Kleine Anfrage 18/3756

der Abgeordneten Jutta Blatzheim-Roegler und Andreas Hartenfels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Extremwetter- und Klimaschutz in der Landwirtschaft
– Drucksache 18/3910 –


Die Kleine Anfrage – Drucksache 18/3756 – vom 25. Juli 2022 hat folgenden Wortlaut:

Die Hitze- und Dürrejahre 2018 und 2019 sowie die zunehmende Wahrscheinlichkeit von Extremwettereignissen zeigen sehr deutlich die Auswirkungen einer zunehmenden Klimaerhitzung. Die Schäden an Infrastruktur, Wäldern aber auch in der Landwirtschaft steigen aufgrund der Wetterextreme. So können zum Beispiel durch einen einzigen Starkregen bis zu 100 Tonnen wertvoller Ackerboden pro Hektar abgeschwemmt werden. Damit geht auch wertvoller Humus verloren, der für die Bodenfruchtbarkeit und die CO2 -Speicherung verantwortlich ist. Auch in diesem Jahr haben wir bereits Rekordtemperaturen, Extremwetter und Trockenphasen erlebt. In manchen Teilen von Deutschland und Europa ist die Wasserentnahme nur noch eingeschränkt möglich.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
1. Vor welchen klima- und witterungsbedingten Herausforderungen stand die rheinland-pfälzische Landwirtschaft in den letzten Jahren aus Sicht der Landesregierung?
2. Welche Auswirkungen haben, nach Kenntnisstand der Landesregierung, erosionsbedingte Schäden durch zunehmende Starkregenereignisse auf die Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz?
3. Welche Auswirkungen haben, nach Kenntnisstand der Landesregierung, zunehmende Trockenphasen und Dürreperioden auf die Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz?
4. Welche konkreten Maßnahmen können extremwetterbedingte Erosionsschäden als auch Trockenheitsschäden in Rheinland-Pfalz vermindern?
5. Welchen Beitrag können dabei bedeckte oder teilbeschattete Böden für den Extremwetter- und Klimaschutz leisten?
6. Welche Förderprogramme und Beratungsangebote stellt die Landesregierung der Landwirtschaft zur Verfügung, um vorsorgliche Maßnahmen für den Extremwetter- und Klimaschutz auf den Flächen umzusetzen?
7. An welchen Stellen gilt es aus Sicht der Landesregierung bestehende Förderprogramme weiterzuentwickeln?


Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit dem Schreiben vom 10.08.2022 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1:
Die rheinland-pfälzische Landwirtschaft hat sich in den letzten Jahren verstärkt den Herausforderungen des Klimawandels zu stellen. Trockenheit, Dürre und Hitze sowie extreme Niederschlagsereignisse haben vielerorts zu Ertrags- und Qualitätsproblemen bei den wichtigsten Kulturpflanzen geführt. In den letzten Jahren sind Böden zunehmend bis in größere Tiefen ausgetrocknet und Grundwasservorräte wurden aufgebraucht. Durch Starkniederschläge kam es zusätzlich zu Erosionsschäden und zum Verlust von Boden. Wird durch Bodenerosion in landwirtschaftlich genutzten Flächen entstehender Schlamm z. B. in Wohngebiete eingeschwemmt, kann dies zu Konflikten zwischen Landwirtschaft und Anwohnern führen.

Zu Frage 2:
Angaben zu den Mengen an erodiertem Bodenmaterial aus landwirtschaftlich genutzten Flächen liegen der Landesregierung nicht vor. Die größte Auswirkung auf die Landwirtschaft durch erosionsbedingte Schäden infolge zunehmender Starkregenereignisse stellt der Verlust von Boden dar. Insbesondere geht wertvoller Feinboden mit Humusbestandteilen und Nährstoffen verloren. Durch den Humusverlust leidet die Bodenfruchtbarkeit, weil weniger Feuchtigkeit im Boden gespeichert werden kann. Das Ertragspotential sinkt und die Kohlenstoffspeicherung der Böden ist vermindert. Abgeschwemmte nährstoffreiche Bodenbestandteile fehlen einerseits den Pflanzen als Nährstoffquellen und andererseits belasten bzw. eutrophieren sie die Oberflächengewässer, insbesondere mit Phosphat.

Zu Frage 3:
Der Landesregierung liegen keine konkreten Angaben zu wirtschaftlichen Schäden nach Trockenphasen und Dürreperioden in der rheinland-pfälzischen Landwirtschaft vor, allenfalls könnten diese aus der Agrarstatistik bzw. den Ernteerträgen grob abgeleitet werden. Trockenheit und Dürren haben Auswirkungen auf den Ertrag und die Qualität aller Kulturpflanzen (Nahrungs- und Futtermittel sowie Biogas-Substratpflanzen). Erhöhter Beregnungsbedarf und Mindererträge sind die Folge. So kann die Raufutterversorgung der Wiederkäuer gefährdet sein, sowohl durch Trockenphasen im Frühjahr mit verminderten Grünlandaufwüchsen als auch durch Trockenheit im Sommer, die sich auch auf den Silomais auswirkt. Das gleiche gilt für spätreifende Kulturen wie Zuckerrüben oder im Weinbau. Bei Temperaturen oberhalb etwa 30 Grad Celsius, die im Jahr 2022 bereits Mitte Juni vorkamen, stirbt das Getreide ab, anstatt allmählich bis in den Juli hinein auszureifen. Dies führt zu deutlichen Ertrags-, aber auch Qualitätseinbußen. In der Folge können Landwirtinnen und Landwirte oftmals Kontrakte (mit bestimmten Liefermengen) nicht einhalten. Zudem leiden die Nutztiere unter den hohen Temperaturen, sowohl auf der Weide als auch in den Ställen.

Zu den Fragen 4 und 5:
Als konkrete Maßnahme, um extremwetterbedingte Erosionsschäden zu vermindern, kann beispielsweise die Einsaat von Untersaaten in den Reihenkulturen (z. B. Mais) genannt werden. Auch der Ersatz von Mais, insbesondere als Biogassubstrat, durch mehrjährige Kulturen wie die Durchwachsene Silphie, ist möglich, verursacht aber hohe Etablierungskosten. Eine ganzjährige Bodenbedeckung und eine nicht wendende Bodenbearbeitung beugen ebenfalls Erosionsschäden vor.

Im Weinbau oder in anderen hanggeneigten Flächen besteht grundsätzlich die Möglichkeit einer Terrassierung der Flächen, doch meist bedarf es hierzu der Umsetzung in einem Flurbereinigungsverfahren. Neuerdings werden in einzelnen Fällen auf Ackerflächen Agroforstsysteme umgesetzt; auch um vor Bodenerosion zu schützen. Mit Hilfe von hochgeständerten Agri-Photovoltaik-Anlagen lassen sich Teilflächen überdachen und beschatten, so dass die Kulturflächen darunter vor extremer Sonneneinstrahlung, Verdunstung und Starkniederschlägen sowie Hagel geschützt werden können. Trockenheitsschäden lassen sich z. B. durch eine geeignete Sortenwahl, auch mit unterschiedlichen Abreifezeiten, etwas abmildern. Bei der Auswahl der Kulturarten selbst bestehen für die einzelne Landwirtin und den einzelnen Landwirt nur begrenzte Möglichkeiten, da der Markt trockenheitsverträgliche Kulturen wie etwa Hirse kaum nachfragt. Andererseits können Hirsearten Silomais zu einem gewissen Grad ersetzen. Auch Raps kann teilweise durch Sonnenblumen ersetzt werden, bei allerdings geringeren Ölerträgen pro Fläche. Bedauerlich ist, dass viele Kulturen, die aktuell als Beitrag zur Kulturartendiversifizierung betrachtet werden, einen relativ hohen Wasserbedarf haben, wie Hafer oder viele Körnerleguminosen.

Auch Mulchauflagen, Direktsaaten und an den Standort angepasste Bodenbearbeitungsverfahren können die Auswirkungen von Trockenphasen mindern. Grundsätzlich muss aber auf die Bodenfruchtbarkeit geachtet werden, wobei insbesondere der Humusanteil bei der Speicherung von Feuchtigkeit eine entscheidende Rolle spielt. Der Einsatz von mehr organischem Dünger (z. B. Kompost) oder Gründüngung kann dafür sorgen, dass sich mehr Humus im Boden anreichert. Allerdings ist der Anfall organischer Dünger in der Landwirtschaft durch die Tierhaltung und die Verwertung von Klärschlamm oder Kompost insgesamt begrenzt. Und bei der Bodenbedeckung durch Begrünung steht die Trockenheit einer Etablierung von Beständen oft im Wege. Auch zunehmend milde Winter stellen den Zwischenfruchtanbau vor ein Problem, wenn Bestände bis Ausgang Winter nicht abfrieren und dann chemisch oder mechanisch zum Absterben gebracht werden müssen, bevor eine Sommerung bestellt werden kann.

Es ist bekannt, dass eine gleichmäßig verteilte Bodenbedeckung (Mulchauflage von Ernteresten) einen relativ höheren Schutz vor Erosion bietet, als es dem prozentualen Bodenbedeckungsgrad entspricht. Beim Zwischenfruchtanbau geht man davon aus, dass die Pflanzen kaum mehr Wasser verbrauchen als ein offener Boden, der ebenfalls Wasser verdunstet. Allerdings benötigen Zwischenfrüchte relativ viel Wasser nach der Saat bis zum Aufgang.

Zu Frage 6:
Im investiven Bereich bietet insbesondere das im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (GAK) angebotene Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP) Möglichkeiten, Vorhaben zu fördern, die einen Beitrag zum Schutz vor Extremwetterereignissen und zum Klimaschutz leisten. Das fängt bei der Stallbauförderung an (z. B. Förderung der Abdeckung von Güllelagerbehälter oder Festmistlagerstätten, Förderung entsprechend großer Güllelagerkapazitäten oder die Förderung entsprechender Tierhaltungsverfahren) und geht weiter über die Förderung betrieblicher Beregnungsvorhaben (einschließlich der Frostschutzberegnung).

Daneben bietet das Land in seinem Programm zur Förderung von Investitionen in Spezialmaschinen und Umweltinvestitionen (FISU) die Möglichkeit, die Anschaffung von Maschinen und Geräten zu fördern, die eine positive Wirkung beim Klimaschutz erreichen (z. B. umweltschonende Gülleausbringtechnik, Techniken zur gezielte Unkrautbekämpfung mittels neuartiger mechanischer Verfahren, extensive Bodenbewirtschaftungssysteme ).

Das landwirtschaftliche Beratungsangebot an den Dienstleistungszentren Ländlicher Raum (DLR) umfasst, auch auf Grundlage von Anbau- und Sortenversuchen, neben anderen Themen vorsorgliche Maßnahmen hinsichtlich des Extremwetter- und Klimaschutzes. Am DLR Eifel wurde im Rahmen einer ELER-Förderung ein Berater zum Erosionsschutz, insbesondere im Maisanbau (Projekt „Reduzierung von Stoffeinträgen in Oberflächengewässer") eingestellt.

Zu Frage 7:
Die Programme werden ständig aufgrund des jeweiligen Standes der technischen Entwicklung angepasst. Darüber hinaus leistet der derzeit in der Endabstimmung befindliche GAP-Strategieplan zur Vorbereitung der neuen EU-Förderperiode einen Beitrag zum Thema Klimaschutz in den dort angebotenen unterschiedlichen Interventionsbeschreibungen. Dabei geht es sowohl um flächenbezogene wie auch um investive Maßnahmen.


In Vertretung
Petra Dick-Walther
Staatssekretärin

 

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