Plenarrede vom 23.03.2012

Thema: Haushaltsdebatte

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen und liebe Gäste auf der Tribüne!
Wenn wir über die Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastruktur sprechen, denke ich: Es ist wichtig, dass wir zu einer neuen Mobilitätskultur kommen. Dazu gehört vor allem auch eine auskömmliche Finanzierung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wir müssen Prioritäten setzen, und das heißt, wir müssen weg von einer Wünsch-Dir-was-Liste kommen und weg von einer Wünsch-Dir-was-Politik hin zu einem Verkehrshaushalt, der nicht, wie so oft, unterfinanziert, aber überdimensioniert ist. Eine moderne, nachhaltige Mobilitätspolitik muss sich an folgenden Kriterien orientieren:

  1. Klimaschädliche Emissionen müssen auch im Verkehrssektor reduziert werden,
  2. Die Verkehrspolitik muss auch im Hinblick auf künftige Generationen einen Beitrag zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte leisten,
  3. Eine leistungsfähige, verkehrssichere und intakte Infrastruktur muss die Natur- und Umweltschutzbelange sowie die Bedürfnisse der Menschen nach Mobilität gleichermaßen im Blick haben.


Das Bedürfnis nach Mobilität ist,besonders in einem Flächenland wie Rheinland-Pfalz, naturgemäß hoch. Die Menschen brauchen überall sichere, bezahlbare und attraktive Mobilitätsmöglichkeiten, um diesem Bedürfnis nachzukommen. Sie müssen Arbeitsplätze, Schulen und Ausbildungsorte sowie Freizeit- und Kulturangebote gut erreichen können. Dabei spielt der motorisierte Individualverkehr nach wie vor eine große Rolle. Allerdings steigt erfreulicherweise die Zahl der Menschen, die das Auto stehen lassen und zum ÖPNV wechseln, falls dieser ein attraktives Angebot macht.

Angesichts steigender Benzinpreise, des demografischen Wandels und des mangelnden Parkraums besonders in den Städten ist es gerade für junge städtische Personen gar nicht mehr so cool, so schnell wie möglich den Führerschein und dann ein Auto zu erwerben.

Dazu gibt es eine interessante Studie aus dem Jahr 2010, die Timescout-Studie. Darin haben von 1.200 befragten jungen Menschen 40 % angegeben, dass das Auto gar nicht mehr so angesagt sei. Neue Mobilitätsangebote, zum Beispiel auch das Carsharing, stellen zukunftsweisende Alternativen zum Pkw-Besitz dar. Eine Zahl dazu möchte ich nennen: Jedes Carsharing-Fahrzeug ersetzt vier bis acht private Pkw und leistet somit einen aktiven Beitrag zur Rückgewinnung von öffentlichen Flächen in städtischen Lagen. Ich finde, das ist eine Zahl, die man sich merken kann.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber auch auf dem Land muss eine Alternative zum motorisierten Individualverkehr vorhanden sein. ÖPNV und SPNV – die Kollegin hat es eben erwähnt – registrieren dort, wo es ein gutes, vernetztes Angebot gibt, Zuwachsraten, auch in ländlichen Gebieten. Insbesondere ist es uns wichtig, dass die barrierefreie Gestaltung von Verkehrsanlagen und Bahnhöfen es auch denjenigen möglich macht, an diesem Angebot teilzuhaben, die aufgrund einer Behinderung oder weil sie einen Kinderwagen vor sich herschieben, mobilitätseingeschränkt sind. Dazu gehören natürlich auch die älteren Verkehrsteilnehmer.

Im Haushaltsplanentwurf 2012/2013 wird weiteres Geld für Maßnahmen zur Umsetzung der barrierefreien Zugänge zu Bahnsteigen und Bahnhöfen eingestellt. Das ist eine sinnvolle Maßnahme
– ich habe dies letztlich im Rahmen einer Kleinen Anfrage noch einmal abgefragt –, um den ÖPNV sozusagen inklusiv anzubieten.

Um dem Anspruch, den sich die Landesregierung gestellt hat, zu genügen, nämlich die Lebensbedingungen in Stadt und Land qualitativ vergleichbar auszugestalten,ist in ländlichen Räumen eine verkehrssichere und unter Berücksichtigung von Umwelt- und Naturschutzbelangen bedarfsgerecht ausgebaute Infrastruktur wichtig. Hierbei müssen verstärkt moderne Verkehrsleitsysteme und eine verkehrsträgerübergreifende Vernetzung zur Entlastung der Verkehrsinfrastruktur aufgebaut werden.

Wir haben in diesem Haus bereits über Beispiele gesprochen. Nur so lässt sich das Ziel, die Mobilität in Rheinland-Pfalz zukunfts- und umweltgerecht zu gestalten, erreichen. Dazu gehören im ländlichen Raum auch der Ausbau alternativer Bedienungsformen, etwa der Bürgerbus, oder auch gut ausgestattete Mitfahrerinnen- und Mitfahrerplätze an Verkehrsknotenpunkten.

In der Stadt und auf dem Land gilt aber auch, dass Fuß- und Radwege in Ordnung gehalten werden müssen. Der vorliegende Haushaltsplanentwurf folgt im Einzelplan 03 – Verkehr – den Leitlinien, die sich die rot-grüne Landesregierung im Koalitionsvertrag gesetzt hat: Der Erhalt des Landesstraßennetzes und im Bau befindliche Maßnahmen, die einem verkehrssicheren und bedarfsgerechten Um- und Ausbau dienen, stehen im Mittelpunkt dieses Doppelhaushalts.

Ich füge hinzu: Dass sie verkehrssicher und bedarfsgerecht sein sollen, heißt selbstverständlich nicht, die Voraussetzungen für Raserei zu schaffen. Aber an der einen oder anderen Stelle
ist es sicherlich sinnvoll, eine dritte Spur – beispielsweise auf Steigungen – oder eine Ortsumgehung zu bauen.

Im Hinblick auf die Haushaltskonsolidierung heißt das, dass begonnene Landesstraßenbauprojekte beendet werden, es für neue Maßnahmen aber keinen Platz gibt. Zur Haushaltskonsolidierung gehört auch, dass der Landesbetrieb Mobilität seinen Beitrag dazu leistet. Bis zum Jahr 2016, also bis zum Ende dieser Legislaturperiode – das ist auch nachzulesen –, wird er 30 Millionen
Euro dazu beitragen.

Ich gehe noch kurz auf den vorliegenden gemeinsamen Entschließungsantrag der GRÜNEN und der SPD ein. Auch er spiegelt den Aufschlag zu einer nachhaltigen Verkehrspolitik wider. Die angestrebte Umsetzung des bundesweit als vorbildlich betrachteten Rheinland-Pfalz-Taktes auf dem bestehenden Liniennetz ist zu forcieren. Hierfür sind auch dauerhaft ausreichend Mittel zur Verfügung zu stellen. Uns ist es auch wichtig, dass die Trassensicherung vor einer Entwidmung geht.

Die Landesregierung – dazu fordern wir sie nachdrücklich auf – muss sich weiterhin für die Rücknahme der Kürzung der Regionalisierungsmittel und die Sicherstellung der Dynamisierung über das Jahr 2013 hinaus einsetzen.

Die CDU hat übrigens – die Kollegin erwähnte es – keinen einzigen Antrag zum Verkehrsbereich des Einzelplans 03 gestellt. Das verwundert und gibt Anlass zum Nachdenken oder auch vielleicht zur Hoffnung. Wenn sich in der rheinland-pfälzischen CDU-Fraktion tatsächlich die Einsicht durchgesetzt haben sollte, dass die Instandsetzung vor einem Neubau und die gesicherte Finanzierung vor der Bemerkung „Wir haben zwar kein Geld, aber möglichst jeder soll seinen Beton haben“ gehen, so empfehle ich, diese Botschaft nach Berlin zu Herrn Ramsauer in das Bundesverkehrsministerium zu tragen. Ich glaube, das wäre ein guter Beitrag Ihrerseits zur Konsolidierung auch dieses Haushalts. Danke schön.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und der SPD)

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