Plenarrede

Landesgesetz zur öffentlichen Information und Aufklärung über die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit ungeborener Kinder (Lebensschutzinformationsgesetz) Gesetzentwurf der Fraktion der AfD – Drucksache 17/6029Erste Beratung


Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Worum geht es in dem Gesetzentwurf der AfD-Fraktion „Gesetz zur öffentlichen Information und Aufklärung über die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit ungeborener Kinder“, der hier heute vorliegt? – Vorweg: Wir halten den Gesetzentwurf für überflüssig. Im Grunde genommen sind die Angelegenheiten, die sie verfolgen, bereits bundesgesetzlich geregelt.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Wo denn?)

In Ihrem Gesetzentwurf verlangen Sie, dass Organisationen, die öffentlich für den Schutz ungeborener Kinder werben, finanziell gefördert werden sollen. Diese Organisationen halten Sie für notwendig. Das erschließt sich aus Ihrer Problemanalyse; denn in Ihrem Gesetzentwurf heißt es unter „A. Problem“ in Zeile 7 – ich zitiere –: „Gerade dann, wenn der Staat auf das Schwert des Strafrechts verzichtet und den Schutz des vorgeburtlichen Lebens der Letztverantwortung der Mutter übereignet, bedarf es eines klaren Bewusstseins vom Lebensrecht des Ungeborenen in der Gesellschaft.“ Da frage ich mich wirklich: Was ist das für ein Frauenbild, das Sie haben?

Die Frau als Gefäß, Entschuldigung. Mein Körper – ich bin mehr als ein Gefäß für ein Embryo. Ich bin mehr als ein Körper, in dem ein Mann seinen Samen versenkt hat. Schon merkwürdig, dass das Schwert des Strafrechts im- mer nur über der Frau hängt, nicht über dem Erzeuger, der sich in nicht wenigen Fällen einen schlanken Fuß macht und auch keineswegs immer seinen Unterhaltspflichten nachkommt.

Dieser Satz macht gleichzeitig deutlich, welche intellektuellen Leistungen Sie einer Schwangeren zutrauen, nämlich keine. In dem Moment, in dem die Frau schwanger ist, gibt sie den Verstand nach Ihrem Eindruck wohl ab. Anders kann man die Formulierungen nicht verstehen.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Der Staat überlässt einer von Schwangerschaftshormonen völlig Verwirrten die Entscheidung. Das geht gar nicht!

(Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU: Das ist das andere Extrem! – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Das ist kein Extrem!)

Für Volk und Vaterland braucht man willige Gebärmütter. Lebensborn lässt grüßen. Da lohnt sich schon der Blick darauf, wer sich da in der Szene so tummelt und mit wem sich die AfD in eine Reihe stellt. Schon mit dem Begriff des ungeborenen Kindes, der für die sogenannten Lebensschützer/-innen typisch ist, wird deutlich gemacht, Frauen, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden, sollen moralisch ins Abseits gestellt und als verantwortungslos gebrandmarkt werden. Ärztinnen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, werden von den sogenannten Lebensschützer/-innen ebenso diffamiert und öffentlich an den Pranger gestellt, angezeigt, bedroht, als Tötungsmediziner/-innen und Mörder/-innen bezeichnet. Schwangeren Frauen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, wird vor Kliniken aufgelauert, sie werden bedrängt und drangsaliert. Das also ist die Szene, die hier mit Landesmitteln gefördert werden soll.

Immerhin, ich war auch auf den Seiten der Lebensschützer/-innen. Ich habe mich informiert. Die Seiten sind grauenhaft. Das einzig Positive, was man daran finden kann, ist – das sage ich vor dem Hintergrund der Diskussion um § 219 a –, dort wird umfassend über das Angebot von Ärztinnen und Ärzten informiert, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen.

Das Frauenbild jedenfalls, das hier zum Tragen kommt, ist das gleiche, das dem Verbot von sogenannter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche in § 219 a zugrunde liegt. Frauen werden als moralisch unstete und kaum gefestigte Subjekte aufgefasst.

Wenn Sie sagen „Wer weiß denn schon, wie ein Embryo aussieht und was wann in seinem Körper wächst?“, dann kann ich nur sagen, zumindest aus meiner Erfahrung sind sich Frauen und – Gott sei Dank! – auch viele Männer, bewusst, wie das aussieht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Es sind Frauen, die sich die Entscheidung manchmal sehr schwermachen – machen müssen –, ob sie das Kind behalten oder nicht, und ich habe Respekt vor jeder dieser Entscheidungen.

Wir verfügen in Rheinland-Pfalz über genügend hervorragende Beratungsstellen für schwangere Frauen in Konfliktlagen, aber auch zur allgemeinen Beratung. Diese Beratungsstellen nehmen die Frauen ernst, sie nehmen ihre Situation ernst und drängen sie auch nicht zu einer Ent- scheidung. Wir verfügen in Rheinland-Pfalz auch über ein breites Angebot an Beratung und Aufklärung, beispielsweise über Sexualität. Wenn Sie verlangen, dass früh in der Schule schon angefangen werden muss, diesen Bereich den Kindern oder den Jugendlichen nahezubringen, dann kann ich Ihnen sagen, diese Debatte hatten wir schon. Ich kann mich erinnern, Sie haben davon geredet, dass eine Frühsexualisierung in rheinland-pfälzischen Schulen am Werke sei.

(Glocke des Präsidenten)

Zu den Bestrebungen von sogenannten Lebensschützern, Schwangerschaftsabbrüche zu stigmatisieren, sage ich Ihnen ganz klar, für das, was Sie wollen, möchte ich nicht, dass in Rheinland-Pfalz Geld ausgegeben wird. Wir bera- ten die Frauen. Wir beraten junge Mädchen. Das machen wir für das Leben!

Danke.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

 

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