AKTUELLE STUNDE

„Aktuelle Situation um die Schiersteiner Brücke in Mainz“ auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 16/4620 – „Umfassendes Krisenmanagement der Landesregierung nach Bau-Unfall auf der Schiersteiner Brücke“ auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Drucksache 16/4621 –

Abg. Frau Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Herr Präsident, meine Damen und Herren!
Zum umfassenden Krisenmanagement der Landesregierung nach dem Bauunfall auf der Schiersteiner Brücke haben wir heute ebenfalls eine Aktuelle Stunde beantragt. Der Bauunfall an der Schiersteiner Brücke hat für die Region ganz erhebliche und im Einzelfall auch durchaus drama-tische Auswirkungen. In jeder Stadt würde ein solcher plötzlicher Ausfall einer wichtigen Straßenverkehrsverbindung zum Verkehrskollaps führen, ob in München, in Mannheim, in Köln oder in anderen Städten.

Um die erheblichen Belastungen für Pendlerinnen und Pendler und auch für die anderen Betroffenen durch die Sperrung der Brücke abzumildern, hat die Landesregierung unverzüglich in Zusammenarbeit mit der Stadt Mainz – da danke ich ausdrücklich der Verkehrsdezernentin Kathrin Eder –, mit der DB, mit dem Verkehrsunternehmen vlexx, den Fährbetreibern reagiert und alter-native Verkehrsangebote angeboten. Das verdient Dank und Respekt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Viele der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben während der Fastnachtstage, als andere feierten, daran gearbeitet, alternative Angebote zu realisieren. Der Notfallplan funktioniert inzwischen Gott sei Dank weitgehend für viele, aber nicht für alle. Und keine weitere noch so ausgetüftelte Maßnahme kann im Nullkommanichts eine solche Verbindung ersetzen, wie sie durch die Schiersteiner Brücke weggefallen ist.

Ich will aber einige Maßnahmen nennen: Neben den zusätzlichen Zügen auch die Erweiterung der Fährkapazitäten zwischen Rheinland-Pfalz und Hessen, Platzkapazitäten in der S-Bahn-Linie 8, zusätzliche Regionalverbindungen, Sitzplatzkapazitätserhöhung usw. Es sind aber nicht nur die Pendlerinnen und Pendler betroffen, es ist nicht nur der Waren- und Wirtschaftsverkehr, es sind auch diejenigen betroffen, die vielleicht einmalige, aber wichtige Termine haben, zum Beispiel beim Arzt, im Krankenhaus. Heute habe ich von einem Schulkind gehört, hier war der Bus so voll, dass es vor dem Bus stehen bleiben musste. Auch darauf möchte ich den Blick wenden.

Es sind auch Berufsgruppen betroffen, die auf das Auto angewiesen sind, zum Beispiel Pflegedienste. Gerade am letzten Beispiel sieht man, dass direkt und indirekt mehr Menschen unter den Auswirkungen leiden müssen als nur der einzelne Autofahrer und die einzelne Autofahrerin. Auch diejenigen, die Schichtdienst haben und vielleicht zu anderen Zeiten fahren, beispielsweise Poli-zistinnen, Krankenschwestern usw., müssen jetzt erhebliche Umwege fahren. Das alles stresst und nervt und kostet Geld.

Insofern habe ich durchaus Verständnis, dass einige gern schnell einen Sündenbock benennen wollen. Auch das ist menschlich. Aber wir müssen sehen, dass wir diese Situation jetzt organisatorisch und letztendlich natürlich mit weiteren politischen Entscheidungen versu-chen zu lösen. Dass das ganze große Chaos ausgeblieben ist, ist auch den Pendlern und Pendlerinnen zu verdanken, die flexibel reagiert haben, umgestiegen sind oder Fahrgemeinschaften gebildet haben. Leider wurden aber auch sehr schnell Vorwürfe laut, an dem Chaos seien die böse Landesregierung und insbesondere die bösen GRÜNEN schuld. Es gebe zu wenige Straßen und Brücken im Land, das Land würde zu wenig für intakte Infrastruktur ausgeben.

(Beifall der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Dazu ein paar Zahlen. Das klassifizierte Straßennetz in Rheinland-Pfalz umfasst 875 km Autobahnen, rund 500 km Anschlussäste und -rampen, rund 2.945 km Bundesstraßen, 7.230 km Landesstraßen, 7.365 km Kreisstraßen sowie nicht gezählte Kilometer Stadt- und Gemeindestraßen.

(Zuruf von der CDU)

Das Credo der rot-grünen Koalition beim laufenden Haushalt 2014 lässt sich so beschreiben: Erhalt und Ausbau der Straßen sind die Basis der rheinland-pfälzischen Infrastrukturpolitik. Für insgesamt 357 Straßenbauvorhaben wurden im Doppelhaushalt rund 167 Millionen Euro bereitgestellt. Ich denke, damit ist es mit Blick auf die Schuldenbremse gelungen, einen Ausgleich zwischen den verkehrspolitisch wünschenswerten Vorhaben und den haushaltspolitisch machbaren Projekten zu erreichen. Ich glaube, auch dieser Bauunfall hat gezeigt: Wir brauchen nicht dauernd neue Straße und dauernd neue Brücken, wir müssen in den Bestand und in den Erhalt investieren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir haben natürlich im Haushalt – darüber haben wir schon mehrfach gesprochen – ganz erhebliche Mittel in den ÖPNV und in den SPNV gesteckt. Der Rheinland-Pfalz-Takt 2015, der zum Ende des letzten Jahres mit allein 20 % mehr Zugleistung für Pendlerinnen und Pendler in Kraft getreten ist, hat ein Stück weit dazu beigetragen, dass die Situation jetzt einigermaßen aufzufangen ist. Ich möchte an der Stelle sagen: Das ist ein Angebot. Die Nutzerzahlen und die Nachfrage nach öffentlichen Angeboten steigen wie nie zuvor.

Aber natürlich ist kein Mensch gezwungen, den ÖPNV zu nutzen. Wenn wir diesen jedoch nicht auch in einem guten Ausmaß mit noch einer Sicherheitsreserve ausgebaut hätten, dann – glaube ich – wäre die Situation vor Ort in den letzten Tagen noch schwieriger gewesen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Auch wenn die Sperrung der Schiersteiner Brücke ein Unfall war

(Glocke des Präsidenten)

und auch die genauen Ursachen noch nicht herauszufinden sind, denke ich, dass es auch gezeigt hat, wir müssen das Geld in den Straßenerhalt und in die Sanierung stecken.

(Glocke des Präsidenten)

 Danke.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Hier vollständiges Plenarprotokoll (PDF) herunterladen



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