Kleine Anfrage 17/13983

der Abgeordneten Jutta Blatzheim-Roegler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Verzögerung der Bußgelder für zu laute Güterzüge im Rahmen des Schienenlärmschutzgesetzes
Drucksache 17/14086


Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/13983 – vom 15. Dezember 2020 hat folgenden Wortlaut:

Trotz des Inkrafttretens des Schienenlärmschutzgesetzes zum 13. Dezember 2020 werden laut einem Schreiben des Bundesver-kehrsministers Andreas Scheuer die vorgesehenen Sanktionen gegen zu laute Güterwagen bis Dezember 2021 ausgesetzt. Das Schienenlärmschutzgesetz dient der Reduzierung der Lärmbelastung durch den Güterverkehr. Dabei soll die Benutzung von Wagen, die nicht über lärmmindernde Bremstechnologie verfügen, mit Bußgeldern sanktioniert werden.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1. Seit wann hat die Landesregierung Kenntnis davon, dass die Bußgelder für zu laute Güterzüge erst ab Ende 2021 erhoben wer-den sollen?
2. Hat die Landesregierung Kenntnis davon, was der Grund der Verschiebung durch Bundesverkehrsminister Scheuer ist?
3. Welchen Austausch gibt es zwischen der Landesregierung und den Bürgerinitiativen, die sich um einen verbesserten Lärmschutz kümmern?
4. Sieht die Landesregierung Probleme für die reibungslose, zuverlässige und pünktliche Taktung des Nahverkehrs, falls Züge aufgrund zu hohen Lärms langsamer fahren müssen?
5. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung unternommen bzw. unterstützt, um die Menschen im Mittelrheintal vor Güter-lärm zu schützen?
6. Inwieweit ist durch die Entscheidung von Bundesverkehrsminister Scheuer nicht nur das Mittelrheintal betroffen, sondern auch die Moselstrecke?


Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 30. Dezember 2020 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1:
Über die für ein Jahr ausgesetzte Sanktionierung von Verstößen gegen das Schienenlärmschutzgesetz sind die Verkehrsministerien der Länder mit einem Schreiben des Bundesverkehrsministeriums vom 23. November 2020 in Kenntnis gesetzt worden.

Zu Frage 2:
Der Bund beruft sich darauf, dass aufgrund der COVID-19-Pandemie die Werkstattkapazitäten stark eingeschränkt seien und sich die Umrüstung von Güterwagen in den Mitgliedstaaten dadurch verzögere bzw. unterbrochen sei. Angesichts dessen sei auf der Sitzung des Railway Interoperability and Safety Committee (RISC) der Mitgliedstaaten bei der Europäischen Kommission am 10. und 11. November 2020 angeregt worden, die Situation durch eine Übergangsphase zu entschärfen.

Hierbei sollten die im Gesetz vorgesehenen Betriebsprüfungen durchgeführt werden, lediglich eine Sanktionierung von Verstößen solle unterbleiben. Betroffene Verkehrsunternehmen sollten über unzulässige Wagenausrüstungen informiert und zur Einhaltung der Vorgaben aufgefordert werden. Das Bundesverkehrsministerium verweist im Übrigen auf die Erfahrungen, die in der Schweiz mit einer schrittweisen Einführung des Verbotes gemacht worden seien.

Zu Frage 3:
Die Landesregierung tauscht sich regelmäßig mit den Bürgerinitiativen aus, welche sich um einen verbesserten Lärmschutz kümmern. Verkehrsstaatsekretär Andy Becht hat den von Verkehrsminister Dr. Volker Wissing begonnenen konstruktiven Dialog mit den Bürgerinitiativen aus dem Mittelrheintal sowie dem Moseltal Ende August in Mainz fortgesetzt. Hierbei wurde insbesondere über die aktuellen Entwicklungen zum Lärmschutz informiert.

Außerdem sind verschiedene Bürgerinitiativen im Beirat „Leiseres Mittelrheintal“ vertreten, in dem der fachliche Austausch mit dem Bundesverkehrsministerium, Bundestagsabgeordneten, der Landesregierung und der DB Netz AG als Vorhabenträgerin für Lärmschutzmaßnahmen seit dem Jahr 2012 stattfindet.

Zu Frage 4:
Geschwindigkeitsbeschränkungen für Güterzüge würden sich direkt auf die Netzkapazitäten insgesamt auswirken. Das hätte unmittelbar Nachteile für die reibungslose, zuverlässige und pünktliche Taktung des Personennah- und des Fernverkehrs.

Zu Frage 5:
Bereits im Jahr 2010 haben Rheinland-Pfalz und Hessen im 10-Punkte-Programm „Leiseres Rheintal“ gemeinsam ein Förderprogramm zur Umrüstung von Güterwagen auf lärmarme Bremssysteme gefordert. Im Jahr 2011 wurde ein entsprechender Gesetzesvorschlag in den Bundesrat eingebracht. Mit dieser Regelung sollten seinerzeit nächtliche Durchfahrtverbote für laute Güterzüge im Mittelrheintal ermöglicht werden.

Wichtige Erfolge des Beirats „Leiseres Mittelrheintal“ sind u. a. die im Jahr 2014 erstellte und im Jahr 2017 ergänzte Machbarkeitsuntersuchung über zusätzliche Maßnahmen zur Lärmminderung im Mittelrheintal sowie der Beginn der baulichen Umsetzung der Maßnahmen. Als zusätzliche Maßnahmen wurden, neben den „klassischen“ Schallschutzwänden, neuartige niedrige Schallschutzwände entwickelt. Schienenstegdämpfer und Schienenschmiereinrichtungen sind weitere Maßnahmen zur Reduzierung des Lärms im Bereich der Schieneninfrastruktur. Ebenfalls auf Initiative von Rheinland-Pfalz betreibt das Eisenbahn-Bundesamt seit dem Jahr 2019 ein bundesweites Lärmmonitoring mittels 19 Messstellen, zwei davon sind in Rheinland-Pfalz installiert. In den Jahren 2019 und 2020 hat Rheinland-Pfalz zur Lärmsanierung im Oberen Mittelrheintal durch den Bund mit Landesmitteln in Höhe von 7,713 Mio. Euro beigetragen.

Die Landesregierung setzt sich außerdem nachhaltig dafür ein, dass baldmöglichst eine alternative Güterverkehrstrasse zur Entlastung des Mittelrheintals entworfen, geplant und gebaut wird. Im Rahmen der durch das Bundesverkehrsministerium zu beauftragenden Machbarkeitsstudie fordert Rheinland-Pfalz die Mitwirkung der betroffenen Landesverkehrsministerien ein, auch bei Zwischenergebnissen.

Zu Frage 6:
Die Entscheidung des Bundesverkehrsministeriums, die Sanktionierung von Verstößen gegen das Schienenlärmschutzgesetz für ein Jahr auszusetzen, gilt bundesweit und wirkt somit auch an der Moselstrecke.


Dr. Volker Wissing
Staatsminister

 

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