Kleine Anfrage 17/5573

der Abgeordneten Jutta Blatzheim-Roegler und Andreas Hartenfels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Phosphorbelastung der Gewässer in Rheinland-Pfalz – Drucksache 17/5788


Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/5573 – vom 28. Februar 2018 hat folgenden Wortlaut:

Phosphor ist ein essenzieller Bestandteil für das Pflanzenwachstum. Bei übermäßigem Vorkommen in aquatischen Lebensräumen führt er aber zu Eutrophierung.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
1. Wie haben sich die Messwerte hinsichtlich des Gesamt-Phosphors in Fließgewässern und im Grundwasser in Rheinland-Pfalz seit dem Jahr 2000 verändert (bitte aufgelistet nach Jahreszahlen)?
2. Ist der Landesregierung bekannt, in welchen Oberflächengewässern in Rheinland-Pfalz eine zu hohe Phosphorkonzentration vorliegt?
3. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung hinsichtlich der Eintragswege von Phosphor in Oberflächengewässer vor?
4. Gibt es Hinweise darauf, dass Phosphor auch über das Grundwasser in Seen und Flüsse gelangen kann?
5. Inwieweit wirken sich landwirtschaftliche Nutzungsweisen auf die Phosphorkonzentrationen in Oberflächengewässern und im Grundwasser aus?
6. Wird der Phosphorgehalt des Bodens in der Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz in aller Regel erfasst, der dann als Basis für eine Düngestrategie dient, die auf die Messwerte hin ausgerichtet ist, sodass ein Austrag ins Grundwasser weitestgehend vermieden werden kann?
7. Welche Maßnahmen für die Landwirtschaft sind zum Schutz des Grundwassers und von Seen und Fließgewässern aus den Erkenntnissen über den Phosphorgehalt im Boden bereits abgeleitet worden bzw. sind geplant?

Das Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 22. März 2018 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1:
1. Fließgewässer
Es wird eine stetige, aber äußerst langsame, in Stufen fortschreitende Veränderung zu geringeren Phosphorgehalten seit dem Jahr 2000 beobachtet. Die grün unterlegten Werte (= Einhaltung der Orientierungswerte) der folgenden Tabelle nehmen in ihrer Anzahl im Laufe der Zeit zu. Der prozentuale Anteil der rot hinterlegten Werte (= Nichteinhaltung der Orientierungswerte) nimmt entsprechend im Laufe der Zeit ab.

Eine kartografische Übersicht von Rheinland-Pfalz mit „Baumscheibendiagrammen“ und „Sektordiagrammen“ ist seit 2017 auf der Internetseite des Landesamtes für Umwelt (LfU) (https://lfu.rlp.de/fileadmin/lfu/Wasserwirtschaft/Gewaesserschutz/KurzberichtAnalyse_OrthoPhosphat_Nov2017_4.pdf) zusammen mit den ortho-Phosphat-P-Jahresmittelwerten der Fließgewässer zu finden. In dem Kurzbericht des LfU werden ab Seite 10 die Gesamtphosphor-Konzentrationen der Fließgewässer in ganz Rheinland-Pfalz differenziert vorgestellt.

2. Grundwasser
Der Parameter Gesamt-Phosphor wird im Grundwasser nicht systematisch untersucht, sodass belastbare Aussagen über eine zeit- liche Änderung der Konzentration dieses Parameters nicht möglich sind. Mit der Novellierung der Grundwasserverordnung im Jahr 2016 wurde mit 0,5 mgPO43-/L ein nationaler Schwellenwert für ortho-Phosphat im Grundwasser festgelegt. Ortho-Phosphat wird in einem seit dem Jahr 2006 konsistent beobachteten Messnetz des oberflächennahen Grundwassers untersucht, bestehend aus derzeit landesweit 245 Messstellen. Das arithmetische Jahresmittel der ortho-Phosphat-Konzentration über alle Messstellen beträgt seit 2006 unverändert 0,09mgPO43-/L. Eine zeitliche Veränderung der ortho-Phosphat-Konzentrationen im oberflächennahen Grundwasser ist anhand dieses Messnetzes nicht feststellbar.

Zu Frage 2:
1. Seen
Von den 16 See-Wasserkörpern an Stehgewässern über 50 ha Wasserfläche in Rheinland-Pfalz sind an 13 Wasserkörpern die pflanzlichen Biokomponenten in einem nur mäßigen oder schlechteren ökologischen Zustand, was auf zu hohe Nährstoffgehalte von insbesondere Phosphor hinweist. Unter den 69 Badegewässern weisen 13 eine Gefahr der Cyanobakterien- bzw. Phytoplankton-Massen entwicklung auf, was ebenfalls auf zu hohe Phosphorgehalte hinweist. Von den sonstigen regelmäßig untersuchten Stehgewässern (44 Gewässer) weisen 23 einen aktuellen Phosphorwert zur Frühjahrszirkulation (Messungen alle fünf Jahre) auf, der über dem Orientierungswert für eine dem guten ökologischen Zustand entsprechende Trophiestufe liegt.

2. Fließgewässer
Dem LfU sind die Fließgewässer bekannt, deren Gesamtphosphor-Konzentrationsjahresmittelwerte den Orientierungswert nach der Oberflächengewässerverordnung für die Fließgewässerbelastung mit Gesamt-Phosphor (TP) von 0,1 mg/L im Jahresmittelwert überschreiten. Da das LfU nicht die Kapazität hat, alle Fließgewässer in RP zu überwachen, ist eine voll umfängliche Aussage zu der Gesamtheit der Oberflächenfließgewässer nicht möglich. Im Jahr 2016 wurde der TP-Schwellenwert für 76,6 Prozent aller berechneten Jahresmittelwerte der vom LfU beprobten Fließgewässer in Rheinland-Pfalz überschritten.

Zu Frage 3:
Nach den aktuellen Ergebnissen des Stoffeintragsmodellierungsprogramms MoRE (Regionalisierte Pfadanalyse, bundesweit eingeführt) ergibt sich für die rheinland-pfälzischen Fließgewässer, dass rund 53 Prozent der P-Einträge aus Punktquellen stammen. Hierunter sind alle punktförmigen Einträge aus der kommunalen und industriellen Abwasserbehandlung sowie der Siedlungsentwässerung (Kanalisation, Mischwasserentlastungen) zusammengefasst. Rund 46 Prozent der P-Einträge erfolgen aus diffusen Quellen, die sich durch die Landnutzung und damit überwiegend durch die landwirtschaftliche Flächennutzung ergeben. Unter den diffusen P-Eintragspfaden sind der partikelgebundene Eintrag über Erosionsrinnen von Äckern (19 Prozent) sowie der Zufluss über das Grundwasser (22 Prozent) die quantitativ bedeutsamsten. Weitere etwa ein Prozent der P-Einträge erfolgen über atmosphärische Deposition auf Gewässeroberflächen.

Bei den Seen spielen die diffusen Phosphoreinträge die weitaus überwiegende Rolle. In Einzelfällen können auch punktuelle Quellen hinzukommen (z. B. Mischwasserentlastungen in Einzugsgebieten der zuführenden Bäche). Die atmosphärische Deposition von Phosphor wird besonders bei großflächigen Seen als relevant erachtet. Eine landesweite Bilanzierung über Phosphoreinträge in Stehgewässer liegt nicht vor.

Bundesweit lag der Rückgang der Phosphor- und Stickstoffeinträge in die Gewässer im Zeitraum von 1985 bis 2014 vor allem an stark gesunkenen Einleitungen aus kommunalen und industriellen Kläranlagen (knapp 80 Prozent Stickstoff und über 85 Prozent Phosphor). Die Stickstoffeinträge aus der Landwirtschaft sanken in der gleichen Zeitspanne deutlich geringer um etwa 35 Prozent, die Phosphoreinträge um gut 15 Prozent. Die Eintragswege ergeben sich aus der nachfolgenden Grafik (Quelle: Umweltbundesamt 2017). Die wesentlichen bundesweiten Eintragspfade sind Punktquellen, Grundwasser, urbane Gebiete und Erosion.

Zu Frage 4:
Phosphor kann wie jeder andere Wasserinhaltsstoff über das Grundwasser in Seen und Flüsse gelangen, sofern „effluente“ (d. h. Grundwasser fließt in das Oberflächengewässer) Verhältnisse vorliegen. Phosphor ist ein wichtiger Bestandteil der Lithosphäre, kann insbesondere in Magmatiten und Tongesteinen vorkommen. Daneben kann Phosphor im oberflächennahen Grundwasser mit der Infiltration abwasserführender Oberflächengewässer und mit der landwirtschaftlichen Bodennutzung (P-Dünger) in Verbindung gebracht werden. Geogene Faktoren des Auftretens von Phosphor im Grundwasser liegen lokal begrenzt im Bereich der Quartären Magmatite (Eifel), der Tertiären Vulkanite (Westerwald) sowie des Buntsandsteins (Pfälzerwald) vor. Insbesondere in Rheinhessen und der Vorderpfalz sind im oberflächennahen Grundwasser verbreitet ortho-Phosphat-Werte bis zu 0,25 mg PO43-/L, lokal auch Überschreitungen des Schwellenwertes von 0,5 mg PO43-/L anzutreffen.

Zu Frage 5:
Phosphate werden im Boden fest an Bodenmineralien gebunden, deshalb ist hier insbesondere auf erosionshemmende Maßnahmen zu achten. Durch entsprechende Bewirtschaftungsweisen (Mulchsaat, Einsaat von Untersaaten usw.) kann der Oberflächenabfluss von Bodenteilchen insbesondere bei Starkregenereignissen in Fließgewässer verringert und so einer Eutrophierung der Gewässer entgegengewirkt werden. Seit dem 1. Juli 2010 gelten in ganz Deutschland Bestimmungen zur Erosionsvermeidung auf Flächen mit Erosionsgefährdung. Nach den Regeln von Cross Compliance (CC) sind dabei Bewirtschaftungsstandards einzuhalten, dazu zählt auch der Schutz des Bodens vor Erosion. Alle landwirtschaftlichen Flächen in Rheinland-Pfalz wurden entsprechend dem Grad ihrer potenziellen Erosionsgefährdung durch Wasser in dem sogenannten „Erosionskataster“ erfasst. Dieses Kataster sieht hinsichtlich der Gefährdung durch Wasser zwei Gruppen vor:

  • CCWasser1 für „erosionsgefährdet“ und
  • CCWasser2 für „hoch erosionsgefährdet“.

Alle diese Ackerflächen dürfen in der Regel vom 1. Dezember bis zum 15. Februar des darauf folgenden Jahres nicht gepflügt wer- den. Zusätzlich sind Mindestanforderungen an die Bodenbedeckung zu beachten. D. h. die Flächen sind zum Schutz vor Erosion einer Selbstbegrünung zu überlassen oder durch eine gezielte Ansaat, z. B. mit einer Zwischenfrucht, entsprechend zu begrünen.

Zu Frage 6:
Die Düngeverordnung schreibt die Düngebedarfsermittlung für Phosphor für jeden Schlag ab 1 ha vor. Der Phosphordüngebedarf ist dabei auf Grundlage des Phosphorbedarfs des Pflanzenbestandes und der jeweils vorliegenden Standort- und Anbaubedingungen zu ermitteln. Dieser orientiert sich an den Erträgen und Qualitäten. Der im Boden verfügbare Phosphor ist im Rahmen einer Fruchtfolge, mindestens jedoch alle sechs Jahre, zu analysieren (DüV § 4 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2).

Zu Frage 7:
Nach der DüV müssen bei allen Düngemaßnahmen Abstände zu Gewässern eingehalten werden. Die Düngeverordnung beinhaltet Aufbringungsbeschränkungen neben Stickstoff auch für phosphathaltige Düngemittel in Abhängigkeit von Standort und Bodenzustand. Es gelten Sperrzeiten für die Aufbringung von Düngemitteln, und es müssen Vorgaben zur Lagerung organischer Düngemittel eingehalten werden. Zusätzlich müssen Nährstoffvergleiche angefertigt werden. Der Nährstoffvergleich beinhaltet eine Bewertung der Zu- und Abfuhr von Stickstoff und Phosphat für das abgelaufene Düngejahr. Stickstoff- und phosphathaltige Düngemittel dürfen darüber hinaus nicht auf überschwemmten, wassergesättigten, gefrorenen oder schneebedeckten Böden aufgebracht werden. Die Zeiträume, in denen keine Düngemittel ausgebracht werden dürfen, wurden in der neuen DüV verlängert. Demnach dürfen auf Ackerland nach der Ernte der Hauptfrucht bis 31. Januar und auf Grünland vom 1. November bis 31. Januar keine Düngemittel ausgebracht werden. Zusätzlich ist eine Sperrzeit für die Aufbringung von Festmist und Kompost vom 15. Dezember bis 15. Januar einzuhalten. Des Weiteren sind die Abstände für die Stickstoff- und Phosphatdüngung in der Nähe von Gewässern und im Gelände mit Hangneigung einzuhalten. Als weiteren Schutz des Grundwassers werden zukünftig die Kontrollwerte für die Differenz von Zu- und Abfuhr im Nährstoffvergleich auf nur noch zehn Kilogramm Phosphat je Hektar herabgesetzt. Darüber hinaus gelten bundeseinheitliche Vorgaben für das Fassungsvermögen von Anlagen zur Lagerung von flüssigen Wirtschaftsdüngern und flüssigen Gärrückständen aus dem Betrieb einer Biogasanlage (grundsätzlich größer als benötigte Kapazität zur Überbrückung der Sperrfristen, mindestens jedoch sechs Monate, Betriebe mit hohem Tierbesatz [> 3 GV/Hektar]). Betriebe ohne eigene Ausbringungsflächen müssen ab 2020 mindestens neun Monate Lagerkapazität vorweisen. Für Festmist, feste Gärrückstände und Kompost sind ab 2020 zwei Monate Lagerkapazität erforderlich. Zudem sind die Länder verpflichtet, in Gebieten mit hoher Nitratbelastung sowie in Gebieten, in denen stehende oder langsam fließende oberirdische Gewässer durch Phosphat, was nachweislich aus der Landwirtschaft stammt, eutrophiert sind, mindestens drei zusätzliche geeignete Maßnahmen aus einem vorgegebenem Katalog von 14 Maßnahmen zu erlassen.


Ulrike Höfken
Staatsministerin

 

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