Plenarrede

AKTUELLE DEBATTE - EU-Haushalt 2021 - 2027 – Auswirkungen des Verhandlungsergebnisses der Bundesregierung auf den ländlichen Raum in Rheinland-Pfalz auf Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 17/6263


Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir leben in einem Europa der Regionen und der Vielfalt. In vielen Teilen Europas sind die Regionen ländlich und von der Landwirtschaft geprägt. Die Landwirtschaft wiederum prägt Kulturlandschaften, die Erscheinung der Orte, Traditionen, Brauchtum, den Menschen. Deswegen ist es wichtig, dass wir unsere ländlichen Regionen gut ausstatten und auch die landwirtschaftlichen Betriebe so ausstatten, dass sie gut wirtschaften können. Dabei brauchen wir die Unterstützung der Europäischen Union und auch des Bundes. Fällt diese weg, leidet der ländliche Raum.

Es ist schon sehr verwunderlich, wie der Bauernverband, die CDU im Land einschließlich ihrer Landesvorsitzenden,

(Abg. Christine Schneider, CDU: Der Bauernverband gehört noch nicht uns!)

die zur neuen Bundeslandwirtschaftsministerin befördert wurde – ich sage es einmal so –, laut schweigen. Sie schweigen laut dazu, dass verkündet wird, dass das EU-Budget im Bereich Landwirtschaft deutlich gekürzt werden soll. Deswegen bin ich der FDP sehr dankbar, dass sie dieses Thema heute zur Aktuellen Debatte eingebracht hat.

Für mich heißt das, diejenigen, die gerne für sich reklamieren, den ländlichen Raum zu vertreten und am besten alleine zu vertreten, haben ihn anscheinend schon längst aufgegeben.

(Abg. Michael Billen, CDU: Wobei?)

Es muss unser Ziel sein, die europäischen Gelder nach dem Prinzip „Öffentliches Geld für öffentliche Güter“ auszugeben. Wenn wir über den ländlichen Raum sprechen, dann müssen wir vor allem über eine konkrete Förderung aus der zweiten Säule der EU-Agrarpolitik und aus dem Bundesprogramm „Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ sprechen.

(Abg. Christine Schneider, CDU: Teilt das Ihr Koalitionspartner FDP auch so?)

Hier sind für uns folgende Dinge klar:

Erstens. Der EU-Haushalt muss finanziell gestärkt werden.

Zweitens. Es kann nicht an den Ländern hängenbleiben, dass der Bund kein besseres Ergebnis bei den Verhandlungen der EU-Gelder in Brüssel erzielt hat. Man kann vielleicht an vielen Dingen in Europa sparen oder kürzen, aber bei den Agrargeldern und der zweiten Säule tut das dem ländlichen Raum richtig weh.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Deswegen muss sie der Bund – das wurde hier unisono gefordert –, wenn es zu diesen Defiziten kommt, ausgleichen.

Wir müssen natürlich auch vor dem Hintergrund der starken Kürzungen letztendlich entscheiden, ob wir uns bei den Agrargeldern auf die wesentlichen Dinge für den ländlichen Raum konzentrieren, nämlich auf das, was die Wertschöpfung in der Region hält. Das eine ist eine gute Landwirtschaft, aber die Bundesregierung könnte darüber hinaus noch sehr viel machen. Ermöglichen Sie wieder, dass eine echte Energiewende vor Ort stattfindet. Mit dem Ausbaudeckel und dem derzeitigen Ausschreibungsmodell wird das nämlich nichts.

(Zuruf des Abg. Michael Billen, CDU)

Wir brauchen eine Reform des EEG. Das verlange ich von der Bundesregierung, wenn sie den ländlichen Raum stärken will.

Konzentrieren wir uns bei der zweiten Säule der Agrarpolitik und des Bundesprogramms darauf, dass es hier keinesfalls zu Kürzungen kommt. Wem der ländliche Raum wichtig ist, der erhöht die Mittel in diesem Bereich. Ich erwarte also von der Bundesregierung eine Umschichtung der Gelder in die zweite Säule, um den ländlichen Raum zu stärken.

Wofür wir in der Koalition und natürlich auch wir Grüne stehen, ist mit zwei Wörtern gesagt, für die regionale Wert- schöpfung.

(Abg. Michael Billen, CDU: Ja, genau!)

Offensichtlich ist das aber nicht mehr das, was der Bauernverband und die CDU tatsächlich unterstützen. Gerade von Ihnen hätte ich erwartet, dass Sie sich für die regionale Wertschöpfung und den ländlichen Raum einsetzen. Im Gegenteil, Sie nehmen eine der massivsten Kürzungen der Fördergelder in diesem Bereich einfach so zur Kenntnis und reden überhaupt nicht zur Aktuellen Debatte, sondern von ganz anderen Sachen.

(Unruhe bei der CDU)

Kommen wir jetzt einmal zu dem, was hier auch schon angeklungen ist, von wegen, die Landesregierung würde nichts für den ländlichen Raum machen. Hören Sie einmal gut zu. Wir machen in Rheinland-Pfalz Politik für den ländlichen Raum. In der Landwirtschaft ist es uns ein Anliegen, auch auf die Förderung der Direktvermarktung und der regionalen Dachmarken zu setzen; denn wir wollen, dass sich die Betriebe regional ein Standbein erarbeiten können, um ihre Produkte unabhängig von Zwischenhändlern direkt beim Kunden vermarkten zu können. Wir wollen, dass sich unsere Betriebe unter Dachmarken zusammenschließen, damit sie besser gegen den Markt gewappnet sind. Darüber hinaus setzen wir auf die Umstellung auf biologische Wirtschaftsweisen und die Förderung der biologischen Landwirtschaft. Das ist kein Selbstzweck,

(Glocke der Präsidentin)

sondern der Umsatz mit Biolebensmitteln ist stetig gestiegen. Auch unsere Bäuerinnen und Bauern können davon etwas abhaben.

Mehr in der zweiten Runde.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Diese Mischung aus – ich weiß nicht – Nichtahnung und Dreistigkeit der AfD ist amüsant: die Stuckdecken und die Linken und die Grünen wohnen alle irgendwie in den Altbauten. Dann kommen Sie doch einmal in den Kreis Bernkastel-Wittlich. Ich rede immer wieder gern über den Kreis Bernkastel-Wittlich, in dem ich – wie Sie wissen – lebe.

Zum Kollegen Seekatz, der so geschimpft hat, dass die Landesregierung und überhaupt die Regierung den ländlichen Raum so sträflich vernachlässigen, dass alle Menschen da ganz schnell weg wollen: Sehen Sie sich einmal die Ergebnisse der ZDF-Studie von letzter Woche an.

(Abg. Christine Schneider, CDU: Da ist die Südliche Weinstraße die Erste!)

Der Kreis Bernkastel-Wittlich hat in Rheinland-Pfalz zusammen mit Mainz-Bingen das beste Ergebnis, und zwar wurde nach Grundbedürfnissen wie Gesundheit, Wohnen, Versorgung, Arbeit, Sicherheit oder Freizeit gefragt, die dort extrem gut bewertet worden sind. Ich sage einmal, der Kreis Bernkastel-Wittlich ist echt ländlicher Raum.

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Unser Landrat sagt immer, es ist der schönste Landkreis. Da mag er recht haben.

Ich möchte noch auf die weitere Aufzählung dessen kommen, was die Landesregierung für den ländlichen Raum tut und wie wichtig in diesem Zusammenhang weiterhin ist, dass wir auch die Zahlungen der EU bekommen.

In vielen Teilen des Landes – das wissen Sie – haben wir ein enormes Potenzial im Tourismus. So können sich landwirtschaftliche Betriebe auch mithilfe von EU-Mitteln aus dem ELER-Programm ein zweites Standbein eröffnen. Wenn sie ihren Beherbergungsbetrieb barrierefrei machen wollen, dann werden sie aus dem EFRE-Fonds unterstützt. Auch die Wichtigkeit der LEADER-Projekte für den ländlichen Raum – also die Möglichkeit der partizipativen Weiterentwicklung – möchte ich nicht unerwähnt lassen. Sie sehen, viele Maßnahmen müssen auch von der EU, vom Bund und vom Land gefördert werden.

(Glocke der Präsidentin)

Aber ich sage Ihnen: Diese Landesregierung hat es sich zum Ziel gemacht und ist erfolgreich damit, dass die ländlichen Regionen weiter gestärkt werden. Dann wollen wir nicht vom Bund und der EU alleingelassen werden. Danke schön.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

 

Hier gesamtes Plenarprotokoll (PDF) herunterladen



zurück