Plenarrede

Feststellung einer den Verzicht auf die losweise Vergabe von öffentlichen Aufträgen rechtfertigenden besonderen Ausnahmesituation im Sinne des § 7 Abs. 2 a des Mittelstandsförderungsgesetzes auf Antrag der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP
Drucksache 18/2759


Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Haushalt 2022 unterstreicht den verkehrspolitischen Schwerpunkt unserer Koalition nach dem Grundsatz „Erhalt vor Neubau“. Es ist richtig, dass angesichts der Klimakrise jedes Straßenprojekt auf den Prüfstand gestellt wird. Insofern begrüßen wir es, dass es im Haushalt 2022 keine weiteren neuen Landesstraßenbauprojekte gibt.

(Abg. Stephan Wefelscheid, FREIE WÄHLER: Schlimm genug!)

Dafür gibt es ein Sonderprogramm für kommunale Brücken. Ich möchte besonders darauf hinweisen, dass die finanzielle und personelle Stärkung des Radverkehrs in Rheinland-Pfalz im Haushaltsprogramm verankert ist. Die Kollegin hat schon etwas dazu gesagt. Die 23 neuen LBM-Stellen für den Ausbau von Radwegen und Radverkehrsanlagen sowie die strukturelle Einrichtung regionaler Radverkehrsteams sind wirklich ein guter Fortschritt, um dem Radverkehr endlich eine starke Stimme in Rheinland-Pfalz zu geben, genauso wie die Einführung einer AGFK.

Der nachhaltige Tourismus liegt uns natürlich sehr am Herzen. Er ist ein wichtiger Wirtschaftsstandort für Rheinland-Pfalz. Die Tourismusförderung steigt um 3,8 Millionen Euro auf insgesamt 16,9 Millionen Euro. Das ist gut für den Tourismus und die Touristikerinnen und Touristiker.

Ich möchte an dieser Stelle aber auch noch einmal kurz zum Verkehr kommen und darauf hinweisen, dass unsere Fraktion dem von der Landesregierung eingebrachten Landesgesetz zur Änderung schifffahrtsrechtlicher Bestimmungen zustimmt. Auch dazu hat die Kollegin etwas gesagt. Dass die Landwirtschaft und die gute Situation landwirtschaftlicher Betriebe für uns eine herausragende Bedeutung haben, wird nicht zu bestreiten sein. Das sieht man auch im Haushalt. Wir unterstützen Landwirtschaft und Weinbau und besonders auch die Steil- und Steilstlagen im Weinbau. Dazu haben wir einen eigenen Entschließungsantrag gebracht. Wir erhöhen die Mittel von Versuchs- und Demonstrationsbetrieben des integrierten und ökologischen Landbaus, die herausragend für die Erhaltung der Biodiversität sind, worin auch die Unterstützung von Maßnahmen für das Projekt „Lebendige Moselweinberge“ steckt.

Die Opposition hat wohlfeile Anträge zur Sicherung der Ernährung gestellt. Die Anträge der Oppositionsfraktionen unterscheiden sich nur wenig. Im Prinzip wird die Abkehr von allen Maßnahmen gefordert, die die industrielle Landwirtschaft, die wir so in Rheinland-Pfalz noch nicht einmal haben, angeblich behindern. Freigabe aller möglichen Ackerflächen zur Rettung der Welt. Keine Restriktionen bei Düngevorgaben. – Wozu braucht man verordnete Brachflächen?

Ich sage es Ihnen.

Erstens: Nicht alle Brachflächen wären überhaupt für einen Anbau zu nutzen.

Zweitens: Mit den in Rheinland-Pfalz möglichen 4 % Flächen retten wir nicht die Welt. Das sagen im Übrigen auch konventionelle Bauern. Mit alten Rezepten gewinnt man nicht die Zukunft, und viel hilft nicht viel.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Welt rettet nur eines, nämlich die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels. Wenn wir energie- und ernährungsautark werden wollen und müssen, müssen das auch die Länder im Süden werden. Wetterextreme, Dürre und Überflutungen verhindern, das geht ausschließlich mit einer anderen Energiepolitik.

Erneuerbare Energien sind Freiheitsenergien. Das gilt auch für die Länder des Südens. Ich will nicht weiter ein Geschäft machen mit Exporten von Getreide bis Hühnerköpfen in Länder, die davon abhängig sind, weil die Klimakrise da längst zugeschlagen hat oder der heimische Markt durch lukrative Exporte, von denen der Westen profitiert, zerstört wurde.

Unsere Situation in Deutschland ist in der Komfortzone. Das Prügeln um Klopapier, Sonnenblumenöl oder Weizenmehl ist Luxus. Wenn es darum geht, haben wir genug.

Da will ich Ihnen sagen, das Thünen-Institut hat untersucht, dass in Deutschland rund 12 Millionen Tonnen Lebensmittel im Jahr weggeworfen werden, 75 kg pro Verbraucher, 52 % davon in privaten Haushalten. Also, vielleicht fangen wir da einmal an.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Nur wenn wir bei uns und global die Hausaufgaben machen und in erneuerbare Energien investieren – leider gab es das in den letzten 20 Jahren nicht –, wenn wir Biodiversität und Artenschutz voranbringen und nicht mehr 60 % der Agrarfläche,

(Glocke des Präsidenten)

das sind 10 Millionen Hektar, für Viehfutter verwenden, nur dann haben wir eine Zukunft.

Ihre Forderung nach Abschaffung der aus Ihrer Sicht restriktiven Maßnahmen der landwirtschaftlichen Produktion höre ich seit Jahren. Jetzt haben Sie auf einmal den Krieg in der Ukraine als Vorwand. Es gibt auch noch andere Kriege in dieser Welt. Ich finde Ihre Anträge nicht nur kurzsichtig, sondern auch schäbig.

Danke.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Herr Schreiner, Sie hätten meinen Ausführungen vielleicht einmal wirklich zuhören können,

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Schmerzhaft!)

bevor Sie schon wie so ein HB-Männchen aufgesprungen sind, bevor ich überhaupt den Satz zu Ende gesprochen habe.

Woran liegt es denn, dass es Hunger in den Ländern des Südens gibt? Das liegt doch auch daran, dass der Westen von einer Energiepolitik profitiert hat,

(Zuruf des Abg. Martin Brandl, CDU)

die in anderen Teilen der Welt längst zu Dürre, Klimakatastrophen und Hunger geführt hat.

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Sie reden sich um Kopf und Kragen! – Unruhe im Hause)

Ja, es geht um Menschen. Es geht aber nicht nur um Menschen in Deutschland.

(Zurufe der Abg. Michael Frisch und Joachim Paul, AfD)

Es geht auch um Menschen in anderen Teilen der Welt. Es geht auch um Menschen in Kriegsgebieten, aber es geht verdammt nochmal auch einfach um Menschen, denen mit der Erwärmung des Klimas ihre Böden entzogen wurden, im wahrsten Sinne des Wortes.

Wenn wir uns nicht endlich auch einmal dazu durchringen, auf erneuerbare Energien und weniger auf Ausbeutung zu setzen, dann werden diese Länder noch weniger Chancen haben.

Ich will das nicht, und ich will auch meinen Kindern klar in die Augen sehen und sagen können:

(Zuruf des Abg. Martin Brandl, CDU)

Wir haben versucht, das Mögliche zu tun, damit auch die Länder in anderen Teilen der Welt ernährungsautark werden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

 

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