Kleine Anfrage 17/7624

der Abgeordneten Andreas Hartenfels und Jutta Blatzheim-Roegler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Bewirtschaftungspraxis in rheinland-pfälzischen Schutzgebieten
Drucksache 17/7758


Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/7624 – vom 23. Oktober 2018 hat folgenden Wortlaut:

Rheinland-Pfalz besitzt 520 wertvolle Naturschutzgebiete (Stand: 2015) mit einer Gesamtflä che von 26 140 ha. Diese Flächen werden zum Teil auch land- und forstwirtschaftlich genutzt. Nach der Neufassung des Landesnaturschutzgesetzes (LNatSchG) im Jahr 2015 können beispielsweise Vertragsnaturschutzprogramme zur Vermeidung von Belastungen in den sensiblen und ökologisch wertvollen Gebieten durchgeführt werden.

Wir fragen die Landesregierung:
1. Wie bewertet die Landesregierung die gesetzlichen Regelungen (Bundesnaturschutzgesetz) zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung in Naturschutzgebieten?
2. Wie groß sind die genutzten landwirtschaftlichen Flächen in den jeweiligen Naturschutzgebieten in Rheinland-Pfalz?
3. Mit welcher Bewirtschaftungsweise (konventionell/ökologisch) werden die land wirtschaftlichen Flächen in den jeweiligen Naturschutzgebieten bewirtschaftet?
4. Welche behördlichen Kontrollen finden bezüglich der Ausbringung von Pflanzenschutz mitteln in den Naturschutzgebieten in Rheinland-Pfalz statt?
5. Welche Fälle sind der Landesregierung bekannt, in denen gesetzeswidrig Pflanzenschutz mittel in Naturschutzgebieten eingesetzt wurden (bitte Ergebnis tabellarisch aufführen mit Angabe der Menge)?
6. Welche Vertragsnaturschutzprogramme wurden zur Aufwertung von Schutzgebieten im Rahmen der Eingriffsregelung bislang umgesetzt (bitte Ergebnis tabellarisch aufführen)?
7. Wie bewertet die Landesregierung die langjährige Forderung von Natur- und Umwelt schutzverbänden, die Bewirtschaftungsweise der Landwirtschaftsflächen in den vorrangig für den Naturschutz bereitgestellten Flächen (nationale/internationale) nach der EU-Öko-Verordnung umzustellen?


Das Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 15. November 2018 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1:
Naturschutzgebiete (NSG) sind gemäß § 23 Bundesnaturschutzgesetz rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz erforderlich ist

– zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung von Lebensstätten, Biotopen oder Lebensgemeinschaften bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten,
– aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder
– wegen ihrer Seltenheit, besonderen Eigenart oder hervorragenden Schönheit.

Die Verordnung eines NSG umfasst den Verordnungstext und eine kartografische Darstellung des Gebietes. Nach Maßgabe näherer Bestimmungen sind alle Handlungen und Maßnahmen zu verbieten, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Gebietes führen können.

Soweit mit dem Schutzzweck vereinbar, sind im Allgemeinen freigestellt:

– die ordnungsgemäße Ausübung der Jagd,
– die ordnungsgemäße land-, forst- oder fischereiwirtschaftliche Bodennutzung nach guter fachlicher Praxis.

Die Landesregierung bewertet die vorhandenen gesetzlichen Regelungen zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung in NSG, soweit erforderlich auch die Möglichkeit ihrer Einschränkung, als ausreichend.

Zu den Fragen 2 und 3:
Die landwirtschaftlich genutzten Flächen in den rheinland-pfälzischen NSG haben einen Anteil von landesweit etwa 30 Prozent der Gesamtfläche der NSG. Die einzelnen Flächen bzw. Flächenanteile der NSG, die landwirtschaftlich genutzt werden, können aus der anliegenden Tabelle entnommen werden. Die Auswertung der landwirtschaftlichen Flächen in den jeweiligen Schutzgebieten in Rheinland-Pfalz basiert auf den Objektarten des Amtlichen Liegenschaftskatasters (ALKIS; https://lvermgeo.rlp.de/) zur Objektklasse Landwirtschaft. Die Daten der NSG sind dem digitalen Landschaftsinformationssystem der Naturschutzverwaltung Rheinland-Pfalz (LANIS; https://geodaten.naturschutz.rlp.de) entnommen.

Eine entsprechende Auswertung zum Anteil der ökologisch oder konventionell bewirtschafteten Flächen in den jeweiligen NSG auf Basis der EULLa-Programmteile liegt aktuell nicht vor. Derzeit erfolgt eine Aktualisierung der LBD-Daten. Auf dieser Grund- lage kann dann eine entsprechende Auswertung vorgenommen und nachgereicht werden.

Zu Frage 4:
Die Kontrollen finden im Rahmen des Pflanzenschutzkontrollprogramms durch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) regelmäßig und stichprobenartig statt und erfolgen entweder nach dem Zufallsprinzip oder risikoorientiert. Alle ausgewählten oder verdächtigen Betriebe werden unabhängig von ihrer Größe kontrolliert. Die ADD plant nach dem erstmaligen Bekanntwerden von Glyphosat-Einsatz in NSG ein Kontrollprogramm in NSG mit landwirtschaftlicher Nutzung.

Zu Frage 5:
In NSG wurden nach aktuellem Kenntnisstand in 4 Fällen Pflanzenschutzmittel gesetzeswidrig eingesetzt. Hierbei handelt es sich nach erstmaligem Bekanntwerden in 2018 in allen Fällen um die Anwendung von Glyphosat. In einem Fall wurde sowohl auf nicht- landwirtschaftlicher Fläche als auch innerhalb landwirtschaftlicher Fläche behandelt, in 3 Fällen wurde innerhalb der landwirt- schaftlichen Fläche behandelt.

Zur eingesetzten Menge liegen der Landesregierung keine Angaben vor.

Zu Frage 6:
Im Rahmen der Eingriffsregelung werden keine Vertragsnaturschutzprogramme zur Aufwertung von Schutzgebieten umgesetzt, da dies aufgrund der Verpflichtung zur Kompensation eine unzulässige Doppelförderung darstellen würde. Die Vertragsnaturschutzprogramme werden aus öffentlichen Mitteln (EU- und Landesmittel) finanziert, für die Finanzierung einer Ausgleichsverpflichtung muss der Eingreifer aufkommen.

Ungeachtet dessen fördert das Land im Vertragsnaturschutz in den Produktionsbereichen Grünland, Acker, Streuobst und Weinberg eine naturschutzorientierte Wirtschaftsweise. Dabei handelt es sich zumeist um handlungsorientierte Maßnahmenprogramme (Förderung nach Bewirtschaftungsvorgaben).

Aktuell (Stand: Auszahlung 2017) fördert das Land Rheinland-Pfalz im Vertragsnaturschutz über 20 000 ha mit einem Mittelvolumen von ca. 5,5 Mio. Euro. Von diesen Flächen liegen 1 555 ha in NSG, 4 505 ha in FFH-Gebieten und 3 828 ha in Vogelschutzgebieten (VN auf beihilfefähige Flächen Stand: 31. Mai 2017; Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz). Wie aus der Tabelle ersichtlich wird, liegt der Schwerpunkt eindeutig im Vertragsnaturschutz Grünland.

Tabelle 1: Aktueller Stand von Flächen- und Fördervolumen im Vertragsnaturschutz

Zu Frage 7:
Die Forderung der Naturschutzverbände nach einer vorrangigen Umstellung auf die ökologische Wirtschaftsweise nach EU-Öko-Verordnung in den für den Naturschutz bereitgestellten Flächen wird von der Landesregierung befürwortet und begrüßt, soweit abhängig von der bisherigen Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen eine Umstellung auf ökologische Wirtschaftsweise machbar ist. Gerade in für den Naturschutz bereitgestellten landwirtschaftlichen Flächen wird mit der ökologischen Wirtschaftsweise eine deutliche Verbesserung der Flächen in Bezug auf die Biodiversität (Flora und Fauna, Biotope, Landschaften) wie auch auf den Gewässer- und Klimaschutz erreicht. Auch § 7 Landesnaturschutzgesetz bestimmt in Verbindung mit der Landeskompensationsverordnung u. a. nach Naturschutzrecht ausgewiesene Schutzgebiete als Zielkulisse von Kompensationsmaßnahmen und die Durchführung der produktionsintegrierten Kompensation (PIK) einschließlich der Umstellung auf Öko-Landbau explizit als vorrangig durchzuführende Maßnahmen.


In Vertretung:
Dr. Thomas Griese
Staatssekretär

 

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Jutta unterstützt die Aktion als Patin an der IGS Morbach und am Gymnasium Traben-Trarbach. Infos hier>>

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