Plenarrede

Lückenschluss der A1 – Ein weiterer be- deutender Schritt zu einer zukunftsfähigen Infrastruktur auf Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 17/4809


Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Aktuelle Stunde ist überschrieben mit „Lückenschluss der A 1 – ein weiterer bedeutender Schritt zu einer zukunftsfähigen Infrastruktur“. Wie viel Straße ist nötig, und wie viel Natur ist betroffen? Das muss die Frage bei allen Infrastrukturprojekten sein, auch bei der A 1. Rheinland-Pfalz ist für 10 Kilometer von diesem Projekt betroffen. 15 Kilometer gehören nach Nordrhein-Westfalen.

Im aktuellen Bundesverkehrswegeplan – im Übrigen auch schon in vorhergehenden – ist die Planung im vordringlichen Bedarf. Wir haben im Koalitionsvertrag der Ampel niedergelegt, dass die Projekte des Bundesverkehrswegeplans umgesetzt werden. Es bleibt uns allerdings auch nicht viel Handlungsspielraum, was den Bundesverkehrswegeplan und die Umsetzung angeht. Das mussten wir schon in der letzten Legislaturperiode erfahren, als es um eine Weisung des Bundes zur A 643 ging und das Land tatsächlich andere Pläne hatte.

Wir haben im Koalitionsvertrag aber auch festgehalten, dass es zu einzelnen Projekten divergierende Ansichten unter den Koalitionspartnern gibt. Das ist so, einmal abgesehen davon, dass wir Grüne hier in Rheinland-Pfalz 2011 mit gutem Grund auf einer vertieften naturschutzfachlichen Prüfung bei der A 1 bestanden haben. Schon Jahre zuvor hat sich nichts wirklich bewegt, nicht nur, weil die Planung an sich herausfordernd ist, meistens gab es auch kein Geld vom Bund. Das obligatorische „Die Grünen sind die Verhinderer“ ist an dieser Stelle fast zu viel der Ehre.

Aber natürlich ist es unsere besondere Verpflichtung, kritisch auf dieses Projekt zu schauen. Ob und wann die Realisierung nun aber tatsächlich abgeschlossen ist, ist nach wie vor unkalkulierbar; denn es ist klar, dass der Planfeststellungsbeschluss beklagt werden kann. Das ist eine Tatsache in diesem Rechtsstaat. Ich gehe jetzt einmal davon aus, dass dieser Rechtsstaat uns allen lieb und teuer ist.

Die Trasse der A 1 tangiert unter anderem sechs europäische Naturschutzgebiete, drei Vogelschutzgebiete und drei FFH-Gebiete. Selbst bei hochwertigen Ausgleichsmaßnahmen, die jetzt offensichtlich in den Planfeststellungsunterlagen enthalten sind, wird es eine über viele Kilometer versiegelte Landschaft geben, und gute landwirtschaftliche Flächen gehen verloren. Ich kenne die Region sehr, sehr gut. Landschaftlich ist sie besonders schön. Aber natürlich ist der Verkehr, vor allem der Lkw-Verkehr, für die Dörfer unzumutbar.

(Abg. Astrid Schmitt, SPD: Deshalb braucht es ja den Lückenschluss!)

Mein Vorwurf an all diejenigen, die seit Jahr und Tag nach dem Motto „think big“ an einer uralten Planung für Autobahnen auf Gedeih und Verderb festhalten, ist, dass diese Haltung in all den Jahren den Leuten vor Ort nichts zur Entlastung gebracht hat. Machen wir uns nichts vor, es wird auch ohne Klagen noch ein oder anderthalb Jahrzehnte dauern, bis das Projekt fertig ist.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Was gilt denn jetzt, was Herr Oster gesagt hat oder was sie gesagt hat? – Abg. Benedikt Oster, SPD: Wir sitzen in einem Boot! – Abg. Adolf Weiland, CDU: Aber ihr rudert in unterschiedliche Richtungen!)

Die Kollegen nehmen in Anspruch, dass sie unermüdlich für eine ihrer Ansicht nach bessere Verkehrsinfrastruktur gekämpft haben – in Bonn und in Berlin. Das haben wir auch. Wir haben auch für eine zeitnahe, konfliktfreiere und rechtssichere Lösung gekämpft. Wir haben dafür gekämpft, den Ausbau des bestehenden Straßennetzes zu forcieren. Davon hätte die Wirtschaft schon längst profitieren können, die verständlicherweise eine bessere Anbindung fordert.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unser Vorschlag war der Ausbau der B 51, die meist ohnehin schon dreispurig ist, auf vier Spuren und Ortsumgehungen für die betroffenen Zubringerstrecken. Damit wäre den Betrieben und den Leuten schon vor Jahren gedient gewesen. Aber manchmal hat man das Gefühl, Bestandsausbau ist für manchen Politiker nicht so sexy wie Neubau.

Die Folgen des unausgegorenen Autobahnhypes der 60er- und 70er-Jahre wirkt unglückseligerweise noch heute nach. Das Paradebeispiel ist die A 1. Ich verweise auf den damaligen Bundesverkehrsminister Georg Leber. Leber legte 1967 in der ersten Großen Koalition ein Programm auf, das „Zur Gesundung des deutschen Verkehrswesens“ hieß. Damals sollte das Autobahnnetz in den folgenden 15 Jahren verdoppelt werden. Ziel war, dass kein Bürger mehr als 25 Kilometer von der nächsten Autobahn entfernt wohnt. Mit solchen Altplanungen kommt man natürlich nicht voran. Es tut mir leid, mir persönlich fehlt die Phantasie, und ich habe eine divergierende Ansicht dazu, dass die jetzige Planeinreichung tatsächlich schon als Erfolg einer zukünftigen Infrastruktur zu nennen ist.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Aha, divergierend! Divergierend heißt anders!)

– Ich weiß nicht, wo Sie da jetzt irgendwie Grund für Jubelrufe sehen.

(Glocke des Präsidenten – Abg. Julia Klöckner, CDU: Es hat geklingelt!)

– Ich werde Ihnen in der zweiten Runde gern erzählen, wie man Planungen auch von Großprojekten beschleunigen kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

 

Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der Frust, wenn Projekte so ewig lange dauern, ist für jeden nachvollziehbar.

(Abg. Arnold Schmitt, CDU: An wem liegt das denn?)

Deswegen muss man sich doch wirklich einmal überlegen, wenn man sich entschließt, ein Straßenprojekt oder Infrastrukturprojekt zu bauen – das kann auch ein Bahnhof oder eine Zugstrecke sein –,

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Oder ein Flughafen!)

wie man es verbessern kann, dass diese Projekte zügiger abgewickelt werden. Es muss eine gute und frühzeitige Bürgerbeteiligung berücksichtigt werden, und die Alternativprüfungen müssen frühzeitig sein. Die Bedarfe im Bundesnetzplan – auch den haben wir so nicht – müssen ermittelt und strikt priorisiert werden, und vor allem sollte das Raumordnungsverfahren aufgewertet werden. Es ist dezidiert so: Sie können erst eine Klage einreichen, wenn der Planfeststellungsbeschluss ergangen ist. Viel sinnvoller wäre es, die Klagemöglichkeit nach vorn zu verschieben, damit man auch Klarheit hat: Lohnt es sich, und kann man weiter planen, oder kann man nicht weiter planen?

Die Naturschutzverbände sollten von Anfang an einbezogen werden. Das ist nicht nur auf meinen Mist gewachsen. Diese Vorschläge hat der BUND gemacht. Ich finde, sie sind absolut überdenkenswert.

(Beifall der Abg. Pia Schellhammer und Andreas Hartenfels, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein Wort noch zur A 1 und der Region Eifel: Ich möchte daran erinnern, der Bahnhof Gerolstein hatte lange Zeit einen sehr guten Bahnanschluss. Gerolstein war Kreuzungsbahnhof mit fünf Gleisen – fünf Gleise hat er immer noch – und Verbindungen nach Köln, Trier und Koblenz.

(Abg. Arnold Schmitt, CDU: Es geht um den Autobahnausbau!)

Darüber sind auch Waren abgewickelt worden. Allerdings ist das in den letzten Jahren vernachlässigt worden. Frau Schmitt und ich kämpfen immer noch für die Reaktivierung der Eifelbahn. Wäre unser Vorschlag angenommen worden, und wir hätten die B 51 ausgebaut

(Glocke des Präsidenten)

– und die B 50 nimmt auch eine Menge an Verkehr auf –, wäre das mit einer vierspurigen B 51

(Glocke des Präsidenten)

und einer guten Bahninfrastruktur in der Eifel eine gute Lösung für Waren und Personen gewesen. Danke.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP)

 

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Jutta unterstützt die Aktion als Patin an der IGS Morbach und am Gymnasium Traben-Trarbach. Infos hier>>

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