Plenarrede

Flughafen Hahn – Perspektiven für den Hunsrück auf Antrag der Fraktion FREIE WÄHLER
– Drucksache 18/1462 –


Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Herr Dr. Martin, Sie haben es als Nachfolger von Herrn Licht nicht schlecht gemacht, der eigentlich immer zum Hahn geredet hat und mit dem ich mir auch manchen Schlagabtausch geliefert habe. „Flughafen Hahn – Perspektiven für den Hunsrück“ heißt die Aktuelle Debatte der FREIEN WÄHLER. Ich frage mich, ob Sie wirklich den Hunsrück kennen. Wenn Sie sagen, der Hahn sei das Herz des Hunsrücks und meinen damit den Flughafen Hahn, dann muss ich Ihnen sagen, dass das nur ein Teil des Hunsrücks ist.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Im Übrigen sprechen wir hier in diesem Hohen Hause nicht das erste Mal über Perspektiven für den Hunsrück, für den Teil, in dem der Hahn liegt. Wir haben das letzte Mal am 27. August 2020 darüber eine Debatte geführt. Dort habe ich schon aus einem Plenarprotokoll vom 30. Juni 1993 zitiert, als mein damaliger grüner Kollege – Dietmar Rieth – gesagt hat: „Lassen Sie uns gemeinsam über die Regionalentwicklung im Hunsrück sprechen. [Dazu] stehen wir bereit.“

Wir wissen, dass sich nach dem Abzug der Amerikaner die damalige Regierung entschieden hat, dort als Konversionsprojekt einen Regionalflughafen anzusiedeln. Man muss aber auch ganz klar sagen, das waren andere Zeiten. Regionalflughäfen schossen wie Pilze aus dem Boden. Das war die Zeit, als die Flüge billig waren, als Ryanair, einer der Billiganbieter, damit geworben hat, zum Mittagessen vom Hahn nach Mailand zu fliegen. Ich sage Ihnen, der Flug war wahrscheinlich das Günstigste an diesen Reisen. Die Pizza in Mailand war wahrscheinlich teurer. Wie gesagt, das sind aber vergangene Zeiten.

In der taz vom 5. November 2021 hat ein Redakteur seine Erlebnisse als junger Mann mit dem Hahn und den Billigfluglinien geschildert. Gerade für Migrantinnen und Migranten war das schon eine gute und günstige Möglichkeit, in ihre Heimat zu kommen. Er schreibt – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –: „Deutschland im Jahr 2008, das ist auch eine Zeit, in der sich im Schatten der großen Autobahnen so viele Shuttlebusse wie nie zuvor über die Landstraßen in Rheinland-Pfalz schlängeln, um Menschen aus NRW, Baden-Württemberg und Hessen auf das entlegene Gelände eines ehemaligen Militärflughafen zwischen Bernkastel-Kues und Büchenbeuren zu karren.“ – Das war im Jahr 2008.

Wir haben inzwischen das Jahr 2021. Ich sage Ihnen, was die Entwicklung in den letzten Jahren für die Menschen im Hunsrück bedeutet: Im Rhein-Hunsrück-Kreis haben wir eine Arbeitslosenquote von 3,2 %. Im Kreis Bernkastel-Wittlich, der auch vom Hahn betroffen ist, haben wir eine Arbeitslosenquote von 2,9 %. Die Zeiten, als man sagte, der Hunsrück ist strukturschwach, der Hunsrück hat nur eine Perspektive, indem man dort einen Regionalflughafen ansiedelt, sind definitiv vorbei.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Sehr interessant ist auch ein Artikel im Trierischen Volksfreund Anfang der Woche. Wie trifft die Hahnpleite die Hunsrückregion? Sie haben verschiedene Firmen gefragt. Papier Mettler in Morbach, die WIRTGEN GROUP, die in Wittlich angesiedelt ist, oder auch ME Logistic Services am Hahn. Sie haben auch bei Touristikerinnen und Touristikern aus der Region angefragt. Keine dieser Firmen oder Betreiber hat gesagt, wir brauchen den Hahn entweder für unsere Wirtschaft oder für den Tourismus. Das bedeutet, dass man sich jetzt mit der Region zusammen – da bin ich ganz bei Ihnen, und ich habe auch Gespräche mit Kirchberg und anderen Kommunen geführt – endlich überlegen muss, wie wir dazu beitragen können, den Menschen zu helfen,

(Unruhe im Hause)

die jetzt betroffen sind und die wieder Angst um ihre Arbeitsplätze haben müssen – die gibt es natürlich am Hahn –, – –

(Glocke des Präsidenten)

Präsident Hendrik Hering: Das galt dem Lärm, nicht Ihnen.

Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
– – und wie die Wirtschaftsentwicklung weiter in Richtung flugunabhängiges Gewerbe geht. Da haben wir natürlich die Kommunen an unserer Seite. Wenn Sie über mehr Infrastruktur für den Hunsrück sprechen wollen, ist das natürlich wünschenswert, aber ich würde dabei persönlich den Fokus nicht auf den Flughafen, sondern auf die Reaktivierung der Hunsrückbahn legen, die auch die Kommunen dort wollen. Ich glaube, wenn wir da gemeinsam weiter Druck auf das Eisenbahn-Bundesamt ausüben, dann tun wir wirklich etwas für die Zukunft des Teils des Hunsrücks, in dem jetzt noch der Flughafen Hahn liegt.

Danke.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wir debattieren heute – jedenfalls die meisten der Rednerinnen und Redner – über Zukunftsperspektiven. Das ist genau die Aufgabe von Politikerinnen und Politikern, und das ist auch meine Aufgabe als regionale Abgeordnete, die in dieser Region lebt.

Deswegen sind wir natürlich unterstützend bei denjenigen, die in dieser langen und unruhigen Geschichte, die der Flughafen Hahn hinter sich hat, wieder einmal um ihre Arbeitsplätze bangen müssen, aber genau da setzt auch die Aufgabe für die Zukunft an, um zu sehen, welche Alternativen es gibt.

Die Alternativen – ich habe es vorzutragen versucht, und nicht nur ich, auch der Trierische Volksfreund hat es untersucht – liegen auch in den bereits ansässigen Betrieben, die im Übrigen bis nach Simmern und Wittlich hinein, das ist jeweils etwa eine halbe Stunde vom Hahn entfernt, händeringend Arbeitskräfte suchen.

Schauen Sie sich, wenn Sie in der Region sind, doch wirklich einmal an, welche weltmarktführenden Firmen sich dort angesiedelt haben, die sichere Arbeitsplätze bieten. Es gibt Firmen in der Umgebung des Hahn, beispielsweise HAHN Kunststoffe, die ebenfalls gerne expandieren würden. Es gibt also Optionen für die Zukunft. Darüber wäre zu reden.

Wenn sich die CDU jetzt hinstellt und sagt, was sie alles besser machen würde, ist aber festzustellen, dass der Wähler und die Wählerin Ihnen ein weiteres Mal nicht die Gelegenheit dazu gegeben haben. Wenn Sie weiter rückwärtsgewandte Politik machen, wird es auch bei der nächsten Wahl nichts werden.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Zurufe von der SPD und des Abg. Johannes Zehfuß, CDU – Der Abgeordnete Marco Weber, FDP, geht in Richtung des Redepults)

 

Hier Plenarprotokoll (PDF) herunterladen



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