Kleine Anfrage 18/4299

der Abgeordneten Jutta Blatzheim-Roegler und Fabian Ehmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Erfolgreiche touristische Fortentwicklung des Nationalpark Hunsrück-Hochwald
Drucksache 18/4468 –


Die Kleine Anfrage – Drucksache 18/4299 – vom 26. September 2022 hat folgenden Wortlaut:

Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald ist ein Erfolgsprojekt: Ein zusammenhängendes Radwegenetz, zahlreiche barrierefreie Wanderrouten, regionale Kooperationspartner im Hotel- und Gastronomiebereich und viele geführten Rangertouren machen den Nationalpark zu einem touristischen Highlight in Rheinland-Pfalz. Um diese hohe touristische Anziehungskraft messbar zu machen, wurde eine sozio-ökonomische Untersuchung in Auftrag gegeben. Auch die weitere ökologische Entwicklung hin zu einem Wildnisgebiet schreitet voran und bietet somit zahlreichen gefährdeten Tier- und Pflanzenarten einen wertvollen Lebensraum.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
1. Wie hat sich der Nationalpark im Bezug zur verkehrstechnischen Erreichbarkeit weiterentwickelt?
2. Welche touristischen Potenziale wurden mit dem Ausbau des Radwegenetzes aus Sicht der Landesregierung erschlossen?
3. Wie wird die Anbindung sowie Nutzung der touristischen Infrastruktur aus Sicht der Landesregierung bewertet?
4. Wie viele Menschen haben, nach neusten Erkenntnissen der Landesregierung, an geführten Touren im Nationalpark teilgenommen (aufgeschlüsselt nach der jeweiligen Art der angebotenen Tour)?
5. Welche Möglichkeiten zur Umweltbildung konnten darüber hinaus, z. B. von Schulklassen und Besuchergruppen in der Nationalparkregion genutzt werden?
6. Welche regionale Wertschöpfung wird, nach neusten Erkenntnissen der Landesregierung, durch die zahlreichen touristischen Aufwertungsmaßnahmen in der Nationalparkregion erzeugt?
7. Welche Weiterentwicklungen (ökologisch und touristisch) sind in den kommenden Jahren im Nationalpark bzw. der Region geplant?


Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt beantwortet:

Vorbemerkung:
Die touristische Entwicklung des Nationalparkgebietes und der Nationalparkregion ist auch im achten Jahr ihres Bestehens günstig vorangeschritten. Angesichts der schwierigen Bedingungen im Zuge der Corona-Pandemie haben insbesondere die digitalen Angebote des Nationalparks sowie die Erreichbarkeit der touristischen Angebote eine besondere Nachfrage und Bedeutung erfahren.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1:
Mit dem neuen Busangebot seit dem 1. August 2022 im Landkreis Birkenfeld wird die Anbindung des Nationalparks Hunsrück-Hochwald deutlich verbessert. Mit den Buslinien 800 und 890 können Besucher den Nationalpark beispielsweise von Idar-Oberstein, Trier und Wittlich aus erreichen. Über die Bahnhöfe Neubrücke und Idar-Oberstein kommen Gäste aus Mainz, Bad-Kreuznach oder Saarbrücken mit einem Umstieg in das Gebiet. Mit dem neuen Angebot steht nun ein wesentlich besseres Busliniennetz zur Verfügung. Hotels und Restaurants sind für Besucher mit dem ÖPNV erreichbar und auch die Weiterfahrt von den Betrieben zu den Nationalpark-Toren oder zu Wanderungen ist möglich.

Zu Frage 2:
Die touristischen Regionen Hunsrück und Nahe, in die der Nationalpark Hunsrück-Hochwald eingebettet ist, bieten mit ihren Geländeformen beste Voraussetzungen im Radtourismus für Genussradler; Mountainbiker und Tourenfahrer. Die 2015 veröffentlichte Potenzial- und Wirkungsstudie veranschaulicht die großen Chancen und Potenziale der Region für eine gezielte Entwicklung des touristischen Radverkehrs (Mountainbike, Rennrad, Rad, E-Bike).

Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau (MWVLW) hat dazu die Kreisverwaltung Birkenfeld für die Umsetzung der „Radwegebeschilderung in der Nationalparkregion Hunsrück-Hochwald" mit rund 100.000 Euro unterstützt. Konkret wurden die Planung und Beschilderung von zwei touristischen Themen-Radwegen „Nationalpark-Radroute" (87,7 km) und „Panoramatour auf dem Sonnenplateau" (43,1 km) inklusive deren Anbindungen an Nahziele und Verbindungen an das Radwegenetz (insg. ca. 52 km) nach den landesweit einheitlichen Vorgaben zur Radwegebeschilderung (HBR) geplant und beschildert. An den beiden Themen Radrouten wurden acht Informationstafeln aufgestellt.

Um das vorhandene Potential weiter optimal auszuschöpfen, wurde darüber hinaus das Projektbüro „Bike Region Hunsrück-Nahe" (LEADER-Projekt) initiiert. ZieI dieser, bei der Hunsrück-Touristik GmbH und Naheland-Touristik GmbH angesiedelten, Koordinierungsstelle ist die Umsetzung eines zielgruppenspezifischen, gebietsübergreifenden Streckennetzes und einer Marketingstrategie unter einer gemeinsamen Dachmarke. Strecken und Touren für die verschiedenen radspezifischen Zielgruppen werden nach und nach erarbeitet und weiterentwickelt wie z. B. ein regionsübergreifendes Rennradnetz, Gravelbike-Touren oder Mountainbike-Touren. Das Projekt „Bike-Region Hunsrück-Nahe" befindet sich derzeit in der Umsetzung. Die Akteure vor Ort streben nach Beendigung der Förderphase eine Fortsetzung des Projekts an.

Zu Frage 3:
Die digitale Erreichbarkeit der Infrastruktur und Angebote des Nationalparks bzw. der Nationalparkregion hat insbesondere durch die Corona-Pandemie nochmals an Bedeutung gewonnen und ist mittlerweile ein „Must-have" im Tourismusmarketing. Auf der Website der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH werden über 80 Einträge von Unterkünften, Ausflugzielen oder Touren im Nationalpark bzw. in der Nationalparkregion aufgeführt. Die Datenerfassung bzw. die Datenverantwortung erfolgt dabei in der Regel durch die örtlichen Tourismusorganisationen. Diese Informationen zu den Sehenswürdigkeiten und Beherbergungsbetrieben werden im Rahmen des landesweit vernetzten Systems sowohl von den Tourismusregionen Hunsrück und Nahe als auch von der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH ausgespielt.

Ergänzend dazu werden in der Rheinland-Pfalz App, ebenfalls die Premiumwanderwege wie z.B. der Saar-Hunsrück-Steig, Traumschleifen sowie Rad- und Bike-Routen (vgl. Frage 2) im Nationalpark und der Nationalparkregion aufgeführt und stehen sowohl online als auch offline nach vorherigem Download jederzeit zur Verfügung. Neben Informationen zur Wegeführung, Öffnungszeiten etc. ist jeweils auch die Erreichbarkeit bzw. Anfahrt erfasst. Die Rheinland-Pfalz-App wird von der Rheinland-Pfalz-Tourismus GmbH angeboten. Die Inhalte stehen den Touristen und Bürgern kostenlos zur Verfügung. Die Weiterentwicklung der digitalen Erreichbarkeit steht auch in den kommenden Jahren weiterhin im Fokus der touristischen Aktivitäten und Weiterentwicklungen.

Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald ist im Rahmen des Landestourismusmarketings eines der 30 Highlights, die insbesondere in 2022 im Rahmen der Kampagne "Unsere 30 Goldstücke" im Fokus stehen. In der Kampagne liegt der Schwerpunkt auf Werbemaßnahmen im Social-Media Bereich, um vor allem die jüngeren naturaffinen Zielgruppen zu erreichen.

Das Hotel- und Gastronomiegewerbe leidet vor allem im ländlichen Raum (bundesweit) unter einem starken Fachkräftemangel, der durch die Corona-Pandemie verstärkt wurde. Mitunter sind die Öffnungszeiten von gastronomischen Betrieben stark eingeschränkt, da kein Personal z.B. für den Mittagstisch zur Verfügung steht. Um dem entgegenzuwirken, fördert das MWVWL im Rahmen der Tourismusstrategie Rheinland-Pfalz 2025 die Netzwerkinitiative der IHK „Working Family", die Hotel- und Gastronomiebetriebe bei der Mitarbeitersuche unterstützt und die verschiedenen Berufsbilder in den meist familiengeführten Betrieben im Rahmen einer medialen Kampagne bewirbt.

Zu Frage 4:
Vor der Corona-Pandemie haben im Jahr 2019 2.221 Menschen an geführten Touren im Nationalpark teilgenommen. Pandemie-bedingt musste das Tour-Angebot in den Jahren 2020 und 2021 zurückgefahren werden. 2020 haben nur 760 Menschen und 2021 nur 661 Menschen an den Touren teilgenommen. Im Mai 2020 wurde die Nationalpark-App eingeführt. Sie konnte den Pandemie-bedingten Ausfall der geführten Touren auffangen, da damit ein kontaktloses Angebot bereitgestellt werden konnte. Bereits im zweiten Halbjahr in 2020 haben 10.000 Besucher die App genutzt. Derzeit wird die App jährlich von ca. 6.000 neuen Nutzern geladen. Es ist davon auszugehen, dass die einzelnen App-Touren-Aufrufe in den meisten Fällen mehrere Personen erreichen.

Zu Frage 5:
Das Nationalparkamt orientiert sich an den Zielen der Bildung für nachhaltige Entwicklung. Die Umweltbildung ist dabei ebenso eine Komponente wie die Wildnisbildung und andere Bildungsformen. Für all diese Formen gibt es zielgruppengerechte Veranstaltungsformate. Derzeit gibt es sechs unterschiedliche Gruppenangebote für Schulklassen und Kitas, u.a. das 2022 entwickelte Programm „Fließgewässer unter der Lupe". Die Angebote werden - auch durch die Rückmeldungen aus den Bildungseinrichtungen - sukzessive weiterentwickelt. Für das Angebot „Mit der Wildkatze Felix den Nationalpark entdecken" entscheiden sich die meisten Kitas und Schulen. Mit den Nationalpark-Schulen und -Kitas wurden viele Sonderexkursionen vorgenommen. Das beste Beispiel ist eine Nationalpark-Klasse aus Türkismühle, die sich bereits seit knapp eineinhalb Jahren einmal die Woche dem Thema Nationalpark widmet - auch durch Ausflüge in den Nationalpark.

In den von Corona geprägten Jahren stand vor allem die Abstimmung der Gruppenangebote mit dem Kita- und Schul-Alltag im Vordergrund. So wurden Bildungsmaterialien zur Wildkatze entwickelt. Angefangen mit einer Kita-Box ist es so in Kürze möglich von der Kita bis zur 13. Klasse in unterschiedlichen Fächern das Thema Nationalpark entsprechend der Curriculae aufzugreifen. Von Lesetexten mit Lernüberprüfung im Deutsch-Unterricht in der 3. Klasse bis hin zu Unterrichtsmaterial für einen Biologie-Leistungskurs wird dieses Angebot derzeit sukzessive ausgebaut und steht digital unter www.nlphh.de/bildung (zuletzt aufgerufen am 13.10.2022) zur Verfügung . Ziel ist es auch hiermit zunächst einmal in den Schulalltag zu kommen und damit Interesse für den Nationalpark und ein entsprechendes Kita- oder Schulklassenangebot zu wecken.

Am Nationalpark-Tor Erbeskopf oder im Wasser-Wissens-Werk nahe der Steinbachtalsperre können Ausstellungen besucht werden. Das Blaue Klassenzimmer des Wasser-Wissens-Werks als außerschulischer Lernort bietet gezielt Angebote für Schulklassen an. Auch werden vom Naturpark Saar-Hunsrück Programme unter dem Motto „Tatort Natur-Junge Forscher unterwegs" angeboten. In den Forstämtern werden die waldpädagogischen Angebote unter dem Dach der „Rucksackschule" durchgeführt. Mit dem Bildungsnetzwerk Hunsrück-Hochwald des Regionalentwicklungsvereins wird eine Vernetzung der schulischen Einrichtungen und Kindertagesstätten mit außerschulischen Lernorten in der Nationalparkregion weiter vorangetrieben.

Zu Frage 6:
Die durch den touristischen Verkehr generierten Mehreinnahmen im Gastgewerbe und Einzelhandel wurden bis dato noch nicht explizit erhoben. Im Rahmen eines Forschungsfreisemesters untersuchte die htw Saar jedoch Teile der regionalökonomischen Effekte des Nationalparks. Im Kern stand die These, dass über die durch LEADER geförderten Maßnahmen im Tourismusgewerbe signifikante Wertschöpfungseffekte generiert werden konnten, die bei den üblichen Untersuchungsmethoden für Großschutzgebiete nicht erfasst werden können. Diese These konnte bestätigt werden.

Auch wenn nicht jede (private) Maßnahme über LEADER gefördert wird, so zeigt sich, dass 69 der insgesamt 107 Projekte in der LAG Erbeskopf einen Bezug zum Nationalpark hatten. Das entspricht 64% der Projekte. Die Wertschöpfung von rund 24 Millionen Euro im Zusammenhang mit LEADER-Projekten wurde allein in der LAG Erbeskopf mit Zuschüssen in Höhe von knapp 12 Millionen Euro unterstützt. Die Zusammenarbeit von LAG Geschäftsstelle mit dem Nationalparkamt und den (potentiellen) Antragstellenden ist hierbei sehr intensiv.

Darüber hinaus werden auch durch die Entwicklung der Nationalpark-Tore Wertschöpfungseffekte beobachtet. Gerade durch die Nationalpark-Tore und die Partner-Betriebe sind diese Effekte auch für Gäste erkennbar, z.B. durch Nationalpark-Cafes, -Zimmer, ein Rangerhaus und anderes mehr. Diese Investitionen in den Betrieben werden oftmals mit Kernbotschaften des Nationalparks verbunden und ergeben auch einen kommunikativen Mehrwert.

Zu Frage 7:
Bei der ökologischen Weiterentwicklung bestimmt auch in den kommenden Jahren die Natur den Weg. Weitere Flächen werden in den Wildnisbereich überführt, so dass die Zielsetzung 75 % des Gebietes als Wildnisbereich auszuweisen, früher als erwartet erreicht werden kann, nach aktuellem Stand 2030. Zeitgleich greift die Umsetzung des Wegeplans, der eine Reduktion der Waldwege im Gebiet um ca. ein Drittel, etwa 100 km, vorsieht.

Der Nationalpark wird seine Angebote für den Natur-Tourismus fortentwickeln. Hierzu gehören Ranger- und Erlebnistouren, Umweltbildungsangebote, Partnerinitiative und Nationalpark-App. Die Nationalpark-App wurde beispielsweise mit Blick auf Barrierefreiheit geprüft und wird fortlaufend weiterentwickelt, auch um die Bildungsarbeit im digitalen Format verbessern zu können. Die neue ÖPNV-Anbindung bringt mit Blick auf den nachhaltigen Tourismus und die Bildung ganz neue Spielräume, die nun im Fokus der weiteren Entwicklung stehen.

Die Standorte der Nationalpark-Tore werden Zug um Zug weiterentwickelt. Nach der Insolvenz der beauftragen Agentur soll die Außenausstellung am Nationalpark-Tor Erbeskopf zur Wandersaison 2023 eröffnet werden. Am Nationalpark-Tor Keltenpark in Otzenhausen soll das neue Gebäude mit der Ausstellung im kommenden Jahr eröffnet werden.

Im Fokus der touristischen Weiterentwicklung steht die kontinuierliche Professionalisierung und Intensivierung der Sichtbarkeit der Angebote sowie die Verbesserung einer den jeweiligen Bedürfnissen angepassten Besucherlenkung.

Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald ist eine einmalige Chance für die nachhaltige Entwicklung der Länder Rheinland-Pfalz und Saarland. Im Rahmen der Tourismusstrategie Rheinland-Pfalz 2025 ist Nachhaltigkeit als eines der fünf Ziele verankert. Das MWVWL hat dazu die Erarbeitung eines gutachterlichen Konzeptes und die Erstellung von Leitlinien für die nachhaltige Tourismusentwicklung in Rheinland-Pfalz beauftragt. Das Gutachten und die Leitlinien sollen bis Ende 2022 vorliegen. Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald hat mit Blick auf eine nachhaltige regionale Tourismusentwicklung bereits die Nationalpark-Partner-Initiative initiiert. Unternehmen aus den Bereichen Hotellerie, Gastronomie oder auch anderen Dienstleistungs-Sektoren zeigen ihre Verbundenheit mit dem Schutzgebiet, in dem sie sich nachweislich für Qualität, Regionalität, aber auch insbesondere mehr Nachhaltigkeit einsetzen. Die Betriebe sind  alle entsprechend zertifiziert und arbeiten in einem Partner-Netzwerk mit dem Nationalpark zusammen. Der Nationalpark ist mit diesem Engagement ein Impulsgeber und Motivator für die nachhaltige Tourismusentwicklung in der Nationalpark-Region und darüber hinaus.


Daniela Schmitt
Staatsministerin

 

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