Plenarrede

Marktwirtschaft in Rheinland-Pfalz stärken – Alternativen zur Nationalen Industriestrategie 2030 – Drucksache 17/8708 –


Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnenund Kollegen! Zunächst einmal ist es lobenswert, wenn sich der Bundeswirtschaftsminister Gedanken in strategischer Richtung macht und erkennt, dass die Digitalisierung voranschreitet. Ob er wirklich erkennt, dass sich die Klimakrise verschärft, weiß ich nicht. Auf jeden Fall stellen die USA im Moment den Multilateralismus infrage. China – das wissen wir alle – will der Globalisierung seinen Stempelaufdrücken.

Die richtige Antwort darauf finde ich aber nicht bei Herrn Altmaier. Ich denke, die richtige Antwort ist, dass Europa durchaus mit einer gemeinsam industriepolitischen Strategie antwortet und den eigenen Wirtschaftsstandort stärkt. Altmaier versäumt es nach meinem Gefühl aber, Europa in sein Strategiepapier in angemessenem Maß aufzunehmen. Darin ist zu wenig Europa enthalten. Die Chancen einernachhaltigen Industrie werden links liegen gelassen. Bei Unternehmen scheinen offensichtlich nur die Größe und nicht die Vielfalt sowie die Innovation zu zählen.

Er setzt auf Bestandssicherung, denn Konzerne wie Thyssen-Krupp oder die Deutsche Bank sollen sozusagen unter „Artenschutz“ gestellt werden. Nach seinem nationalen Vorpreschen hat Altmaier versucht, die Kurve ein Stück weit zu bekommen und immerhin mit seinem französischen Kollegen nachgelegt. In ihrem gemeinsamen Papier „Französisch-deutsches Manifest für eine europäische Industriestrategie für das 21. Jahrhundert“ haben sie stärker die europäische Perspektive in den Blick genommen. Aber auch da zeigt sich, das Konzept ist schlicht nach dem Motto „Je größer, desto besser“ angelegt.

Unterstützte Industriepolitik, auch vom Staat unterstützte Industriepolitik kann in dem einen oder anderen Punkt durchaus erfolgreich sein. Sie erinnern sich an die EEG-Umlage, über die Solarpanels gefördert und rentabel gemacht wurden. Das war ein wichtiger Anschub. Das warein richtiger Anschub für die alternative Energieerzeugung. Doch genau diese Visionen fehlen bei Altmaier völlig – Visionen, die in eine klimafreundliche Richtung weisen.

Stattdessen kehrt er in die nationale Vergangenheit zurück, als seien die Thyssens, BASFs und Siemens-Industriebetriebe dieser Welt diejenigen, die auf staatliche Hilfe angewiesen wären. Nein, wir brauchen eine Industriestrategie, die für ganz Europa gilt, die ökologisch, sozial und digital ausgerichtet ist, die den Staatengemeinschaften eine aktivere Rolle bei Innovationen und Investitionenin Zukunftstechnologien zuteilt und – ganz wichtig – den fairen Wettbewerb verteidigt; denn die Vielfalt der Unternehmen, ihr Ideenreichtum, ihre Flexibilität und auch ihre Innovationsbereitschaft sind die Stärken in einem Kampf um einen globalen Wettbewerb.

Wir haben es gestern gehört – auch heute Morgen haben es die Kollegen gesagt –, genau dafür ist Rheinland-Pfalz gut aufgestellt, weil kleinere und mittlere Unternehmen sehr viel flexibler auf diese Marktherausforderungen reagieren können.

Ich möchte erwähnen, dass die Landesregierung, der Staatsminister, mit den Fraktionen zusammen schon mehrere Außenwirtschaftsreisen durchgeführt hat. Zweimal führten sie auch nach China. Genau dort hat sich gezeigt, welche großen Chancen Firmen aus Rheinland-Pfalz haben, die zu den, wie schon gesagt wurde, Hidden Champions gehören.

Eine weitere, meiner Ansicht nach geradezu abenteuerliche Idee ist Altmaiers Vorstoß, mit einem Federstrich die Fusionskontrolle auszuhebeln. Dabei ignoriert Altmaier, dass schon heute die Wettbewerbsbehörden Effizienzgewinne, Skaleneffekte und verbessere Innovationsmöglichkeiten in ihren Fusionsentscheidungen berücksichtigen. Sie schauen auf globale Märkte und auf die künftige Entwicklung des Wettbewerbs. Selbst in hoch konzentrierten Märkten erlauben sie Fusionen, wenn dadurch ein Gegengewicht zu einem dominanten Unternehmen geschaffenwerden kann.

Es geht also um faire Bedingungen im Wettbewerb mit den sehr kapitalkräftigen und teilweise staatlich geförderten chinesischen Unternehmen oder auch mit den den US-amerikanischen Markt beherrschenden digitalen Plattformen, die nirgendwo Steuern zahlen. Dafür sollten die Möglichkeiten von Antidumpingmaßnahmen, Subventionskontrollen, Maßnahmen gegen den Missbrauch von Marktmacht sowie gegen globale Machtkonzentrationen verbessert werden, damit wir tatsächlich einheitliche Wettbewerbsbedingungen schaffen, ohne den Wettbewerb zubeschädigen; denn das käme die Verbraucher und den Mittelstand und insbesondere Rheinland-Pfalz zu teuer.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es klingelt nicht; ich sehe 5 Minuten und 12 Sekunden, aber ich höre jetzt auf.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der FDP)

 

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