Kleine Anfrage 17/2409

der Abgeordneten Andreas Hartenfels und Jutta Blatzheim-Roegler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) - Drucksache 17/2651 -

Nitratbelastung des rheinland-pfälzischen Grundwassers


Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/2409 – vom 1. März 2017 hat folgenden Wortlaut:

Wasser ist unsere Lebensgrundlage und unser Lebensmittel Nummer 1. Der Schutz des Was sers vor Belastungen und die sichere Versorgung der Bevölkerung mit Wasser von hoher Qua lität ist eine unserer vorrangigsten Aufgaben. 42 der 117 Grundwasserkörper in Rheinland-Pfalz sind derzeit aufgrund der Nitratbelastung in keinem guten Zustand. Hier besteht drin gend weiterer Hand- lungsbedarf. Dazu gehört es, den Eintrag von Nährstoffen in die Gewässer möglichst an der Quelle zu reduzieren. Da unter bestimmten Umständen Nitrat teilweise zu gesundheitsschädlichem Nitrit umgewan delt werden kann, schreibt die Trink- wasserverordnung vor, dass nicht mehr als 50 Milligramm Nitrat pro Liter Trinkwasser enthalten sein dürfen. Dort, wo im Trinkwasserbrunnen höhere Mengen vorhanden sind, muss auf tiefere unbelastete Grundwasserleiter ausgewichen, mit Wasser aus nitratfreien Brunnen gemischt oder das Wasser technisch aufbereitet werden. Nitrat ist ein wichtiger Pflanzennährstoff und häufig herrscht sogar Mangel an Nitrat. Durch Stickstoffdüngung wird das Wachs- tum von Kulturpflanzen gefördert. Probleme gibt es dort, wo mehr Mineraldünger oder Gülle auf die Fläche kommt als von den Kulturpflanzen verwer tet werden kann. Dann wird das Nitrat in den Untergrund ausgewaschen und gelangt ins Grundwasser.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie häufig werden die zulässigen Nitratgehalte im Rohwasser der Trinkwasserversorger in Rheinland-Pfalz überschritten?
2. Welche anderen Stoffe, die auf die landwirtschaftliche Bodennutzung zurückzuführen sind, wurden im Rohwasser festgestellt?
3. Welche Trinkwasserversorger in Rheinland-Pfalz müssen das Rohwasser behandeln, um die Trinkwasser-Grenzwerte einzuhalten?
4. Gab es Nitrat-Grenzwertüberschreitungen beim Trinkwasser in Rheinland-Pfalz?
5. Auf welche Weise wird die Novellierung des Düngegesetzes und der Düngeverordnung in ihrer jetzigen Form zur Reduzierung der Nitratbelastung im Grundwasser bei tragen?
6. Welche weiteren Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um auf Landesebene die Nitratbelastung zu senken?


Das Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 23. März 2017 wie folgt beantwortet:

Vorbemerkung: Auf der Grundlage repräsentativer Grundwassermessstellen befinden sich in Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie 36 Prozent der rheinland-pfälzischen Grundwasserkörper aufgrund erhöhter Nitratkonzentrationen in einem schlechten Zustand. In den vergangenen Jahrzehnten wurden bereits einzelne Trinkwasserbrunnen im Land wegen zu hoher Nitratbelastung aufgegeben und es wurde auf weniger belastetes Grundwasser zu Trinkwasserzwecken (das sogenannte Rohwasser) oder Verbundsysteme mit anderen Wasserversorgern ausgewichen. Deren Bau sowie alternativ eine aufbereitungstechnisch basierte Nitrateliminierung können zu hohen Kosten führen, die am Ende von den Verbraucherinnen und Verbrauchern getragen werden müssen. Eine aktuelle bundesweite Studie des Bundesverbandes der Deutschen Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW: www.bdew.de/internet.nsf/id/C622D5C99CD10532C12580AD002F7D43/$file/170113_BDEW_Gutachten_Nitrat_final.pdf) geht im Extremfall bei einem 3-Personen-Haus- halt von einer Erhöhung des Wasserpreises um bis zu 62 Prozent aus. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist das Grundwasser flächendeckend vor Belastungen zu schützen, damit es überall und auch in Zukunft ohne bzw. nur mit natürlichen Aufbereitungsverfahren (z. B. Filterung, Belüftung) zu Trinkwasserzwecken genutzt werden kann.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1:


Dem Landesamt für Umwelt (LfU) wurden im Rahmen einer freiwilligen Kooperationsvereinbarung mit den öffentlichen Wasserversorgern seit 2012 die Untersuchungsergebnisse des von ihnen zur Trinkwassergewinnung geförderten Wassers auf Nitrat an insgesamt 856 Wasserfassungen zur Verfügung gestellt. Da nur ca. 40 Prozent aller Wasserfassungen in Rheinland-Pfalz im Rahmen dieser Kooperation gemeldet werden, ist die Erhebung nicht repräsentativ. An 66 gemeldeten Wasserfassungen, die sich überwiegend durch relativ geringe Entnahmemengen auszeichnen, wird dabei der Wert von 50 mg/l Nitrat im Rohwasser über- schritten.

Zu den Fragen 2 und 3:
Auf Basis der dem LfU zur Verfügung gestellten Daten wurden im Rohwasser der öffentlichen Wasserversorgung in geringen Mengen und einem kleinen Teil der Brunnen weitere auf die landwirtschaftliche Bodennutzung zurückzuführenden Stoffe (Pflanzenschutzmittel und deren Metabolite) unterhalb des Trinkwassergrenzwertes nachgewiesen. Neben den bekannten Problemen mit Nitrat wird bei vier Wasserversorgern im Rohwasser der Trinkwassergrenzwert für Pflanzenschutzmittel (PSM) überschritten. Diese Funde sind nicht auf eine landwirtschaftliche Bodennutzung sondern auf sonstige Anwendungen (z. B. Entkrautung von Gleisanlagen, Kleingärten) zurückzuführen. Folgende öffentliche Wasserversorger bereiten ihr Rohwasser in den betroffenen Anlagen auf:

Zu Frage 4:
Grundlage sind die im elektronischen Trinkwasserinformationssystem (TWIST) verfügbaren Daten der Wasserversorger und Gesundheitsämter aus dem Zeitraum 1. Januar 2010 bis 28. Februar 2017 (Stand: 3. März 2017). Der Trinkwasser-Grenzwert für Nitrat wurde bei durchgeführten 10 488 Untersuchungen im Trinkwasser, trotz der oben genannten Maßnahmen, noch bei sieben Untersuchungen überschritten.

Zu Frage 5:
Der Verordnungsentwurf vom 18. Januar 2017 sieht Folgendes vor:

– Es gibt Vorgaben für eine bundeseinheitliche Nährstoffbedarfsermittlung, die schriftlich für jede Bewirtschaftungseinheit gemacht werden muss.
– Es wurden Erleichterungen bei der Nutzung von Kompost eingeführt, sodass auch zukünftig eine fachgerechte Nutzung möglich ist.
– Die Beschränkungen der Aufbringung von Düngemitteln auf gefrorenen, schneebedeckten, wassergesättigten Böden wurden für Komposte und Festmist von Huf- oder Klauentieren aufgehoben. Hier dürfen zukünftig Mengen ausgebracht werden, die mehr als 60 kg Stickstoff enthalten.
– Bei der Nutzung von Harnstoff muss zukünftig ein Ureasehemmer zugegeben werden oder er muss innerhalb von einer Stunde eingearbeitet sein.
– Flüssige organische Düngemittel dürfen auf bestelltem Ackerland ab 2020 nur noch streifenförmig auf den Boden aufgebracht oder müssen direkt eingearbeitet werden, bei Dauergrünland werden diese Forderungen ab dem 1. Februar 2025 umzusetzen sein.
– Die 170 kg Stickstoffobergrenze der Ausbringung pro Hektar und Jahr für tierische Wirtschaftsdünger wurde auch auf pflanzliche Wirtschaftsdünger ausgeweitet.
– Die Derogation soll zukünftig auf Ackerland nur bei mehrjährigem Feldfutterbau zulässig sein.
– Sperrfristen für Ackerland beginnen ab der Ernte der letzten Hauptfrucht bis zum Ablauf des 31. Januar des Folgejahres. Abweichend davon darf bei Zwischenfrüchten, Winterraps oder Feldfutter (bei Aussaat bis 15. September) der Stickstoffbedarf bis zum 1. Oktober gedeckt werden, jedoch insgesamt nicht mehr als 60 kg oder 30 kg Ammoniumstickstoff. Die gleiche Ausnahme gilt für Wintergerste, sofern sie nach einer Getreidevorfrucht steht. Bei Grünland und mehrschnittigem Feldfutterbau beginnt die Sperrfrist am 1. November und endet ebenfalls am 31. Januar des Folgejahres. Bei Gemüse-, Erdbeer- und Beeren- obstkulturen dauert die Sperrfrist vom 1. Dezember bis zum 31. Januar des Folgejahres.
– Beim Nährstoffvergleich ist derzeit noch die plausibilisierte Feld-Stall-Bilanz möglich. Nach der ebenfalls derzeit stattfindenden Novelle des Düngegesetzes müssen ab 2023 alle Betriebe eine Stoffstrombilanz vorlegen. Hier ist allerdings eine Bagatellgrenze für Betriebe bis 20 ha geplant, deren Düngeanfall 50 Großvieheinheiten nicht überschreiten. Die Verpflichtung zur Stoffstrombilanz gilt bereits ab dem 1. Januar 2018 für Betriebe mit mehr als 50 Großvieheinheiten oder mit mehr als 30 Hektar landwirt- schaftlicher Nutzfläche bei einer Tierbesatzdichte von mehr als 2,5 Großvieheinheiten je Hektar.
– Bei der Bewertung des Nährstoffvergleichs darf der Kontrollwert von derzeit 60 kg ab dem Düngejahr 2018 (im dreijährigen Mittel) nur noch maximal 50 kg für Stickstoff betragen und für Phosphat, derzeit 20 kg Phosphat ab dem Düngejahr 2018 (im 6-jährigen Mittel), 10 kg Phosphat nicht überschreiten. Die Überschreitung wird mit der Pflicht zur Teilnahme an einer Beratung geahndet, wiederholte Überschreitung führt zu einer verpflichtenden Vorlage der Düngebedarfsermittlung und des Nährstoff- vergleichs bei der zuständigen Behörde.
–Bei der Regelung der Lagerkapazitäten für Wirtschaftsdünger haben sich ebenfalls erhebliche Änderungen ergeben. Auch Gärreste aus Biogasanlagen werden künftig in der Düngeverordnung geregelt. Wie bisher gilt eine Lagerkapazität von mindestens sechs Monaten. Bei Betrieben mit mehr als drei Großvieheinheiten pro Hektar oder Biogasbetrieben, die über keine eigene Ausbringfläche verfügen, ist ab dem 1. Januar 2020 eine Lagerkapazität von neun Monaten sicherzustellen. Ab diesem Zeitpunkt gilt auch für Festmist und Kompost eine Mindestlagerkapazität von zwei Monaten.

Ein absolutes Novum stellt der § 13 in der Novelle dar. Hier werden für Nitrat und Phosphat Risikogebiete eingeführt, in denen Betriebe, die dort wirtschaften, besondere Maßnahmen durchführen müssen. Derzeit sind hier 13 verschärfende Maßnahmen geplant, von denen mindestens drei in einer Landesverordnung festgesetzt werden müssen. Für unsere Betriebe sind von besonderer Bedeutung, dass bei organischen Düngemitteln generell der Gehalt an Stickstoff ermittelt werden muss. Es sind außerdem schlagspezifische Bodenuntersuchungen auf Stickstoff verpflichtend. Dünge-Abstände zu Oberflächengewässer betragen hier generell 5 m, bei stark geneigten Flächen (> 10 Prozent) mindestens 10 m. Die größten Einschränkungen jedoch ergeben sich bei der Reduktion des Kontrollwertes auf 40 kg Stickstoff/ha und einer generellen Lagerkapazität für Wirtschaftsdünger von mindestens sieben Monaten. Für Betriebe mit Gülle oder Gärresten gilt in diesen Regionen auch eine Einarbeitungsfrist von einer Stunde ab Beginn der Ausbringung. Die Sperrfristen für Grünland und Feldfutter beginnen bereits am 15. Oktober und für Stallmist und Kompost am 15. November und die Sperrfrist für Gemüse beginnt bereits am 1. November. Abschließend, sicherlich für kleinere und Öko- betriebe von Bedeutung, wird in Risikogebieten die Mindestlagerkapazität für Festmist und Kompost auf vier Monate ausgeweitet.

Es sind zwar auch Erleichterungen angedacht insbesondere für Betriebe, die den durchschnittlichen Kontrollwert von 35 kg Stick- stoff/ha nicht überschreiten und Betriebe, die an Agrarumweltmaßnahmen teilnehmen, die in besonderer Weise dem Schutz der Gewässer vor Nährstoffeintragen aus landwirtschaftlichen Quellen dienen. Dies wird jedoch nur auf eine sehr geringe Anzahl von Betrieben zutreffen.

Zu Frage 6:
Bis Ende 2019 werden Geräte gefördert zur umweltschonenden Ausbringung von Wirtschaftsdüngern. Die bauliche Anlage von Festmistlagerstätten und auch Güllelagern können unter bestimmten Voraussetzungen gefördert werden. Mit dem Programm „Gewässerschonende Landwirtschaft“ hat die Landesregierung im Jahr 2014 den Problembereich Gewässerschutz und Landwirtschaft erstmals in Rheinland-Pfalz aktiv aufgegriffen. Das Programm beinhaltet drei verschiedene, miteinander verknüpfte Bausteine, die jeweils vom Land finanziell gefördert werden:

– kostenneutrale Beratung durch die Wasserschutzberatung Rheinland-Pfalz;
– Kooperationen zwischen Wasserversorgungsunternehmen und landwirtschaftlichen Betrieben;
– GAP-Fördermaßnahmen der ELER-VO sowie im Programm EULLE.

Mit dem Programm sollen die rheinland-pfälzischen Landwirte bei der Umsetzung von Anforderungen der europäischen Gewässerschutzpolitik unterstützt werden.


Ulrike Höfken
Staatsministerin


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