Plenarrede

Landwirtschaft und Weinbau in Rheinland-Pfalz zukunftsfähig halten – EU-Kommission muss Richtlinie zum Pflanzenschutz überdenken
– Drucksache 18/4789 –


Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Aktuelle Debatte der FDP bezieht sich auf die von der EU-Kommission vorgeschlagene Fünfte Verordnung zur Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung. In dieser soll die geltende Vorschrift um Vorschriften zur Einschränkung der Anwendung glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel und zur Einschränkung der Anwendung von bestimmten Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten und an Gewässern ergänzt werden. In ihrem Verordnungsentwurf schlägt die Kommission vor, die Verwendung und das Risiko von Pestiziden sowie die Verwendung gefährlicher Pestizide bis zum Jahr 2030 EU-weit um 50 % zu reduzieren.

Es ist wissenschaftlicher Konsens, so wie es im Moment läuft, darf es nicht weitergehen. Der dramatische Artenschwund stellt uns jetzt schon vor massive Herausforderungen und wird es in Zukunft noch verstärkt tun. Auch der hohe Pestizideinsatz in der intensiven Landwirtschaft europaweit ist wesentlicher Treiber für den Artenverlust auf Wiesen, Äckern sowie in den Weinbergen.

Dementsprechend begrüßen wir grundsätzlich die Ziele, die mit der neuen Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln erreicht werden sollen. Insbesondere die von der EU-Kommission angestrebte Senkung des Pestizideinsatzes und die stärkere Harmonisierung innerhalb der EU begrüßen wir.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir teilen auch das Ziel der EU-Kommission, eine landwirtschaftliche Praxis sicherzustellen, die gleichermaßen für eine langfristige und nachhaltige Ernährungssicherheit sorgt, die öffentliche Gesundheit und Umwelt schützt sowie die Artenvielfalt erhält. Bei den aktuell vorgeschlagenen Maßnahmen sehen wir jedoch in einzelnen Punkten erheblichen Nachbesserungsbedarf.

Erstens die Definition sogenannter sensibler Gebiete. Hier steht der Prozess um die Klärung, was denn sensible Gebiete genau sein sollen, am Anfang. Deswegen ist es wichtig, dass wir uns da jetzt einbringen. Es gilt, eine Definition zu erarbeiten, die Schutzgüter und landwirtschaftliche Produktion in Einklang bringt und dementsprechend unnötige Härten für unsere hiesigen Landwirtinnen und Landwirte und für unsere Winzerinnen und Winzer vermeidet.

Zweitens Pauschalverbot von Pflanzenschutzmitteln. Hier machen wir uns für eine Prüfung von Ausnahmetatbeständen für die Pflanzenschutzmittelanwendung in ökologisch empfindlichen Gebieten, insbesondere für biologische Pflanzenschutzmittel sowie für Wirkstoffe, die schon im ökologischen Land- und Weinbau zugelassen sind, stark.

(Zuruf des Abg. Johannes Zehfuß, CDU)

Drittens die Berechnungsgrundlage. Hierbei ist es uns wichtig, dass die Giftigkeit der eingesetzten Mittel berücksichtigt wird statt einfach nur die Menge zu zählen. Dieses Pauschalverbot ist unserer Ansicht nach völlig praxisfremd und führt auch nicht zu dem, zu dem wir hinwollen.

Letztendlich – das haben die Kollegen schon gesagt – würde dies auch den Ökolandbau benachteiligen, da er im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft größere Mengen, aber weniger schädliche Pflanzenschutzmittel ausbringt. Ich teile die Sorge, die von den Kolleginnen und Kollegen angesprochen wurde, dass gerade wir in Rheinland-Pfalz mit ganz erheblichen Restriktionen zu kämpfen hätten.

Dazu muss man vielleicht noch wissen, dass Deutschland im Verhältnis zu anderen EU-Mitgliedern sehr viele Schutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete usw. ausgewiesen hat, aber auf der anderen Seite gerade – der Weinbau wurde angesprochen – dieses Kulturgut für uns eminent wichtig ist und wir im Verhältnis zu anderen EU-Ländern, gerade was den Weinbau angeht, sowieso schon benachteiligt sind. Ich habe im September hier in der Debatte unser Ringen darum angesprochen, dass Kaliumphosphonat wieder zugelassen werden sollte. Dagegen wehren sich andere EU-Länder.

Eine zielgerichtete Lösung für überlagernde Krisen – darauf wurde auch hingewiesen, wie viele Krisen wir im Moment haben – erfordert einen ganzheitlichen und transformativen Ansatz. Sie bekommen wir nicht in den Griff, wenn wir nicht gemeinsam nach Lösungen suchen.

Landwirtschaftlicher Strukturwandel, Ernährungssicherheit, Artenschutz und Klimaschutz müssen zusammengedacht werden. Ich bin auch dankbar, dass darauf hingewiesen wurde – da hat Rheinland-Pfalz eine Vorreiterrolle –,

(Glocke des Präsidenten)

dass es noch andere Mittel als chemische Pflanzenschutzmittel gibt. Darauf werde ich gerne gleich noch in der zweiten Runde eingehen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)


Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will noch einmal zwei Aspekte herausheben. Zum einen: Wir haben im Land Rheinland-Pfalz – ich glaube, da sind wir ein bisschen in einer Vorreiterrolle – wirklich gezeigt, was man mit Digital Farming erreichen kann, obwohl man das vor zehn Jahren vielleicht nicht geglaubt hat, nämlich tatsächlich eine signifikante Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln.

Diesen Weg müssen wir weitergehen. Da ist die GeoBox, da ist N-Sensor, da sind die Drohnen im Weinbau. All das ist hilfreich. Auch die Maschinen der Firma CLEMENS und anderer wurden erwähnt. Ich bin sehr dankbar, dass die Landesregierung diese Maßnahmen unterstützt und fördert.

Wenn ich nach Europa sehe, würde ich gerne den Kolleginnen und Kollegen eine Studie ans Herz legen, nämlich ein Langzeitforschungsprojekt des DLR Mosel, des Julius Kühn-Instituts und vom in Müncheberg ansässigen Senckenberg Deutsches Entomologisches Institut. Die haben ein Langzeitprojekt gemacht, gefördert mit 1,2 Millionen Euro vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, zum Thema „Biodiversität in Weinbau-Steillagen – Wechselwirkungen zwischen Steillagenbewirtschaftung und Biodiversität unter Berücksichtigung der Ressourcensicherung“.

Heraus kam, dass in Steillagen allein 170 Wildbienenarten sowie 60 Falterarten zu finden waren, von denen ein Teil als gefährdet gilt. Das Interessante dabei ist, dass das noch nicht einmal an den Reben liegt und wie sie bearbeitet sind, sondern vor allen Dingen an den zwischen ihnen lebenden Pflanzen vor allem an blütenreichen Böschungen an den Querterrassen der Steillagen. Auch das ist ein Thema, mit dem wir uns beschäftigen müssen. Wie können wir aus verschiedenen Gründen zu mehr Querterrassierung kommen?

Dort haben diese Arten ein besonderes Refugium gefunden. Deswegen ist es, glaube ich, wichtig, dass wir gemeinsam zu dem ersten Entwurf der EU-Kommission kritisch stehen. Die drei von mir genannten Punkte, das heißt, was sind sensible Gebiete, was ist das mit diesem pauschalen

(Glocke des Präsidenten)

Verbot – – – Ich glaube, deswegen ist es wichtig, dass wir

(Glocke des Präsidenten)

gemeinsam zusammenstehen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

 

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