Plenarrede

AKTUELLE DEBATTE - Frostschäden in Rheinland-Pfalz – Auswirkungen auf die Landwirtschaft in unserem Land auf Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 17/2939 -

 

Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In den Nächten ungefähr zwischen dem 20. und dem 24. April dieses Jahres waren die Temperaturen in Rheinhessen und in der Pfalz, aber auch an der Mosel teilweise deutlich unter den Gefrierpunkt gesunken. Wir hatten Jahre – ich nenne beispielhaft das Jahr 2011 –, in denen die Schäden tatsächlich noch größer waren; aber dieses Mal war zu beobachten, dass bundesweit, von der Ahr bis nach Sachsen, von der Mosel bis nach Baden, die Temperaturen unter den Gefrierpunkt gesunken sind. Nach meinen Recherchen sind die Schäden, die bisher festgestellt worden sind, in Baden-Württemberg sogar noch höher als in Rheinland-Pfalz.

In der Pfalz sind nach ersten Erkenntnissen rund 10 % bis 15 % der Erdbeerblüten erfroren. Im Weinbau sind beispielsweise im Gebiet Mosel-Saar-Ruwer vor allen Dingen die frühen Sorten betroffen, die Burgundersorten, insbesondere in den flacheren Lagen. Die Steillagen, die Berghänge waren etwas geschützter. Man nennt es die Frostlöcher, wenn die niederen Lagen so betroffen sind.

In Rheinhessen wiederum haben besonders die Obstbauern gelitten. Wir haben derzeit noch nicht die konkreten Zahlen zur Ernteeinbuße vorliegen; sie werden auch je nach Gut erst im Laufe der nächsten Monate tatsächlich zu beziffern sein. So können wir beispielsweise bei den Kartoffeln erst Ende des Sommers damit rechnen, eine endgültige Aufarbeitung zu haben.

Bei den Winzerbetrieben muss man sagen, es kann sein, dass die betroffenen Weinreben noch einmal Nebentriebe austreiben, wenn der Haupttrieb erfroren ist; allerdings werden diese Triebe in der Regel nicht in diesem Jahr tragen, sondern erst nächstes Jahr, sodass wir derzeit noch davon ausgehen müssen, dass das, was jetzt geschädigt ist, sich auch nicht im Laufe dieses Jahres erholen wird.

Die eine Sache ist, dass wir das feststellen und natürlich auch unsere Empathie und unser Mitgefühl bei den betroffenen Betrieben ist. Das andere ist natürlich, dass wir uns überlegen müssen, wie wir helfen können und wie wir nachhaltig helfen können. Ich komme auch gleich noch einmal auf kurzfristige finanzielle Hilfen zu sprechen. Aber wir sind schon der Überzeugung, dass ein Teil des Problems der Klimawandel ist und dadurch in den letzten Jahren verschiedene Wetterereignisse deutlicher hervorgetreten sind. Den Frost im April gab es auch schon in früheren Jahren. Das ist nichts, was 2017 das erste Mal passiert ist. Was sich aber geändert hat, ist, dass durch den Klimawandel und durch die Erwärmung auch in unseren Breiten die Pflanzen immer früher blühen und somit auch anfälliger sind für einen späten Frost.

Die Länderinitiative Kernindikatoren – das ist eine Arbeits- gemeinschaft der Umweltbehörden der Länder – definiert die landwirtschaftliche Vegitationsperiode durch den Blühbeginn der Salweide und das Ende durch die Blattverfärbung der Stieleiche. Die Trendaussage von phänologischen Daten ist klar: Austrieb, Blüte und Fruchtreife setzen insgesamt jeweils früher ein, während im Herbst Blattverfärbungen und Blattfall später stattfinden. Die Vegetationsperioden dauern insgesamt damit länger, und zwar im Vergleich zu 1950 um 11 Tage. Diese Veränderung wird in den letzten 20 Jahren beobachtet.

Deswegen sind wir der Ansicht, dass die Maßnahmen gegen den Klimawandel zentrale Elemente auch im Sinne einer nachhaltigeren Politik für unsere Landwirte sind.

Wir haben in diesem Jahr den Frost. Es wurde schon gesagt, letztes Jahr hatten wir Starkregenereignisse, wir hatten Trockenheit, die Phänomene werden einfach vielfältiger. Wir müssen uns deshalb – so die Meinung unserer Fraktion – über die bereits bestehenden Expertenrunden hinaus dezidiert mit allen Beteiligten zusammensetzen und Maßnahmen zur Anpassung der landwirtschaftlichen Produktionskette untersuchen. Wir müssen sehen, welche Kulturen wir fördern können, die frostresistent sind. Dazu bedarf es Forschung, und Forschung kostet Geld, und dieses Geld muss bereitgestellt werden.

Der Klimawandel ist in unseren Breiten angekommen, und die Politik hat die Verantwortung, den Rahmen auch für die Abhilfe dort zu geben. Inwieweit einzelnen Betrieben finanzielle Hilfen gewährt werden können, richtet sich nach dem gesetzlichen Rahmen. Inwieweit Finanzhilfen nach der Elementarschadensordnung möglich sind, sollte geprüft werden,

(Glocke des Präsidenten)

und dies wird, denke ich, das Ministerium auch tun. Dies muss sachgerecht passieren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich finde es bedauerlich, wenn vonseiten der CDU unterschwellig versucht wird, den Naturschutz gegen die Landwirtschaft auszuspielen. Das ist nicht die Lösung.

(Zurufe von der CDU)

Ich werde Ihnen gern ein Beispiel nennen, das Ihre Behauptung widerlegt. Es gibt das FFH-Schutzgebiet Heidesheim/Wackernheim/Finthen. Das werden Sie vielleicht kennen. Dort gab es die Herausforderung zu schauen, wie man Kulturschutzeinrichtungen so einrichten kann, dass die Vögel, in dem Fall Wiedehopf, nicht gestört werden.

Nachdem man es untersucht hat, ist man zu der Erkenntnis gekommen, dass es möglich ist, Hagelschutzeinrichtungen so einzurichten, dass es für den Wiedehopf auch von Vorteil ist. So muss man vorangehen und nicht platt das eine gegen das andere ausspielen. Das hat noch nie etwas gebracht. 

Ich möchte zum Schluss noch einen Appell an uns, aber vielleicht auch an andere Verbraucherinnen und Verbraucher loswerden. Auch wir können unseren Teil dazu beitragen, in diesem Jahr gezielt regionale Produkte einzukaufen wohl wissend, dass sie vielleicht teurer sind. Gerade wir in diesem Haus können uns das auf jeden Fall leisten. Ich weiß, dass viele Kolleginnen und Kollegen auch aus anderen Fraktionen regionale Produkte bevorzugen.

(Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU)

Deswegen sollte die Losung „Regional erste Wahl“ auch und vor allem in diesem Jahr gelten. Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD

 

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