Plenarrede

Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2020 – Ergebnisse der Sonderagrarministerkonferenz im Januar auf Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 17/5476


Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Unsere Landwirtschaft erbringt erhebliche Leistungen nicht nur als Produzent für Lebensmittel, sondern auch für unsere Gesellschaft und unsere Umwelt.

Unsere Landwirtschaft ist nicht einfach ein Wirtschaftssektor, den wir wie jeden anderen Wirtschaftssektor behandeln können, sondern sie produziert unsere Lebensmittel. Ich finde, das muss man immer noch einmal wertschätzend betonen.

(Beifall der Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP)

Wir investieren Jahr für Jahr Milliarden aus dem europäischen Haushalt, aus unseren Steuern, weil uns diese Leistungen etwas wert sein müssen. Mir wäre es lieber – Ihnen sicher auch –, wir würden diese Subventionen gar nicht erbringen müssen. Ich glaube, das wäre auch den Landwirtinnen und Landwirten lieber. Das würde nämlich bedeuten, dass sie auskömmliche Preise in der Landwirtschaft hätten. So ist es aber nicht.

Wir sind in einer Situation, in der der Markt die Preise nicht generiert. Deswegen führen wir diese Diskussion. Vielen Dank für das Thema, das die Kollegen gesetzt haben, nämlich die Diskussion über die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik ab 2020; denn wir wollen weiterhin – in dem Punkt sind wir uns, glaube ich, zum großen Teil einig – eine bäuerlich geprägte Landwirtschaft hier in Rheinland- Pfalz, die gesunde Lebensmittel ohne oder mit möglichst wenig Auswirkungen auf die Umwelt produziert. Im Grunde genommen ist natürlich jeder Eingriff in die Umwelt und jede Art von Bebauung, auch von Ackerbau oder Viehzucht ein Eingriff. Daran muss man nicht deuteln.

Es ist aber natürlich die Frage, inwieweit man diese Eingriffe so macht, dass die Umwelt möglichst nicht geschädigt wird.

Damit wollen wir auch den lebenswerten ländlichen Raum weiterhin erhalten. Wir müssen aber feststellen, die Landwirtschaft, wie wir sie einmal kannten, gibt es nicht mehr. Es wurde eben schon erwähnt, die Zahl der Betriebe ist in den letzten Jahren dramatisch zurückgegangen. Ich habe hier eine Zahl zur Verfügung. 1971 gab es noch 106.000 Betriebe in Rheinland-Pfalz. Heute gibt es noch 17.000. Die Kollegen haben es schon gesagt, die Tendenz ist eher so, dass sich die Einkommenssituation und die Eigenkapitalsituation der Betriebe weiterhin verschlechtern wird.

Es wird weiterhin dazu kommen, dass es größere Betriebe mit mehr Flächen geben wird. Das kann nicht unser Ziel in Rheinland-Pfalz sein. Ich glaube, wir können sehr froh sein – das macht auch einen Teil des Charmes von Rheinland-Pfalz aus –, dass wir noch eine weitgehend gute bäuerliche Landwirtschaft haben und nicht Agrarfabriken wie in anderen Teilen von Deutschland.

(Vereinzelt Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der SPD)

– Danke. An der Stelle ist mir noch einmal wichtig zu betonen, dass erfreulicherweise tatsächlich eine jüngere Generation herangewachsen ist, nicht nur bei den Landwirtinnen und Landwirten, sondern auch bei den Winzerinnen und Winzern.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So sieht es aus!)

– Es gibt die „Generation Riesling“ oder eben auch andere.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Und bei den Weintrinkern auch eine neue Generation!)

– Auch bei den Weintrinkern und Weintrinkerinnen. Es ist eine Generation, die tatsächlich diesen Beruf mit ganzem Herzen wählt und nicht, weil sie unbedingt den Betrieb des Vaters übernehmen muss.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Es gibt eine zweite Entwicklung in diesem Bereich. Immer mehr Menschen fragen nach Lebensmitteln, die hohe ökologische Standards erfüllen sollen. Immer mehr Studien zeigen, dass die Landwirtschaft auch eine Rolle dabei spielt, wie sich unsere Artenvielfalt in Deutschland entwickelt. Aus eben diesem beschriebenen Kostendruck heraus werden die Betriebe immer größer. Immer mehr Monokulturen und immer mehr intensivere Landwirtschaft setzen unser ökologisches System unter Druck. Auch dieser Entwicklung müssen wir entgegenwirken; denn unsere Artenvielfalt zu erhalten, ist eine Voraussetzung dafür, dass auch noch unsere Kinder und Enkelkinder gutes Essen bekommen können.

(Glocke der Präsidentin)

– Dann mache ich gleich in der zweiten Runde weiter.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Eine Förderung der Betriebe über die erste Säule wirkt sich für viele Betriebe einkommensstabilisierend aus. Ich habe vorhin schon gesagt, dass ich es bedauere, es aber tatsächlich so ist, dass für manche kleinen Betriebe diese Förderung wichtig ist, damit sie überhaupt über die Runden kommen. Aber die Direktzahlungen ändern natürlich nichts an den strukturellen Problemen der Landwirtschaft.

Ich will keinen Hehl daraus machen, die zweite Säule der GAP ist ebenso wichtig, und das vor allen Dingen aus zwei Gründen. Die zweite Säule trägt dazu bei, dass wir etwas an der bisherigen Agrarstruktur ändern können. Mit der zweiten Säule haben wir konkret die Möglichkeit, den Klimaschutz und ökologische, also auch öffentliche Aufgaben der Landwirtschaft zu honorieren und anzureizen, und das sehr konkret an die Anforderungen angepasst, die wir hier in Rheinland-Pfalz vorfinden.

Wir setzen in Rheinland-Pfalz auf die Förderung von Direktvermarktung und auch von Dachmarken. Wenn es darum geht, dass Landwirtinnen und Landwirte gute Preise bekommen und gute strukturelle Rahmenbedingungen vorfinden, dann muss ich auch erwähnen, dass der Druck des Lebensmitteleinzelhandels dabei nicht hilfreich ist. Das ist noch einmal ein anderes Thema. Ich denke aber auch, dass wir – und ich weiß, auch der Minister ist davon überzeugt – alle Maßnahmen treffen müssen, damit wir unsere kleinen und mittelständischen Betriebe gut aufstellen.

Wir fördern aus der zweiten Säule auch alternative Pflanzenschutzverfahren, die biologische Vielfalt auf dem Acker, den Einsatz von Zwischenfrüchten, den Klimaschutz, den Tierschutz und vieles mehr. Dies alles sind Maßnahmen, die die ökologische Leistung der Landwirtschaft erhöhen. Das sieht die Agrarministerkonferenz übrigens genauso. Sie sieht auch das als eine der Aufgaben der Landwirtschaft an.

Wir fördern aus diesem Topf auch den Steillagenweinbau, und das ist gerade auch für den Erhalt der Naturschutzräume an der Mosel sehr wichtig. Wir fördern ebenfalls die Umstellung auf biologische Wirtschaftsweisen. Das hat zwei konkrete Vorteile. Zum einen ist die Einkommenssituation von Bio-Landwirten besser als jene von konventionellen Landwirten. Das konnten wir gerade noch einmal lesen: „Bio-Landwirtschaft lohnt sich“. Zum anderen schaffen wir mit der Bio-Landwirtschaft einen ökologischen Mehrwert. Bio lohnt sich also nicht nur für Landwirtinnen und Landwirte, sondern für die gesamte Gesellschaft.

Deswegen müssen wir uns dafür einsetzen, dass die Möglichkeiten, die wir in der zweiten Säule zur Förderung der ökologischen Landwirtschaft und einer ökologischen Wirtschaftsweise haben, erhalten bleiben.

Ein letztes Wort noch zu Herrn Dr. Böhme. Einerseits wollen Sie

(Glocke der Präsidentin)

heraus aus der EU, andererseits wollen Sie die Gelder doch irgendwie erhalten. Das sollten Sie noch einmal überdenken; denn das hat weder Hand noch Fuß.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

 

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