Plenarrede

AKTUELLEN STUNDE Rot-Grüner Investitionsstau bei Landesstraßen – Sondergutachten des Landesrechnungshofs belegt Defizite rot-grüner Politik in Rheinland-Pfalz auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/5613 –

Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Aktuelle Stunde der CDU ist wie folgt überschrieben: „Rot-Grüner Investitionsstau bei Landesstraßen – Sondergutachten des Landesrechnungshofs belegt Defizite rot-grüner Politik in Rheinland-Pfalz“. Hier ist schon gleich der erste Fehler.

Es gibt nämlich kein Sondergutachten in diesem Kontext. Der Titel der Expertise heißt im Übrigen: „Beratende Äußerunggemäß § 88 Abs. 2 LHO“. Ich habe mir einmal die Mühe gemacht und nachgeschaut. In § 88, Aufgaben des Rechnungshofs, Absatz 2 steht: „Der Rechnungshof kann aufgrund von Prüfungserfahrungenden Landtag, die Landesregierung und einzelne Ministerien beraten. Soweit der Rechnungshof den Landtag berät, unterrichtet er gleichzeitig die Landesregierung.“

Insgesamt besteht die Landeshaushaltsordnung aus 117 Paragrafen. Das Wort „Sondergutachten“ habe zumindest ich mit der Suchfunktion nicht gefunden. Deswegen ist das Wort „Sondergutachten“ als Titel dieser Aktuellen Stunde völlig fehlbesetzt. Wenn man sich den gesamten Bericht aufmerksam durchliest, kommt man auch keineswegs zum Schluss, dass diese beratende Äußerung Defizite der rot-grünen Politik in Rheinland-Pfalz belegt. Wenn man indiesem Zusammenhang von Defiziten spricht, dann fallen mir höchstens ein

1. die Defizite der CDU-Landtagsfraktion beim Lesen und Verstehen des Berichts,

2. die Defizite der CDU-Landtagsfraktion beim Vorlegen von Deckblättern zur Erhöhung von Straßenbaumitteln im letzten Haushalt, da war nämlich Fehlanzeige,

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

3. das Defizit der CDU-Landtagsfraktion bei der Beantragung von Umschichtungen im Haushalt, Stichwort: zweckgebundene Bundesmittel, Regionalisierungsmittel für den Landesstraßenbau ausgeben

– das wollten Sie, das geht aber rechtlich gar nicht –,

4. die Defizite der CDU-Landtagsfraktion bei der Generierung von Aktuellen Stunden, das Thema war nämlich bereits in zwei Ausschüssen erschöpfend behandelt worden,

5. das Defizit der CDU-Landtagsfraktion beim Thema nachhaltige Infrastrukturpolitik,

dies leider nicht nur in Rheinland-Pfalz. In Berlin sieht es auch nicht besser aus. Verkehrsminister Dobrindt taumelt monatelang durch eine unsägliche Mautdebatte bis zum Abwinken durch die EU. Der CDU-Finanzminister Schäuble opfert auf dem Altar der schwarzen Null den Nahverkehr in den Ländern.

Herr Licht, ich schätze Sie als Wahlkreiskollegen. Aber beim Thema nachhaltiger und zeitgemäßer Infrastrukturplanung sehe ich noch Luft nach oben. Bei Ihren Kollegen in der Pfalz sieht es nicht besser aus. „Ausbau, Ausbau, Ausbau“ – so war ein Artikel in der „RHEINPFALZ“ betitelt. Es ging um die Infrastruktur im Süden und darum, welche Pläne die CDU hat. Sie wollen selbst den Flugplatz Speyer ausbauen. Da sage ich nur: Frohe Gespräche mit der EU. Haben Sie noch nie etwas von den EU-Leitlinien für Flughäfen gehört? Am besten war der Kommentar, der den CDU-Schrei nach Ausbau mit Taktik überschrieb. Ich sage: Wahlkampftaktik. Ich würde mich herzlich gern mit Ihnen auf ein Streitgespräch zum Thema „Infrastruktur“ einlassen oder messen. Es ist aber müßig, weil Ihnen offensichtlich die Grundlagen fehlen.

Nun zum Rechnungshofbericht. Es ist immer hilfreich, wenn jemand von außen auf die Politik schaut und dies kritisch tut. Wir teilen durchaus die Auffassung, dass es nicht in jedem Fall zielführend sein kann, wenn Straßensanierungen an der Oberfläche passieren, anstatt sie einer grundlegenden Sanierung zu unterziehen, wie es auf Seite 7 des Rechnungshofberichts angemerkt ist.

Ich teile durchaus die Analyse, dass Personal bzw. Ingenieure fehlen. Das hat aber nun wirklich nichts mit einer verfehlten rot-grünen Politik in Rheinland-Pfalz zu tun. Ingenieure fehlen überall, auch beim Bund im Übrigen. Staatssekretär Ferlemann vom Bundesverkehrsministerium begründet genau damit den Umstand, dass es bei den Moselschleusen nicht vorangeht. Das Geld sei da, alleines fehle an qualifiziertem Personal.

(Michael Billen, CDU: Erst keine einstellen, und dann sagen, sie fehlen überall!)

Diese rot-grüne Landesregierung hat seit 2011 den Fokus auf den Erhalt des Landesstraßennetzes gelegt. Das kritisieren Sie aber insofern wieder, dass Sie an allen Ecken und Enden Neubau fordern. Andererseits haben Sie der Schuldenbremse zugestimmt. Das verbietet eigentlich ungedeckte Schecks, und genau die wollen Sie den Bürgerinnen und Bürgern verkaufen. Mehr in der zweiten Runde.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

 

Zweite Runde

Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mit Erlaubnis des Präsidenten kurz aus dem Rechnungshofbericht zitieren. Direkt auf Seite 1 führt er ein:

Die Situation der Verkehrsinfrastruktur ist bundesweit gekennzeichnet durch einen wachsenden Erhaltungs- und Erneuerungsbedarf, und die Ursachen sind steigende Verkehrszahlen und Achslasten, das heißt, mechanische Belastungen, witterungsbedingte Belastungen, die sich aufgrunddes Klimawandels in Zukunft voraussichtlich erhöhen werden, einen beschleunigten Substanzverzehr, ungünstige Altersstruktur von Straßen und Brücken und Materialquali-tätsermüdung. – Er schreibt weiter, außerdem muss manin Zukunft beim Thema Infrastruktur berücksichtigen, dass die technischen, sozialen, ökologischen, organisatorischen Anforderungen an das Verkehrssystem Straße sich ändern werden.

Die Mobilitäts- und Sicherheitsbedürfnisse ändern sich, und es wird eine stärkere Integration der Straße in den Gesamtverkehr durch die Beeinflussung der Verkehrsmittelwahl sowie durch technische und andere Maßnahmen zu beobachten sein. –In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch einmal den Blick darauf richten, was denn eine gute Infrastrukturplanung ist. Die berücksichtigt nämlich auch den Klimaschutz, den Ressourcenverbrauch, die berücksichtigt, dass momentan Städte im Stau versinken und deswegen eine Verkehrswende nötig ist. Genau deswegen bin ichauch sehr dankbar, dass im Entwurf des Haushalts 7,6 Millionen Euro mehr für den ÖPNV ausgewiesen sind. Der Rechnungshofbericht macht auch deutlich – das wurde auch im Ausschuss gesagt –, dass man überprüfenmuss, welche Landesstraßen heute tatsächlich noch dieKlassifizierung im Sinne von Landesstraße benötigen, weil zum Teil mehr Bundesstraßen hinzugekommen sind, die parallel laufen, und weil sich die demografische Entwicklung in Teilen unseres Landes nachteilig entwickelt.

Das sind Themen, die Sie nicht anpacken wollen. Aber ich sagen Ihnen, wir werden nicht darum herumkommen. Ich finde es eine unmögliche Doppelmoral, wenn Sie hier mehr Geld für Aus- und Neubau fordern,

(Glocke des Präsidenten)

aber im Lokalteil bei den Leserbriefen sich über jede Baustelle, die irgendwo ist, aufregen. Das ist Doppelmoral, und das ist nicht irgendetwas,

(Glocke des Präsidenten)

was mir die Hoffnung geben würde, dass die CDU-Opposition –

–Vizepräsident Dr. Bernhard Braun:Frau Blatzheim-Roegler, kommen Sie zum Schluss.

Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:–

– noch einmal Infrastrukturpolitik lernt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

 

Dritte Runde

Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Ich mache es kurz. Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren!
Herr Licht, ich nenne Ihnen einmal ein Beispiel, das beweisen wird, dass Sie zwar im Großen und Ganzen tolle Reden schwingen wollen, aber den Einzelfall, auf den es ankommt, nicht im Blick haben.

(Carsten Pörksen, SPD: Jetzt kommen wir zur Sache!)

Die Schottstraße in Traben-Trarbach, die L 190, möchte ich hier nennen. Für die setzen nicht nur wir uns ein, sondern das ist fraktionsübergreifend der Fall. Wir unterstützen, dass diese Straße endlich saniert wird. Auch der LBM ist mit dabei. Eigentlich war das schon gut auf dem Weg, aber es mangelt am Baurecht. Der LBM hat genau dort versucht, ein beschleunigtes Planungsverfahren durchzuführen. Dazu ist aber die Übereinkunft aller Anlieger nötig. Die ist nicht zusammengekommen. Deswegen muss jetzt leider ein längeres Planungsverfahren in Angriff genommen werden.

Hier kommt das zum Tragen, was auch im Bericht des Rechnungshofs steht, dass manchmal das Baurecht fehlt. Dafür können Sie aber keine Landesregierung dieser Weltverantwortlich machen.

(Carsten Pörksen, SPD: Doch, kann man! –Zuruf des Abg. Alexander Licht, CDU)

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Hier vollständiges Plenarprotokoll (PDF) herunterladen



zurück