Plenarrede vom 08.11.2012

„Lärm macht nicht an Grenzen halt – hessischer Lärmaktionsplan reicht nicht aus“

(es gilt das gesprochene Wort)
Der jüngst von der hessischen Landesregierung vorgestellte Lärmaktionsplan macht an den Grenzen zu Rheinland-Pfalz halt, der Lärm allerdings nicht. Dieser sogenannte Aktionsplan erfüllt nicht im Geringsten die Erfordernisse des Lärmschutzes. Die massiven Belastungen durch Fluglärm im Rhein-Main-Gebiet werden durch einen Aktionsplan, der keine konkreten Lärmminderungsmaßnahmen vorsieht, verharmlost. Er sieht z.B. keine Lärmminderungsmaßnahmen vor. Nicht nur das Rhein-Main Gebiet ist betroffen, der Lärmteppich zieht sich weit nach Rheinhessen und bis nach Bad Kreuznach hin. Und trifft damit das wirtschaftliche Herz von Rheinland-Pfalz: den Tourismus.

Den gesundheitlichen Folgen durch Verkehrslärm, daran sind neben dem Flugverkehr auch Straße und Schiene ursächlich beteiligt, kosten in Europa nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) jährlich 50.000 Menschen das Leben. Das Umweltbundesamt erklärt, dass 30% aller Bundesbürgerinnen und Bundesbürger unter Fluglärm leiden. Der Frankfurter Flughafen stellt in Sachen Lärmterror ein Schwerpunktproblem dar. Das vom Bundesverwaltungsgericht verhängte Nachtflugverbot wird von der hessischen Landesregierung ausgesprochen lasch umgesetzt. Zwischen April und September starteten und landeten während der erklärten Nachtruhezeit zwischen 23 Uhr und 5 Uhr durchschnittlich 130 Flüge im Monat. Wer hier noch von Ausnahmefällen redet, belügt sich selber.

Die Zahlen sind nachprüfbar: Das rheinland-pfälzische Umweltministerium hat dankenswerterweise bereits in Nackenheim und Weisenau sowie seit Ende Juli in Lau-benheim Lärmmessstationen aufgestellt. Laut Aussage der Landesregierung auf eine KA der Kollegen Köbler und Steinbach ist dadurch nachzuweisen, dass seit Inbetriebnahme der neuen Nordwest-Landebahn ein deutlicher Anstieg der Lärmwerte zu verzeichnen ist. Die einzelnen Lärmereignisse von Oktober 2011 bis Ende September 2012 können Sie in der Drucksache 16/1717 nachlesen.

Bereits vier Millionen Menschen in Deutschland klagen über „äußerst starke Belästigung“ und über „starke Störung und Belästigung“ durch Fluglärm; weitere 7,2 Millionen fühlen sich durch Fluglärm „mittelmäßig gestört“. Der menschliche Körper reagiert auf Verkehrslärm mit Stress. Die Folgen sind Konzentrationsmängel, Schlafstörungen, eine allgemeine Schwächung des Immunsystems bis hin zu Magen-Darm und Herz-Kreislauferkrankungen.

Die volkswirtschaftlichen Kosten sind schwer zu beziffern. Lärmbedingten Erkrankungen folgen häufig Berufsunfähigkeit und Frühverrentung. Kaum weniger drastisch – und ebenfalls schwer zu beziffern – sind die Folgen von gestörter Konzentrationsfähigkeit im Arbeitsalltag. Eine umfangreiche, durch den Epidemiologen Prof. Eberhard Greiser durchgeführte Studie im Großraum Köln, bei der Daten von mehr als einer Million Versicherten ausgewertet wurden, zeigte, dass die gesundheitlichen Folgen des Fluglärms von einem Dauerschallpegel von 40 dB(A) an linear steigen. Fluglärm wird in dieser Studie als mitverantwortlich für Schlafstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis hin zu Krebserkrankungen gesehen (UBA). Alleine die Kosten für die Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen um den Flughafen Frankfurt schätzt das Umweltbundesamt auf 400 Millionen Euro in 10 Jahren. Diese Zahlen belegen: Lärm macht krank!

Ich hatte anlässlich des diesjährigen Girls-Day 4 Mädels zu Besuch im Landtag, die allesamt unter dem Fluglärm zu leiden haben, sei es, dass sie nicht mehr in der Schule die Fenster öffnen können oder die Schulpausen verlärmt sind. Es gibt Eltern, die aus Verzweiflung ihren Kindern lärmgeschützte Bunker im Keller ausbauen, damit die Kinder Schlaf finden können.

Hier ist aber auch die Bundesregierung gefragt und zwar in der Frage der innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalvertrages im Zusammenhang mit dem Entflechtungsgesetz. Meines Erachtens müssen auch die Voraussetzungen für eine Finanzierung der Investitionen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden dort erfasst werden. Ich gehe davon aus, dass auch die gesetzlichen Aufgaben beziehungsweise die Anforderungen, die sich in diesem Zusammenhang im Bereich Luftreinhaltung und Lärmschutz ergeben, von der Möglichkeit der Finanzierung erfasst werden und der Bund dem enormen Finanzbedarf zur Einhaltung des Gesundheitsschutzes und der entsprechenden EU-Richtlinien Rechnung trägt. Das ist bisher nicht geschehen.

Und an anderer Stelle ist ebenfalls die Bundesregierung gefragt: Es bedarf bundesweiter Regelungen für den Fluglärm, die das Schutzbedürfnis der Menschen als vor-angiges Ziel hat. Dazu gehören Lärmobergrenzen und gesetzliche Grundlagen für Nachtflugverbote und –begrenzungen zwischen 22 und 6 Uhr. Das Recht auf Nacht-ruhe ist unteilbar, dies betrifft selbstverständlich auch die Regionalflughäfen! Auch die Menschen im Hunsrück wollen einen ungestörten Schlaf.
Wir erwarten konkret von der hessischen Landesregierung, die überfällige Begrenzung der Flugbewegungen in der gesetzlich verankerten Nachtruhezeit einzuhalten sowie Rheinland-Pfalz in die erforderliche Überarbeitung des Lärmaktionsplanes einzubinden – so wie es sich unter Nachbarn gehört. Rheinland-Pfalz ist nicht bereit, den Fluglärmexport aus Hessen durch die Kapazitätserweiterung des Frankfurter Flughafens und die dadurch bedingten zusätzlichen Lärmbelastungen in Mainz und den betroffenen rheinland-pfälzischen Tourismus-Regionen hinzunehmen.



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