Plenarrede

Zwischen Grünkreuzen und Bauernbashing – Rheinland-pfälzische Bauern und Winzer warten auf klares Bekenntnis der Bundesregierung zur modernen bäuerlichen Landwirtschaft – Drucksache 17/10520 –


Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: 
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Bauern und Bäuerinnen haben in den letzten Wochen ein gutes Recht in Anspruch genommen. Sie haben für ihre Ziele und ihre Interessen gekämpft und demonstriert. Wer, wenn nicht ich als Grüne, fände es absolut richtig, dass man auf die Straße geht und sich für seine Interessen einsetzt?

(Abg. Christian Baldauf, CDU: So wie die ganzen Lehrer und Eltern und so!)

Natürlich fällt es ins Auge, wenn die Bäuerinnen und Bauern dann mit großen Traktoren demonstrieren.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Das stimmt, da hat sie recht!)

Sie haben das Recht dazu, und sie haben auch das Recht, sich gegen das, was hier als „Bauernbashing“ bezeichnet wird, zu wehren.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Das finde ich gut, dass Ihr das so seht!)

Wir beobachten auch in Rheinland-Pfalz, dass die Schwierigkeiten für die Bäuerinnen und Bauern zunehmen. Sie haben eben auch vom Flächenverlust gesprochen. Da muss man ganz klar sagen: Natürlich ist jedes Infrastrukturprojekt, das durch die Landschaft gehauen wird – ich bin der CDU übrigens jetzt schon dankbar für ihre Aktuelle Debatte morgen zur Hochmoselbrücke, muss ich jetzt einmal sagen –,

(Abg. Martin Brandl, CDU: Warten Sie einmal ab, was wir dann sagen!)

genau solch ein Beispiel. Wie viel an Flächenverlust dieses enorme Bauwerk gekostet hat mit all den Anbindungen, plus Ausgleichsflächen, ist beispielslos.

Man muss sich auch einmal überlegen, inwiefern man etwas Gutes für die Bäuerinnen und Bauern tut, wenn man solche Straßenschneisen in eine Landschaft hackt, die wirklich gerade im Wittlicher Tal eine enorme Fruchtbarkeit hat, und die Bäuerinnen und Bauern dann alleinlässt.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Windkraft sage ich nur! – Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

Ich stimme denjenigen zu, die sagen, dass wir in Rheinland-Pfalz eine moderne und bäuerliche Landwirtschaft brauchen – die haben wir jetzt –, wir sie weiter schützen und

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

konkrete Maßnahmen gemeinsam umsetzen müssen. Unsere Landwirtschaft braucht Rahmenbedingungen, genauso wie wir eine funktionierende Landwirtschaft brauchen. Wir brauchen gesunde und nährstoffreiche Lebensmittel. Genauso braucht die Landwirtschaft auch in Zukunft gesunde Böden.

Ich glaube, wir sind uns darin einig, dass ein Weg gegangen werden muss, der diese Ziele realisiert.

Lassen Sie mich ein paar Fakten zur Einordnung nennen, wo wir heute stehen und wo wir herkommen. Die landwirtschaftliche Fläche ist in Rheinland-Pfalz seit 1990 in etwa konstant, mit einer sehr leichten Abnahme der Fläche. Gleichzeitig haben wir heute mit 17.100 Betrieben nur noch etwa ein Drittel der Betriebe, die wir 1990 hatten.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So ist das!)

Ein sehr geringer Flächenverlust unter dem Strich, aber ein echtes Höfesterben. Dieses Höfesterben ist leider kein neuer Effekt. Wenn man sich einmal die Zahlen zwischen 1960 und 1990 anschaut, dann gaben in diesem Zeitraum deutlich mehr Landwirte auf, als es relativ gleichmäßig über die letzten Jahre geschehen ist. Es sind, das will ich auch noch einmal betonen, also nicht die angeblich zu hohen Umweltauflagen oder die steigende Bürokratie per se, die zum Höfesterben führen, wenn man sich auch einmal die Zahlen aus den Jahren vor 1990 ansieht.

(Vizepräsidentin Astrid Schmitt übernimmt den Vorsitz.)

Wir erreichen mit der bäuerlichen Landwirtschaft, wie wir sie hier haben und erhalten wollen, einen sehr hohen Selbstversorgungsgrad. Auch der hat sich in den letzten 10 bis 15 Jahren wenig verändert und liegt derzeit bei 90%, was im europäischen Vergleich sehr gut ist. Wir können uns, wenn wir das wollen und es uns das wert ist, auch in Zukunft sehr gut mit regionalen Lebensmitteln versorgen. Das sollten wir auch tun; denn es ist genau das, was die Verbraucherinnen und Verbraucher heute nachfragen: regionale und gesunde Lebensmittel.

Da hat die Bundesregierung sehr lange gezögert, nur ein Schrittchen darauf zuzutun. Insofern ist das, was jetzt verabschiedet worden ist, immerhin ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, wenn auch sehr gemächlich.

Das muss man hier auch konstatieren; denn immer mehr Menschen fragen nach tiergerecht produzierten Lebensmitteln und nach nachhaltig produzierten Lebensmitteln. Das können gerade Betriebe, wie wir sie in Rheinland-Pfalz haben – keine massenindustriellen Betriebe –, leisten.

Aber auch mehr als zwei Drittel, im Verhältnis zu vorherigen Jahren,

(Glocke der Präsidentin)

entscheiden sich für Bio-Lebensmittel, für eine bessere Tierhaltung und wollen eben auch aus diesen Gründen die Vorteile dieser Wirtschaftsform weiter stützen.

In der zweiten Runde komme ich noch zu den konkreten Maßnahmen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei SPD und FDP)


Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich noch ein, zwei Punkte anfügen, die für uns wichtig sind, wenn wir über eine nachhaltige Landwirtschaft und den Versuch, eine Garantie zu geben, unsere Bäuerinnen und Bauern auch in der Zukunft zu unterstützen, sprechen.

Ich komme noch einmal auf die nachgefragten Vorzüge der ökologischen Landwirtschaft zu sprechen, die tatsächlich auch im besten Sinne für die Gemeinschaft wichtig sind; denn sie kann bis zu 450 kg mehr atmosphärischen Kohlenstoff pro Hektar und Jahr speichern als konventionell genutzter Boden, und damit trägt sie – ohne dass man noch einmal extra ein Paket schnüren muss – erheblich zum Klimaschutz bei.

Auf ökologisch bewirtschafteten Böden kann doppelt so viel Wasser aufgenommen werden wie auf konventionell bewirtschaftetem Boden. Da ist es dann auch so, dass hier – ohne noch einmal ein extra Paket – direkt Gutes für den Hochwasserschutz getan wird. Die Liste ließe sich fortsetzen.

Wir haben zum Teil auch im letzten Agrarbericht gezeigt bekommen, dass zum Beispiel die Einkommenschancen für Ökowinzer und Ökobauern deutlich besser sind; und der Markt ist noch nicht einmal ansatzweise gesättigt.

Wenn ich mir aber dieses Zusammenspiel Bäuerinnen und Bauern, Winzerinnen und Winzer anschaue, dann muss ich auch feststellen – das bedaure ich –, dass tatsächlich nach einer langen, schwierigen Konsolidierungsphase der Beruf des Winzers und der Winzerin – auch für Quereinsteiger – an neuer Attraktivität gewonnen hat und inzwischen zumindest bei uns an der Mosel auch Weinberge wieder neu bewirtschaftet werden, die vor 20 Jahren abgeschrieben worden sind. Insofern würde ich mir – da sind wir sicher alle gemeinsam dabei –

(Glocke der Präsidentin)

wünschen, dass auch die Attraktivität und das positive Image des eigentlich super schönen Berufs eines Bauern oder einer Bäuerin noch einmal verstärkt wird; denn was die Bäuerinnen und Bauern sicher nicht verdient haben, ist ein Bashing.

Danke schön.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

 

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