Plenarrede

Mündliche Anfrage der Abgeordneten Jutta Blatzheim-Roegler, Andreas Hartenfels, Dietmar Johnen und Stephanie Nabinger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu Perfluorierte Tenside (PFT) in Gewässern in Binsfeld (Verbandsgemeinde Wittlich-Land) und Orten um die Airbase Spangdahlem

 

Abg. Blatzheim-Roegler:

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Welche neuen Erkenntnisse liegen der Landesregierung über die festgestellten Verunreinigungen in Gewässern in Binsfeld und Umgebung, in der Kanalisation sowie in der Kläranlage Kailbachtal bei Niederkail vor?
  2. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zur Quelle der Verunreinigung vor und konnte diese inzwischen zweifelsfrei lokalisiert werden?
  3. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung betreffend der Erfüllung von Regressforderungen an die BImA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) seitens des Angelvereins Binsfeld, der die Angelgewässer nicht mehr nutzen kann, und der Verbandsgemeinde Wittlich-Land, die den belasteten Klärschlamm kostenintensiv entsorgen lassen muss, vor?
  4. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, die PFT-Verunreinigungen in dem betroffenen Gebiet zu reduzieren bzw. eine Sanierung durchzuführen?

 

 

Frau Höfken, Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten:
Ganz herzlichen Dank. –Ich möchte vorausschickend zur Beantwortung der Frage sagen, dass es sich bei PFT um eine Gruppe von Stoffen handelt. Es wird vor allem ein Wert, der überall vorkommt, sozusagen als Indikator benutzt. Das ist PFOS, Perfluoroctansulfonat. Diese Gruppe von Stoffen istnach der EU-Beurteilung persistent, bioakkumulierend, toxisch und steht im Verdacht, krebserregend zu sein. Sie reichert sich in Organismen und im Blut an. Durch die große Bandbreite des Einsatzes seit etwa 50 Jahren – das reicht von Beschichtungen von Textilien bis hin zu Löschschäumen – finden wir heute in Rheinland-Pfalz, aber auch in anderen Teilen von Deutschland und Europa eine sehr breite, im Prinzip ubiquitäre Verteilung dieser Stoffe.

Das ist also ein Problem, das wir uns in den vergangenen 50 Jahren selbst geschaffen haben. Fluch und Segen von Chemikalien. Im Land hat ein Ereignis die große Aufmerksamkeit auf diese Problematik gelegt. Das war ein Flughafenbrand in Nordrhein-Westfalen. Sie erinnern sich vielleicht an diesen Brand und an eine enorme Belastung des Wassers in Nordrhein-Westfalen. Es gab auch einen Brand in Rodenbach in der Verbandsgemeinde Weilerbach, bei dem im Übrigen die GRÜNEN sehr dazu beigetragen haben, dass das Schadensausmaß wirklich intensiv untersucht und viel getan wurde. Ich möchte aber eines betonen: Wenn wir von Belastungen reden, handelt es sich nicht um Belastungen des Trinkwassers. Wenn wir also die Gesundheit der Menschen als obersten Maßstab sehen, können wir sagen, die Menschen sind nicht gefährdet.

Das gilt auch für die meisten Bereiche des Grundwassers, vor allem für die, die beispielsweise für die Mineralwasserherstellung oder Ähnliches genutzt werden. Diese sind nicht belastet; denn dazu haben wir bereits Erkenntnisse. Wir haben aber – das habe ich vorhin gesagt – an bestimmten Hotspots besondere Belastungen im Oberflächenwasser, im Grundwasser, in Klärschlämmen und deren Abwasser. Deshalb muss etwas getan werden,auch vor dem Hintergrund, dass die EU ihre Richtlinien verändert. Wir haben eine neue Richtlinie„Prioritäre Stoffe“, die an uns neue Maßstäbe und Herausforderungen stellt. Ich habe bereits eine Arbeitsgruppe veranlasst – am 1. Oktober hat sie zum ersten Mal getagt –, die über alle Fachbehörden geht und die auch mit dem Wirtschafts-ministerium und dem US-Militär zusammenarbeitet, die eine landesweite Strategie erarbeitet, um zu neuen Erkenntnissen und umfassenden Maßnahmen bzw. Einschätzungen zu kommen. Ich kann aber gleich sagen: Wir werden diese Zielsetzung der EU nicht erreichen können. Damit müssen wir uns auseinandersetzen.

Zu Frage 1:
In Abstimmung mit der Verbandsgemeindeverwaltung Wittlich-Land und der Ortsgemeinde Binsfeld hatte die SGD Nord eine Informationsveranstaltung im September 2014 in Binsfeld gemacht. Es war eine große Veranstaltung, zu der viele Menschen gekommen sind und auf der auch Abgeordnete vertreten waren. Es wurden der Bevölkerung und den Fachleuten erste Ergebnisse vorgestellt. Dabei wurde deutlich, dass alle Bäche im Umfeld des Flugplatzes Spangdahlem PFT-Belastungen aufweisen, wobei im Linsenbach und im Wachenbach südlich des Flugplatzes Werte von 2 Mikrogramm pro Liter erreicht werden, während die Bäche nördlich und westlich geringere Werte von 0,05 bis maximal 1 Mikrogramm pro Liter aufweisen.

Die Ergebnisse der bisherigen Grundwasseruntersuchungen auf dem Flugplatzgelände – wir reden von Spangdahlem –und in dessen Umfeld zeigten ebenfalls PFT-Belastungen von 1,7 Mikrogramm pro Liter auf. Sehr hohe Werte wurden in einem Bereich festgestellt. Das ist der sogenannte Märchenweiher in Binsfeld. Das ist ein Angelweiher. Hier wurden durch die Untersuchungen die Belastungen des Oberflächenwassersmit Werten bis maximal 3,7 Mikrogramm pro Liter für die Summe der PFT-Verbindungen bestimmt. Das heißt, man konnte auch bei den Fischen entsprechende Belastungen feststellen. Es wurde eine strenge Verzehrempfehlung für Fische aus diesem Binsfelder Weiher und aus den entsprechenden Bächen ausgebracht.

Im Hinblick auf die PFT-Belastung des zur Kläranlage Kailbachtal fließenden Abwassers wurden Klärschlammuntersuchungen durchgeführt. Die Daten der Verbandsgemeinde zeigen, dass im Jahr 2014 der Grenzwert der Düngemittelverordnung von 100 Mikrogramm pro Kilogramm in sieben von neun Proben überschritten war. Die Klärschlämme werden verbrannt.

Zu Frage 2:
Hier geht es um die Quelle der Verunreinigungen. Recherchen haben ergeben, dass neben den Flugzeugabsturzstellen verschiedene Brandorte, vor allem die Feuerlöschübungsplätze, als maßgebliche Quelle in Betracht kommen. Hier gibt es eine enge Zusammenarbeit mit den US-Zuständigen. Es werden zurzeit weitere orientierende Untersuchungen durchge-führt. Es wurden die ersten Daten zur Grundwasseruntersuchung ausgewertet.

Des Weiteren erfolgen Abwasseruntersuchungen an verschiedenen Einleitstellen. In Kürze werden die Ergebnisse aller Untersuchungen in einer Expertengruppe aus deutschen und amerikanischen Behörden und Experten des Flugplatzes erörtert. Ziel der Erörterung ist die Festlegung erforderlicher Detailun-tersuchungen, die dann bekanntgegeben werden. Es gab auch eine Nachfrage zum Flugzeugtreibstoff JP8. Hier liegen uns noch keine weiteren Erkenntnisse vor, aber die SGD hat die US-Behörden gebeten, Proben für weitere Untersuchungen zur Verfügung zu stellen.

Zu Frage 3:
Zu Regressforderungen an die BImA kann man positiv sagen, dass diese, was die Verbandsge-meinde angeht, weitgehend erfüllt worden sind. Auch der Angelverein hat Regressforderungen gestellt, aber da liegen meines Wissens noch keine Erkenntnisse vor, wie das ausgeht.

Zu Frage 4: Ich habe gerade gesagt, dass wir eine Arbeitsgruppe gegründet haben, die eine landesweite Ausrichtung hat, aber auch in Spangdahlem gilt, dass erst nach Abschluss der eben skizzierten umfangreichen Erkundungen und deren Auswertung weitergehende Maßnahmen konzipiert werden können. Oberste Priorität hat natürlich der Ausschluss der Gefährdung der Menschen vor Ort.

Deswegen auch die Einschränkung beim Fischverzehr. Dazu gehört aber auch ein Verzicht auf die Bewässerung mit Bachwasser. Ferner werden die PFT-belasteten Klärschlämme nicht mehr auf die Felder aufgebracht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Hier Mündliche Anfrage (PDF) inklusive der Zusatzfragen sowie vollständiges Plenarprotokoll herunterladen



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