Plenarrede

Notwendige Plätze in rheinland-pfälzischen Frauenhäusern schaffen – Frauen in Not nicht länger im Stich lassen – Drucksache 17/9410 –


Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In Rheinland-Pfalz gibt es 17 und bald 18 Frauenhäuser. Das ist im Ländervergleich nicht wenig. Deswegen ärgert es mich schon, dass die CDU in ihrer Aktuellen Debatte titelt: „Frauen in Not nicht länger im Stich lassen“. Das soll doch wohl suggerieren, der Landesregierung und den regierungstragenden Fraktionen ist dieses Thema egal. Das wird damit unterstellt.

(Zuruf der Abg. Hedi Thelen, CDU)

Das ist eine ganz üble Unterstellung und durch nichts, aber wirklich durch nichts zu untermauern. Das macht mich wirklich ärgerlich.

Frauen nicht länger in Not zu bringen, ist doch die eigentliche Aufgabe, und zwar gerichtet an prügelnde Männer, Männer, die Frauen zur Prostitution zwingen, und Männer, die an ihren Partnerinnen und an ihren Kindern psychische und physische Gewalt auslassen.

Wir hatten am 22. Mai – das ist noch gar nicht so lang her – eine sehr ausführliche und, wie ich fand, eine sehr sachliche Diskussion zur Situation der Frauenhäuser in Rheinland-Pfalz im Ausschuss – die Kollegin hat es schoner wähnt – mit dezidierten Fragenkatalogen der CDU und von den regierungstragenden Fraktionen sowie mit ebenso dezidierten Antworten der Landesregierung. Diese hat sich die Landesregierung nicht aus den Fingern gesogen, sondern bei den Frauenhäusern eingeholt.

Sie tun so, als ob die Landesregierung bestimmen würde, wo ein Frauenhaus hinkommt. Es braucht ein Haus, es braucht einen Träger, und es braucht vor allem willige Kommunen. Einen Träger können sie nicht einfach bestimmen, sondern es sind eine Ausschreibung und ein Prozess nötig. Genau das haben wir alles in diesem Ausschuss sehr sachlich besprochen. Ich bin etwas erstaunt, dass das heute von Ihrer Seite noch einmal so zum Thema gemacht wird.

Wie schon bei der vorherigen Debatte im Übrigen vorgestellt, ist die Prävention ein essenzieller Bestandteil, um sexualisierte Gewalt und Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen. Auch da stimmt es nicht, wenn Sie sagen, Frauen sollen nicht länger im Stich gelassen werden, als wenn Rheinland-Pfalz sich da irgendwie herausziehen würde.

Sexualisierte Gewalt zu verhindern, soll unser primäres Ziel sein. Wir müssen – das tut die Landesregierung – die Gesellschaft sensibilisieren, die Selbstbestimmung von Frauen ermöglichen und ein kompetentes Beratungs- und Unterstützungssystem anbieten. Genau das macht die Landesregierung schon seit mehreren Jahren.

Ich will nur einmal zum Beispiel das Aktionsprogramm Gewalt gegen Frauen nennen. Auch die „LAUT+STARK“-Kampagne gehört dazu. All das wird Geschlechterstereotypen und vorurteilshafte Einstellungen gegen Frauen in einen anderen Mittelpunkt rücken. Wir haben mit finanzieller Unterstützung des für Frauen zuständigen Ministerium sein interaktives Netz an Beratungsangeboten. Außerdem sind die Kriseninterventionsangebote ein notwendiger Bestandteil beim Kampf gegen sexualisierte Gewalt und beim Kampf gegen Gewalt gegen Frauen.

Die effektive Intervention wird in Rheinland-Pfalz seit mehreren Jahren durch das rheinland-pfälzische besondere RIGG-Programm – das wurde schon erwähnt – untermauert. Natürlich müssen wir Zufluchtsangebote für Frauen in Not in Rheinland-Pfalz zur Verfügung stellen.

Genau darüber haben wir in einer langen Sitzung gesprochen. Die Zahl der Zufluchtsuchenden ist leider nicht gesunken, ganz im Gegenteil; vielleicht weil im Verhältnis zu den früheren Jahren – Frau Sahler-Fesel, ich kann mich noch an den Kampf um das Frauenhaus in Trier erinnern, auch ich war schon dabei – es mühselig war, überhauptzu überzeugen, dass Hilfe für Frauen notwendig war. DerBlick wurde noch viel mehr abgewandt. Es ist zumindest ein Fortschritt, dass nicht überall weggeschaut wird.

Wir brauchen Frauenhäuser, und wir brauchen die entsprechende Unterstützung für Frauen. Dass die Frauenhäuser mehr genutzt werden – nicht nur in Rheinland-Pfalz, es betrifft tatsächlich die ganze Bundesrepublik –, ist sicher dem Umstand zuzuschreiben, dass heute nicht mehr so viel totgeschwiegen werden kann und Gott sei Dank Frauen den Mut haben, sich aus den Fängen ihrer Peiniger zubefreien oder sich auf diesen Weg machen.

Natürlich brauchen sie dafür unsere Unterstützung. Wir lassen sie nicht im Stich. Das sage ich für Rheinland-Pfalz und für die regierungstragenden Fraktionen aus Rheinland-Pfalz.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)


Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte noch kurz auf das eingehen, was die AfD zum Besten gegeben hat. Auch sie hat in unnachahmlicher Manier der Ministerin vorgeworfen, auf ganzer Linie zu versagen.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Was?)

Dass Sie jetzt so plötzlich Ihr Herz für Frauenhäuser entdeckt haben, wundert mich doch etwas. Sie haben im Haushalt alle Maßnahmen, die das Haus der Ministerin betrafen, abgelehnt. Sie wollten sogar das gesamte Haus abschaffen. Insofern sind Ihre heutigen Ausführungen überhaupt nicht ernst zu nehmen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Ich möchte noch einmal auf einen Aspekt dieses Grundproblems zurückkommen, nämlich dass offensichtlich in der ganzen Bundesrepublik die Anzahl der Frauenhäuser nicht mit den Bedarfen übereinstimmt. Ich habe mir noch einmal Berlin angeschaut. Das ist eine etwas größere Stadt mit Millionen von Einwohnern. Sie hat sechs Frauenhäuser für 322 Frauen. Ich finde, dann kann man nicht sagen, dass Rheinland-Pfalz mit 17 plus demnächst einem weiteren Haus dieses Problem nicht erkannt hätte und nicht genug täte.

Mir ist auch wichtig, noch einmal auf einen anderen Aspekt einzugehen, nämlich die Situation der Frauen, die nicht mehr unbedingt im Frauenhaus bleiben müssten, aber auf dem jetzigen Wohnungsmarkt keine adäquaten bezahlbaren Wohnungen finden, oder wenn es schwierig ist, Alleinerziehenden mit einem oder mehreren Kindern überhaupt entsprechende Wohnungen anzubieten. Ich glaube, darauf muss man noch einmal den Fokus legen. Da muss man sehen, wie man – nicht nur in Städten, auch in Kommunen – mit kommunalen Wohnungsbaugenossenschaften und Ähnlichem einen Weg finden kann, bezahlbaren Wohnraum zu ermöglichen, damit die Frauen nicht länger als nötig in einer solchen Situation im Frauenhaus bleiben müssen. Ich glaube, da sind wir auch wieder beieinander.

Obwohl: Frau Demuth, Sie wissen, ich schätze Sie, und ich schätze Ihr Engagement für die Bedarfe und die Interessen von Frauen. Ich schätze auch das Engagement anderer Frauen aus Ihrer Fraktion. Mit ihnen fühle ich mich absolut Seit’ an Seit’ im Kampf. Ich wünschte mir aber, dass beim nächsten Mal vielleicht doch noch einmal genau hingeschaut wird. Ich finde, wir müssen da an einem Strang ziehen. Aber jetzt in dieser Aktuellen Debatte sozusagen ein Stück weit zu unterstellen, dass sich die Landesregierung und die regierungstragenden Fraktionen aus der Verantwortung stehlen würden: Ich glaube, die Debatte hat gezeigt, dass dem nicht so ist. Es wird auch weiterhin nichtso sein.

Danke.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

 

Hier Plenarprotokoll (PDF) herunterladen



zurück

Jutta unterstützt die Aktion als Patin an der IGS Morbach und am Gymnasium Traben-Trarbach. Infos hier>>

GRUENE.DE News

<![CDATA[Neues]]>