Kleine Anfrage 17/8706

der Abgeordneten Jutta Blatzheim-Roegler und Andreas Hartenfels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Änderung der Düngemittelverordnung und die Folgen auf die Ökologische Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz
Drucksache 17/8994


Wie die Fachpresse berichtete, plant das Bundeslandwirtschaftsministerium aufgrund einer Rüge der Europäischen Kommission eineweitere Änderung der im Jahr 2017 beschlossenen Düngemittelverordnung. Die Änderungen sind nach Ansicht der Kommission notwendig, da die bisherigen Regelungen nicht zur ausreichenden Reduzierung der Stickstoffeinträge in der Umwelt beitragen. Die bislang bekannt gewordenen Änderungsvorschläge des Bundesland wirtschaftsministeriums könnten in ihrer jetzigen Form zu einermassiven Verunsicherung und zu einer Beeinträchtigung des Ökologischen Landbaus führen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
1. Weiche konkreten Änderungsvorschläge des Bundeslandwirtschaftsministerium zur Düngemittelverordnung führen nach Ansicht der Landesregierung zu einer Beeinträchtigung der Ökologischen Landwirtschaft?
2. Welche Auswirkungen sind durch die Änderungsvorschläge in ihrer jetzigen Form auf die ökologische Bewirtschaftung bzw. auf die Ausbringung von organischem Düngematerial (nach EU-Bio-Verordnung) im ökologischen Landbau zu erwarten?
3. Wie bewertet die Landesregierung den Beteiligungsprozess der Bundesländer und weiterer Akteure (z. B. Ökoverbände wie Bioland, Demeter etc.) an den vorgeschlagenen Änderungen des Bundeslandwirtschaftsministeriums?
4. Welche bisher bekannten Änderungsvorschläge müssten nach Ansicht der Landesregierung hinsichtlich der rheinland-pfälzischen Zielerreichung von 20 Prozent Ökolandbau korrigiert werden?


Das Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 18. April 2019 wie folgt beantwortet:

Mit der Novellierung der Düngeverordnung (DüV) vom 26. Mai 2017 wurden die Anforderungen der Richtlinie des Rates vom 12. Dezember 1991 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen (Nitratrichtlinie91/679/EWG) in nationales Recht umgesetzt. Mit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 21. Juni 2018 (Vertragsverletzungsverfahren) wurden stärkere Anforderungen an den Schutz der Gewässer vor Verunreinigungen gestellt. DieserForderung wurde vonseiten der Bundesregierung mit der Mitteilung vom 31. Januar zur Novellierung der Düngeverordnung nach-gekommen. Dabei ist festzustellen, dass die Umsetzung der Düngeverordnung und insbesondere die Frage der Einhaltung von Zusatzauflagen in Gebieten mit Nitrat belasteten Grundwasserkörpern zu Benachteiligungen von ökologisch wirtschaftenden Betrieben führen kann und ihr hohes Potenzial zum Schutz von Grund- und Oberflächenwasser nicht ausreichend berücksichtigtwird.

Zu den Fragen 1 und 2:
Ich beantworte die Fragen 1 und 2 zusammenhängend, da sich aus den Änderungsvorschlägen (Frage 1) auch die Auswirkungen aufden ökologischen Landbau (Frage 2) ergeben.

Die folgenden Änderungsvorschläge des Bundeslandwirtschaftsministeriums vom 31. Januar 2019 können zu einer Beeinträchtigungder ökologischen Landwirtschaft führen:

Düngebedarfsermittlung § 3 Düngeverordnung

– § 3 Abs. 3: Im Falle eines höheren Düngebedarfs infolge nachträglich eintretender Umstände darf der ursprünglich ermittelte Düngebedarf nur um 10 Prozent überschritten werden. Diese Begrenzung kann zu Einbußen bei Menge und Qualität bis hin zu fehlender Marktreife insbesondere bei Gemüse führen. Sie berücksichtigt auch nicht die spezifische Wirkung von organischen Langzeitdüngern mit einer geringen Bereitstellung von verfügbarem Stickstoff, wie sie im Öko-Landbau angewendet werden.

Länderöffnungsklausel § 13 Abs. 2 DüV

– Abweichend von § 3 Abs. 3 Satz 1 DüV ist der nach der Düngeverordnung ermittelte Stickstoffbedarf in den „Roten Grundwasserkörpern“ um 20 Prozent zu reduzieren und darf bei Düngemaßnahmen nicht überschritten werden. Diese Begrenzungführt zu einer „Abwärtsspirale“ im Ertrag. Durch die Reduktion des ermittelten Nährstoffbedarfs führt die geringere Bereit-stellung von verfügbarem Stickstoff aus den organischen Düngemitteln zu Ertrags- und Qualitätseinbußen.

– Abweichend von § 6 Abs. 4 Satz 1 DüV dürfen organische und organischmineralische Düngemittel, einschließlich Wirtschaftsdüngern, nur so ausgebracht werden, dass die Menge an Stickstoff je Schlag oder je Bewirtschaftungseinheit 170 kg N/ha und Jahr nicht übersteigt.Eine schlagbezogene Begrenzung der aus organischen Düngemitteln, einschließlich Wirtschaftsdüngern, ausgebrachten Stickstoffmenge von 170 kg N/ha und Jahr führt bei stark zehrenden Gemüsekulturen zu Ertrags- und starken Qualitätseinbußen bis hin zur fehlenden Marktreife. Eine bedarfsgerechte Nährstoffversorgung ist damit nicht mehr gewährleistet. Für Öko-Gemüsebaubetriebe würde diese Regelung das wirtschaftliche Aus bedeuten, da in der Folge viele Kulturen (Blumenkohl, Brokkoli, Spinat) nicht mehr angebaut werden können und der Anbau von zwei bis drei Gemüsekulturen proJahr auf einem Schlag/Fläche bei Kulturen mit einer kurzen Kulturdauer (Radies, Schnittsalate, Feldsalat) kaum noch möglichsein wird.

–Abweichend von § 6 Abs. 9 Satz 1 Nummer 1 DüV dürfen Düngemittel mit einem wesentlichen Gehalt an Stickstoff zu Winterraps, Wintergerste und Zwischenfrüchten ohne Futternutzung nicht mehr ausgebracht werden. Von dieser Einschränkung wäre auch der Anbau von Öko-Raps und Öko-Gerste bei den Betrieben betroffen, die zur Herbstdüngung im Öko-Landbau zugelassene organische Düngemittel insbesondere Geflügel-Dung, Gülle oder Gärreste einsetzen wollen.

Zu Frage 3:
Das Bundesministerium hat seit Herbst 2018 mit der EU-Kommission Gespräche zur Umsetzung des EuGH-Urteils geführt. Am 31. Januar 2019 veröffentlichte das BMEL die Mitteilung der Bundesrepublik Deutschland an die Europäische Kommission zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs als geplante Änderungen zur Düngeverordnung vom 26. Mai 2017.In den Diskussionsprozess mit der KOM sowie in die Erarbeitung der Mitteilung waren weder die Länder noch die Verbände derLandwirtschaft (Bauernverband, BÖLW) eingebunden.

Zu Frage 4:
Zur Erreichung des Ausbauziels 20 Prozent Öko-Landbau in Rheinland-Pfalz müssten die in Frage 1 und 2 aufgelisteten und bekannten Änderungsvorschläge in der Mitteilung der Bundesregierung an die Kommission zur Novellierung der Düngeverordnung korrigiert und praxisgerecht ausgestaltet werden. Als wichtige von der Landesregierung vorgesehene Änderung der bestehenden Düngeverordnung ist in § 6 Abs. 4 der Düngeverordnung die Beschränkung der Ausbringung von 170 kg Gesamtstickstoff aus allen organischen Düngemitteln (organische, organisch-mineralische, einschließlich Wirtschaftsdünger) analog zur EU-Nitrat-richtlinie 91/676/EWG vom 12. Dezember 1991 und gleichlautend zur EU-Öko-Verordnung Nr. 834/2007 auf den dort definierten Einsatz von Wirtschaftsdüngern tierischen Ursprungs (= Dung) zu beziehen und entsprechend zu regeln. Ebenso ist § 13 Abs. 2Satz 1 DüV dahin zu ergänzen, dass Ausnahmen auf Antrag durch die nach Landesrecht zuständige Stelle nicht nur für solche Betriebe genehmigt werden können, die an einem oder mehreren Agrarumweltprogrammen des Landes teilnehmen, sondern auchfür Betriebe, die am Programm „Umstellung oder Beibehaltung der ökologischen Bewirtschaftung im Gesamtbetrieb“ teilnehmen.


Ulrike Höfken
Staatsministerin

 

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