieser wurde vertragsgemäß nach Ende der Bauarbeiten eingestellt. Für die Zeiten der Ausfälle nach Abschluss der Bauarbeiten wurde aber soweit möglich ein Busnotverkehr eingerichtet. Aufgrund der Unplanbarkeit unterschiedet sich dieser aber vom Schienenersatzverkehr, beispielsweise können keine Schilder angebracht werden, die auf die Abfahrtsstellen hinweisen, da kein zeitlicher Vorlauf gegeben ist.

Zu Frage 4:
Die Gleis- und Hangsicherungsarbeiten vom 4. September 2020 bis zum 25. Oktober 2020 an den betroffenen Streckenabschnitten Herchen – Schladern – Au (Sieg) – Betzdorf – Kirchen – Siegen führten zu zahlreichen Fahrtausfällen und Fahrplanänderungen auf den Linien RE 9, RB 90, RB 93, RE 99. Nach den coronabedingten Fahrplaneinschränkungen des RE 9 im Frühjahr 2020 stellte die Baumaßnahme den zweiten großen Einschnitt für die Fahrgäste entlang der Siegstrecke dar. In der Zeit der Baustelle vom 4. September 2020 bis 25. September 2020 fielen alle Züge der RE 9, RB 90, RB 93 und RE 99 zwischen Wissen (Sieg) und Au (Sieg) und einzelne Züge der RE 9 zwischen Wissen (Sieg) und Au (Sieg) bzw. Schladern (Sieg) aus. In der Zeit vom 25. September 2020 bis 27. September 2020 fielen zwischen Betzdorf (Sieg) und Au (Sieg) alle Züge der RE 9, RB 90 und RB 93 aus. In der Zeit vom 28. September 2020 bis 5. Oktober 2020 fielen alle Züge der RE 9, RB 90, RB 93 und RE 99 zwischen Wissen (Sieg) und Betzdorf (Sieg) sowie einzelne Züge auch zwischen Au (Sieg) und Betzdorf (Sieg) aus. Für alle ausfallenden Züge verkehrten Busse im Schienenersatzverkehr (SEV). Die Reisezeiten verlängerten sich dadurch jeweils um ca. 30 Minuten. Mit Kosten im hohen fünfstelligen Bereich bestellte der SPNV-Nord so genannte Reisendenlenker, die den Fahrgästen an den jeweiligen Umsteigeorten als Ansprechpartner dienten und ihnen beim Umstieg halfen. Die oben genannte Baumaßnahme stellte einen erheblichen Eingriff in das Angebot auf dieser Strecke dar. Gleichwohl konnten die Arbeiten aus baulichen Gründen nicht aufgeschoben werden. Eine Verbesserung wäre lediglich in Form einer größeren zeitlichen Verteilung der Maßnahmen möglich gewesen, was aus organisatorischen und wirtschaftlichen Gründen nicht weiterverfolgt wurde. Durch den intensiv geplanten SEV sowie den Einsatz der Reisendenlenker wurde den Fahrgästen die bestmögliche Alternative geboten.

Zu Frage 5:
Das Programm „Digitale Schiene Deutschland“ basiert auf der Ausrüstung der Streckeninfrastruktur mit dem Zugbeeinflussungs-system European Train Control System (ETCS), welches grundlegender Bestandteil des zukünftigen einheitlichen europäischen Eisenbahnverkehrsleitsystems ERTMS ist. Langfristig löst es die zahlreichen unterschiedlichen Zugbeeinflussungssysteme in Euro-pa ab. Der volle Nutzen von ETCS soll sich in Deutschland aus der Verbindung mit der digitalen Stellwerkstechnik (DSTW) er-geben. Im Rahmen des geplanten Flächenrollouts ETCS/DSTW auf Basis der Machbarkeitsstudie des Bundes aus dem Jahr 2018 ist nach Auskunft der DB AG auch die Umrüstung der Siegstrecke vorgesehen.

Zu Frage 6:
Jede Einschränkung des Angebots ist aus der Sicht der Landesregierung nicht begrüßenswert. Da es sich bei der beschriebenen Einschränkung jedoch um eine notwendige baustellenbedingte Reduzierung handelte, ist diese grundsätzlich nicht vollständig zu verhindern.


Dr. Volker Wissing
Staatsminister



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