Kleine Anfrage 17/12227

der Abgeordneten Jutta Blatzheim-Roegler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wirtschaftsfaktor Radverkehr in Zeiten der Corona-Krise
Drucksache 17/12457


Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/12227 – vom 29. Juni 2020 hat folgenden Wortlaut:

Die Bedeutung des Radverkehrs nimmt kontinuierlich zu: Immer mehr etabliert sich das Fahrrad als Alternative zum Auto, gerade jetzt in Zeiten der Corona-Krise. Abgesehen von den gesundheitlichen Vorteilen bietet das Fahrrad die Chance auf weniger Lärm und weniger Immissionen und kann damit bei der Bekämpfung des Klimawandels eine wichtige Rolle spielen. Voraussetzung ist die Schaffung einer den Fahrradverkehr fördernden Infrastruktur.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über die wirtschaftliche Entwicklung im Hinblick auf mit der Herstellung, dem Verkauf, dem Verleih und der Reparatur von Fahrrädern verbundenen Unternehmen in Rheinland-Pfalz vor?
2. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über das seit Ausbruch der Corona-Pandemie gestiegene Interesse an der Fahrradnutzung?
3. Wie haben sich die Arbeitsplatzzahlen im Hinblick auf fahrradspezifische Branchen entwickelt?
4. Welchen wirtschaftlichen Nutzen misst die Landesregierung dem Fahrrad-Tourismus bei?
5. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über kommunale Konzepte zur Förderung des Fahrrad-Tourismus vor?
6. Wie bewertet die Landesregierung den volkswirtschaftlichen Nutzen des Radverkehrs?


Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 17. Juli 2020 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1:
Statistische Angaben zur wirtschaftlichen Entwicklung der genannten Branchen in Rheinland-Pfalz stehen nicht zur Verfügung.

Der Zweirad-Industrie-Verband e. V. verweist für das Jahr 2019 auf ein weiterhin dynamisches Wachstum. Der Umsatz mit Fahrrädern und E-Bikes konnte 2019 bundesweit um 34 Prozent auf 4,23 Mrd. Euro gesteigert werden. Zusammen mit dem Komponenten- und Zubehörbereich ergibt sich daraus ein Gesamtumsatz der deutschen Fahrrad-, E-Bike-, Komponenten- und Zubehörindustrie von ca. 7 Mrd. Euro.

Für das Jahr 2020 wurden vom Verband noch keine Daten erhoben. Gemäß einer von den Verbänden der Fahrradwirtschaft sowie einigen Fachmedien Mitte Mai veröffentlichten Branchenumfrage sehen sich die Unternehmen bundesweit durch temporäre Verkaufsbeschränkungen und Zulieferprobleme spürbar von der Krise betroffen. Im Bereich Herstellung wurde stark vom Instrument der Kurzarbeit Gebrauch gemacht. Prognosen über den Geschäftsverlauf 2020 fielen den Herstellern noch schwer. Unter dem Eindruck der ersten Tage nach Öffnung der Läden erwarten zwei Drittel der Fachhändler für das Jahr 2020 einen Umsatz auf Vorjahresniveau oder sogar darüber. Auch im Segment Dienstleistungen wird für 2020 insgesamt ein ähnlicher oder höherer Umsatz als 2019 erwartet.

Zu Frage 2:
Laut Medienberichten gibt es seit Ausbruch der Corona-Pandemie ein gestiegenes Interesse an der Fahrradnutzung. Da es im rheinland-pfälzischen Radwegenetz im Gegensatz zum Straßennetz keine Dauerzählstellen zur Erfassung der Nutzerinnen und Nutzer gibt, liegen hierzu allerdings keine belastbaren Zahlen vor.

Einen Hinweis auf ein aktuell starkes Interesse an der Fahrradnutzung liefert die Klimaschutzkampagne Stadtradeln. Es besteht eine sehr hohe Nachfrage nach der in diesem Jahr erstmals von der Landesregierung in Kooperation mit dem Klima-Bündnis gewährten finanziellen Unterstützung für teilnehmende Kommunen.

Zu Frage 3:
Statistische Angaben in Bezug auf Rheinland-Pfalz liegen hierzu nicht vor.

Zu Frage 4:
Die Landesregierung misst dem Fahrrad-Tourismus einen hohen wirtschaftlichen Nutzen bei. Im Radtourismus hat sich Rheinland-Pfalz in den vergangenen Jahren mit konsequentem Einsatz in einem hart umkämpften Markt gut behauptet und zielorientiert weiterentwickelt. Unter den beliebtesten Radfernwegen in Deutschland befinden sich nach Angaben des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club e. V. (ADFC) mit dem Rhein-Radweg und dem Mosel-Radweg gleich zwei rheinland-pfälzische Radwege unter den Top 10 (ADFC Radreiseanalyse 2018). Nach der Radreiseanalyse 2018 des ADFC bietet der Radtourismus vor allem in den Segmenten Kurzreise und Tagesausflüge großes Potenzial für Destinationen. Mehr als jeder Zweite radelt ins Grüne, das entspricht rund 167 Millionen Tagesausflügen in der Freizeit. Auch in den Ferien schwingen sich die Deutschen gerne aufs Rad, bei 99 Millionen Ausflügen im Urlaub nutzen sie das Fahrrad. Mit dem Anstieg von Tages- und Kurzzeittourismus werden auch Mietfahrradangebote immer wichtiger. 40 Prozent der Tagesausflügler und 68 Prozent der Kurzreisenden interessieren sich für Mieträder, davon 50 Prozent für Elektrofahrräder.

Zu Frage 5:
Zu kommunalen oder regionalen Konzepten liegen der Landesregierung insbesondere Informationen im Zusammenhang mit Förderanfragen vor. Im Tourismus ist es entscheidend, dass Konzepte nicht auf kommunaler Ebene, sondern ortsübergreifend auf regionaler Ebene erarbeitet werden. Dabei wird es immer wichtiger, dass nicht nur die Basisqualität (Wege, Beschilderung) in den Konzepten berücksichtigt werden, sondern auch die Verknüpfung mit den touristischen Angeboten der Region und die Erlebnisinfrastruktur mitgedacht werden. Für die Steigerung der Wertschöpfung gilt es, alle touristischen Leistungsträger mit ins Boot zu holen, unternehmerische Konzepte entlang der Wege zu unterstützen und die Serviceleistungen, die wegbegleitende Infrastruktur sowie Angebote auch für die Neben- und Wintersaison auszubauen. Hierbei müssen neue Ausflugs- und Erlebnispakete geschnürt werden. Eine große Rolle dabei spielen Regionalität und regionale Identität. Von besonderer Bedeutung ist hierbei das Gastgewerbe.

Zu Frage 6:
Unmittelbarer volkswirtschaftlicher Nutzen entsteht durch den Gesamtumsatz der Fahrradindustrie. Neben der Anschaffung zählt hierzu auch die fahrradspezifische Ausstattung sowie Reparaturen. Von der Produktion, dem Handel von Fahrrädern und Zulieferartikeln profitieren vor allem kleine und mittelständische Unternehmen. Darüber hinaus entsteht in der Tourismusbranche Wertschöpfung durch Fahrradurlaub.

Mittelbarer volkswirtschaftlicher Nutzen entsteht vor allem im Bereich Klima und Umwelt sowie im Gesundheitssektor: Der Radverkehr ist gemeinsam mit dem Fußverkehr die klimaschonendste Fortbewegungsform. CO2-Emissionen können auch durch E-Bikes reduziert werden, sofern die Fahrten PKW-Fahrten ersetzen. Neben der Vermeidung gesundheitsschädigender Luftschad-stoffe wie Feinstaub oder Stickoxide wirkt der Radverkehr geräuschreduzierend; zudem ist der Flächenverbrauch von Fahrrädern deutlich geringer.

Körperliche Inaktivität kann zu Krankheiten führen und sowohl im Gesundheitswesen als auch gesamtwirtschaftlich volkswirtschaftliche Kosten verursachen (z. B. Produktivitätsverlust, Behandlungskosten), die durch die körperliche Aktivität beim Radfahren zumindest teilweise vermieden werden können.Vor diesem Hintergrund misst die Landesregierung dem Radverkehr grundsätzlich einen volkswirtschaftlichen Nutzen bei. Dieser Nutzen ist vielschichtig, aber auch schwer quantifizierbar. Letztlich kann der Radverkehr die Nachhaltigkeit des Verkehrssystems insgesamt verbessern.


Dr. Volker Wissing
Staatsminister

 

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